Siemens, BMW & SAP verraten: Mit diesem Verhalten disqualifizieren Bewerber sich sofort
Trotz Fachkräftemangel sind Jobinterviews keine Selbstläufer. Personaler und Vertreter bekannter Arbeitgeber verraten, wann sie einen Bewerbungsprozess abbrechen.
Düsseldorf. Wer derzeit einen neuen Arbeitsplatz sucht, ist in einer komfortablen Lage: Über alle Branchen hinweg mangelt es an qualifizierten Fachkräften, für Arbeitgeber wird das zunehmend zum Problem. Im vergangenen Jahr waren laut dem Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) rund zwei Millionen Stellen unbesetzt.
Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Bewerbungsgespräch ein Selbstläufer ist. Schnell passieren Fehler, die sich eigentlich vermeiden ließen – und am Ende den Traumjob kosten. Am schwersten wiegen dabei nicht die Klassiker unter den Fehlern aufgeregter Bewerber wie das ungebügelte Hemd oder dass einem vor Nervosität die eine oder andere Antwort nicht einfällt.
Doch was sind dann die No-Gos, die dazu führen, dass Arbeitgeber den Bewerbungsprozess abbrechen? Das hat das Handelsblatt Personaler und Vertreter bekannter Arbeitgeber wie zum Beispiel Bosch, SAP und der Boston Consulting Group gefragt. Mit diesen fünf Verhaltensweisen disqualifizieren sich Bewerber sofort.
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K.-o.-Kriterium 1 im Vorstellungsgespräch: Schlechte Vorbereitung
Bei einem Vorstellungsgespräch geht es in erster Linie darum, sich kennenzulernen und herauszufinden, ob Unternehmen und Bewerber zueinander passen. Personaler wollen möglichst viel über die Qualifikationen, Persönlichkeit und Motivation eines Job-Kandidaten erfahren. „Eine gute Vorbereitung und ein authentisches Auftreten sind dabei das A und O“, sagt Corinna Thumm, Leiterin Global Talent Acquisition bei Bosch.
Zeigt ein Bewerber, dass er sich nicht über die ausgeschriebene Stelle und ihre Anforderungen informiert hat, kommt das nicht gut an. Dagmar Zippel, Chefrecruiterin bei der Unternehmensberatung KPMG, will „erfahren, warum sich jemand auf die entsprechende Stelle“ bewirbt – und damit auch beim Unternehmen. „Wer hierauf keine überzeugende Antwort liefert, dessen Motivation müssen wir leider hinterfragen.“ Ist nicht erkennbar, warum ein Kandidat eine Stelle interessant und spannend findet, sagt KPMG lieber ab.
K.-o.-Kriterium 2: Der Bewerber hat überzogene Karrierevorstellungen
Auch Selbstüberschätzung stößt Personalern sauer auf. „Es ist erstaunlich, welche Blitzkarrieren manche Kandidatinnen und Kandidaten trotz fehlender Erfahrung erwarten“, sagt Kirsten Bildhauer, Personalverantwortliche für Europa, Lateinamerika und Asien beim Softwareunternehmen Celonis. Zum Beispiel ohne Berufserfahrung nach zwei bis drei Jahren zum Manager aufzusteigen oder jedes Jahr befördert zu werden.
„Entwicklung ist viel mehr als nur die nächste Stufe“, sagt Bildhauer. Dabei gehe es auch um die Persönlichkeit, die wachsende Erfahrung mit herausfordernden Situationen und darum, zu lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Dafür brauche es Zeit und das Interesse der Mitarbeiter.
Eine zu hohe Gehaltsvorstellung führt hingegen nicht zwangsläufig zum Aus im Bewerbungsprozess. „Der Wunsch nach einem hohen Gehalt ist für uns per se kein Ausschlusskriterium“, sagt Dagmar Zippel von KPMG. Im ersten Gespräch gehe es vor allem um das Profil des Kandidaten. „Insofern ist das Gehalt ein Faktor von mehreren.“
Dass Bewerber deutlich zu viel Gehalt verlangen, ist laut den Personalern eher eine Seltenheit. „Es kommt nicht oft vor, dass Gehaltsvorstellungen von Bewerbenden überhaupt nicht passen“, sagt Corinna Thumm von Bosch. Um mehr Transparenz zu schaffen, sollen bei dem Konzern künftig Gehaltsangaben in den Stellenanzeigen stehen.
Bei Bosch richtet sich das Gehalt nach den bestehenden Tarifverträgen mit der IG Metall. Hinzu kommen eine individuelle leistungsabhängige Vergütung, eine Beteiligung am Unternehmenserfolg und eine betriebliche Altersvorsorge. KPMG bietet neben einem Grundgehalt, einem fixen und einem flexiblen Bonus sowie einer Überstundenvergütung noch weitere Benefits wie einen Essenszuschuss oder ebenfalls eine betriebliche Altersvorsorge.
Auch beim bayerischen Automobilhersteller BMW sind die Gehaltsbänder durch den Tarifvertrag transparent. Eine Erinnerung, die dort immer noch für Schmunzeln sorgt, ist die Frage eines Bewerbers um einen Ausbildungsplatz, wann er denn seinen Dienstwagen bekomme. Generell gehe man aber offen mit den Bedingungen, den Benefits und der Kultur während des Bewerbungsprozesses um, sodass es in der Regel nicht zu utopischen Vorstellungen bei Jobkandidaten komme.
K.-o.-Kriterium 3: Unprofessionelles Verhalten des Bewerbers
Bei Oliver Mey, HR-Direktor beim Kosmetikkonzern L'Oréal, scheiden Bewerber aus, die sich unprofessionell verhalten und beispielsweise respektlos auftreten. Auch bei BMW wird das nicht geduldet. „Compliance-gerechtes Denken und Handeln ist bei uns der Maßstab für alle Unternehmensaktivitäten“, sagt ein BMW-Sprecher. Wer sich nicht daran halte, werde aus dem Bewerbungsprozess ausgeschlossen. Beim Softwarekonzern SAP führt diskriminierendes Verhalten ebenfalls zum sofortigen Ende eines Bewerbungsverfahrens.
K.-o.-Kriterium 4: Lügen oder unauthentisches Verhalten im Vorstellungsgespräch
„Uns ist eine hohe Integrität wichtig“, sagt Konstanze Somborn, Sprecherin für Personalthemen bei Siemens. Stellt ein Personaler fest, dass jemand im Vorstellungsgespräch nicht aufrichtig ist, kommt der Bewerber für eine Stelle bei Siemens nicht mehr infrage – unabhängig davon, ob es sonst gepasst hätte.
Auch Cawa Younosi, Personalchef von SAP, will „Menschen einstellen, die zu einem passen“. Umgekehrt suchten Bewerber nach Vorgesetzten, für die sie arbeiten wollten. „Tricks und Schauspielkünste sind nicht hilfreich, wenn man langfristig eine stabile Beziehung haben möchte“, sagt der Personalchef. Unwahre Behauptungen werfen Kandidaten bei SAP deshalb aus dem Rennen.
K.-o.-Kriterium 5 im Vorstellungsgespräch: Wenn Bewerber aufgeben
Bei der Boston Consulting Group wird jedes Gespräch durchgezogen: „Wir wollen immer herausfinden, ob der Kandidat, die Kandidatin zu uns passt und brechen Interviews deshalb auch nie ab“, sagt Carolin Eistert, Recruitingchefin für Deutschland und Osteuropa bei BCG. Allerdings habe sie auch schon erlebt, dass Bewerber von sich aus gegangen sind. Einmal etwa, weil einer Person eine Aufgabe zu schwer war. „Sie wollte trotz der angebotenen Hilfe nicht weitermachen“, sagt Eistert. „Dann wird es schwierig, weil zu unserem Job Drive und Durchhaltevermögen bei kniffligen Fragestellungen dazugehören.“
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