Immer mehr Manager denken über ein E-Auto als Dienstwagen nach. - unsplash
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Sieben echte Nachteile von Elektroautos als Dienstwagen – und wie Sie damit klarkommen

Die Stromer werden als Firmenwagen beliebter. Trotzdem gilt es für E-Dienstwagenfahrer, einiges zu beachten – vor allem im Alltag.

Köln. Das neue Flaggschiff von Mercedes-Benz, der Nachfolger der S-Klasse, heißt „EQS“ und ist ausschließlich als E-Auto erhältlich: mit futuristischem, manche würden sagen eigenwilligem Look. Spätestens jetzt dürften sich viele C-Level-Manager fragen: Wird auch mein nächster Dienstwagen mit Strom fahren?

Höchste Zeit, sich ernsthaft mit den realen Nachteilen zu befassen, die Elektroautos auch in der Oberklasse immer noch mit sich bringen. Wie Dienstwagenfahrer sie ausgleichen können – und mit welchen Minuspunkten sie einfach lernen müssen zu leben.

E-Autos …

… sind in der Anschaffung teurer als Verbrenner

Der neue, elektrische EQS ist in der Basisausstattung fast 14 Prozent teurer als die bisherige S-Klasse, der BMW i4 fast 15 Prozent teurer als der 5er, eins der beliebtesten Flottenfahrzeuge in Deutschland.

Allerdings schießen Staat und Hersteller auch für Dienstwagen die E-Auto-Prämie zu. Bei einem Nettolistenpreis des Basismodells unter 40.000 Euro liegt sie bei 9000 Euro, bei Fahrzeugen bis 65.000 Euro immerhin noch bei 7500 Euro pro Fahrzeug.

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Die Stromer sind bis 2030 von der Kfz-Steuer befreit, und die private Nutzung des E-Dienstwagens ist nicht mit einem Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat zu versteuern wie beim Verbrenner, sondern je nach Preisklasse nur mit 0,5 oder gar mickrigen 0,25 Prozent. Für einen EQS in der Basisversion würden lediglich 532 Euro statt 1064 Euro fällig.

… gibt es nicht als klassische Limousine

Der Mercedes EQS ähnelt mit seinem Stummelheck eher einem viertürigen Coupé als einer Limousine. Auch andere E-Autos derf Mittel- und Oberklasse sind entweder SUV-artig (Audi e-Tron Sportback) oder als Coupés oder sogenannte Gran Tourismos gestaltet (Audi e-tron GT, Porsche Taycan).

Sieht so der neue Dienstwagen im deutschen Topmanagement aus? - Reuters
Sieht so der neue Dienstwagen im deutschen Topmanagement aus? - Reuters

Automobildesigner scheinen sich vom sogenannten Drei-Box-Aufbau mit Motorhaube, Fahrgastzelle, Kofferraum zu verabschieden. „Die Elektrifizierung wird das Drei-Box-Design der Limousinen killen, aus verschiedenen Gründen“, hat Gorden Wagener, Chefdesigner von Mercedes, kürzlich in einem Interview erklärt. Die Rundungen dienen dem minimalen Windwiderstand, der wiederum den Verbrauch optimiert. Und man braucht sie, um die gewaltigen Batterie-Packs im Fahrzeugboden unterbringen zu können. An die neue Linie wird man sich also gewöhnen müssen.

… haben immer noch zu niedrige Reichweiten

Es ist das Totschlagargument der Diesel- und Benzin-Aficionados: Viele Elektroautos müssen statt nach 800 oder 900 Kilometern schon nach nicht mal der Hälfte an die Steckdose. Es wird immerhin besser. Eine Auswertung des Fachportals Efahrer.com zeigt: Immer mehr Stromer schaffen mit einer Tankfüllung mehr als 500 Kilometer.

Der EQS erreicht in gehobener Ausstattung laut Mercedes sogar stolze 770 Kilometer. Das ist bei deutschen Herstellern die Ausnahme. Reichweiten-Champion ist bisher der US-Anbieter Tesla: mit Model S (663 Kilometer Reichweite), Model 3 Long Range Battery und Model X (je 580 Kilometer). VW ID.4 (520 Kilometer) und Audi e-tron GT (488 Kilometer) kommen da nicht ran. Dienstwagenfahrer, die oft lange Strecken machen, sollten bei der Auswahl also genau hinschauen.

… lassen sich nicht überall laden

Laut Bundesnetzagentur gibt es bisher etwas über 40.000 öffentliche Ladesäulen in Deutschland, die meisten in Ballungsräumen. Elektroauto-Fahrer brauchen also spezielle Navigationssysteme oder Apps, um lange Touren zu planen.

Wer in der City einen Stellplatz hat oder ein Eigenheim auf dem Land bewohnt, sollte sich eine sogenannte Wallbox zulegen: eine eigene, kleine Ladestation, an der man den Wagen über Nacht auftanken lässt. Für den Dienstwagen können sich Arbeitnehmer die Stromkosten entweder pauschal erstatten lassen, oder sie entscheiden sich für eine Wallbox mit separatem Stromzähler. Dann lässt sich die Elektroauto-Ladung komplett über den Dienstherrn abrechnen.

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… brauchen eine halbe Stunde, bis man weiterfahren kann

Normalerweise dauert es mehrere Stunden, ein E-Auto zu laden. Elektroauto-Pionier Tesla bietet seit Jahren „Supercharger“ mit mehr als 100 Kilowatt Ladeleistung an. Inzwischen verkraften auch die Modelle anderer Hersteller Ladeleistungen von 150 bis hin zu 350 kW – dank gekühlter Ladekabel. High Power Charger (HPC) heißt die Technik.

Es gibt sie laut ADAC zum Beispiel in Audi e-tron, Porsche Taycan, VW ID.3 und ID.4, Ford Mach-E und Polestar 2. Allerdings dauert es selbst mit der Spitzentechnik noch 10 bis 20 Minuten, bis die Batterie die nächsten 200 Kilometer schafft – bei vielen Autos sogar 30 Minuten. Auch hier hilft also nur gute Planung, zum Beispiel, indem man vor langen Fahrten volltankt oder in Ladepausen E-Mails beantwortet.

… können kein Boot ziehen

Mit einem Augenzwinkern gemeint, verbirgt sich dahinter ein handfestes Nicht-Luxusproblem, denn: Für viele E-Autos gibt es entweder gar keine Anhängerkupplung, oder die erlaubte Anhängelast ist ziemlich niedrig. Heißt: Mal eben einen Hänger im Möbelhaus mieten oder dem Junior beim Umzug mit seinen sieben Sachen helfen geht mit einigen Stromern nicht ohne Weiteres.

Der S-Klasse-Nachfolger Mercedes EQS oder der hochgezüchtete Ford Mustang Mach-E sind laut ADAC für 750 Kilo gebremste Anhängelast zugelassen. Deutlich mehr ziehen können die Modelle der BMW iX-Reihe (bis zu 2500 kg gebremste Anhängelast), der Tesla Model X Maximum Range/Plaid (2268 kg), der Audi e-tron / Sportback oder Mercedes EQC (je 1800 kg). Damit ließe sich dann sogar das eigene Bötchen transportieren – auch wenn man bedenken muss, dass die Reichweite unter so einem Schwergewicht erheblich leidet.

... haben im Winter ihre Schwierigkeiten

Niedrige Temperaturen sind nichts für Elektroautos: Dann steigt der Innenwiderstand der Batterie, und sie geben weniger Energie frei. Gleichzeitig verbrauchen Elektroautos im Winter mehr, denn Innenraum, Scheiben, Sitze und Lenkrad sowie der Akku selbst müssen beheizt werden. In der Folge sinkt die Reichweite laut ADAC um etwa 10 bis 30 Prozent, im Extremfall sogar mehr, vor allem wenn man mehrmals am Tag ein ausgekühltes Auto für Kurzstrecken neu aufheizen muss. E-Dienstwagenfahrer sollten eine Garage haben und in der kalten Jahreszeit mit noch mehr Reichweitenpuffer planen.

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