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Siemens Gamesa Die Windkrafttochter fährt weiterhin Verluste ein. - Reuters
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Siemens Energy schreibt wegen der Krise bei Siemens Gamesa rote Zahlen

Die Verluste bei Siemens Energy wachsen im dritten Quartal deutlich. Schuld daran ist vor allem die Windkrafttochter Siemens Gamesa. Eine schnelle Wende ist nicht in Sicht.

München Der zuletzt wegen einer Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 ins Rampenlicht geratene Energietechnikkonzern Siemens Energy kämpft mit Verlusten. Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2022 sei ein Fehlbetrag nach Steuern von 533 Millionen Euro entstanden, teilte das Unternehmen am Montag mit.

Neben Belastungen aus der Restrukturierung seiner Russland-Geschäfte ist vor allem die kriselnde Windenergietochter Siemens Gamesa für das Minus verantwortlich. Schon im Vorjahr hatte Siemens Energy deswegen 307 Millionen Euro Verlust gemacht.

„Die schlechte Leistung von Siemens Gamesa wirkt sich negativ auf unser Gesamtergebnis aus. Wir erwarten vom Siemens-Gamesa-Management nun die konsequente Umsetzung des Sanierungsplans“, sagte Siemens-Energy-CEO Christian Bruch zu der Veröffentlichung der Zahlen am Montag.

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Im Gesamtjahr erwartet der Konzern einen Verlust nach Steuern, der das Vorjahresniveau von minus 560 Millionen Euro deutlich übersteigt. Hier schlagen vor allem die Sondereffekte im Zusammenhang mit den Problemen in Russland zu Buche. Ohne die 200 Millionen Euro Sondereffekte hätte der Verlust ungefähr auf Vorjahresniveau gelegen.

Analysten hatten im Schnitt für den Siemens-Energy-Konzern mit 7,2 Milliarden Euro Umsatz, einem operativen Verlust von rund 200 Millionen Euro und einem Nettoverlust von 330 Millionen Euro gerechnet.

Die Tochter Siemens Gamesa hatte in der vergangenen Woche bereits einmal mehr schlechte Zahlen vorgelegt. Der Umsatz sank von 2,7 auf 2,4 Milliarden Euro. Der Nettoverlust weitete sich von 314 Millionen Euro auf 446 Millionen Euro aus. Als Konsequenz senkte Siemens Gamesa die Prognose für das Gesamtjahr.

Damit hat auch der neue Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt, den der Mutterkonzern als Krisenmanager nach Spanien geschickt hatte, wie erwartet keine schnelle Wende bringen können. Für einen noch besseren Durchgriff will Siemens Energy die Tochter bald komplett übernehmen.

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Gute Schlagzeilen sind bei Siemens Energy in den vergangenen Monaten rar. - Reuters
Siemens Energy Gute Schlagzeilen sind bei Siemens Energy in den vergangenen Monaten rar. - Reuters

Dabei galt das Geschäft mit erneuerbaren Energien eigentlich als Zukunftsträger für die Siemens-Tochter. Die Nachfrage nach Windrädern steigt weltweit, und Siemens Gamesa ist unter den Top drei der Hersteller außerhalb Chinas, für die Windkraft an See gilt das deutsch-spanische Gespann sogar als Marktführer.

Auf dem Windmarkt herrscht aber seit Jahren ein ruinöser Preiskampf. Vor allem die Umstellung von festen staatlichen Vergütungen auf freie Ausschreibungssysteme, in denen nur noch der Günstigste den Zuschlag bekommt, hat die Turbinenhersteller in einen verheerenden Wettbewerb getrieben.

So sind die Auftragsbücher zwar bei Siemens Gamesa, Vestas, Nordex und Co. prall gefüllt, aber die Kosten übersteigen die Gewinne bei Weitem, und die Margen drehen in den roten Bereich. Die Turbinenhersteller können kein Kapital aus dem globalen Wind-Boom schlagen. Bei Siemens Gamesa kommen außerdem noch interne Probleme erschwerend hinzu.

Vertrauen in den Siemens-Energy-Chef Bruch

Im Aufsichtsrat von Siemens Energy hofft man, dass die Weichen zumindest richtig gestellt sind. „Ich bin zuversichtlich, dass man das in den nächsten ein bis zwei Jahren in den Griff bekommt“, sagte Kontrolleur Jürgen Kerner von der IG Metall. Es sei ein Geburtsfehler gewesen, dass Siemens die fusionierte Firma nicht von Anfang an komplett besessen habe. „Man dachte, es reicht, wenn man die Mehrheit hat.“

Siemens-Energy-Chef Bruch genießt trotz der Verluste weiter das Vertrauen des Aufsichtsrats. „Er setzt die richtigen Schwerpunkte“, sagte Kerner. Auch Aufsichtsratschef Joe Kaeser steht laut Industriekreisen weiter hinter Bruch.

Die Probleme bei Siemens Gamesa verdecken den Blick auf die Tatsache, dass sich die Kraftwerkssparte von Siemens Energy angesichts des widrigen Umfelds weiter wacker schlägt. „Gas and Power“ konnte seinen Auftragseingang im dritten Quartal immerhin um 37 Prozent steigern. „Trotz beispielloser makroökonomischer Herausforderungen sehen wir ein deutlich höheres Auftragsvolumen und eine wachsende Nachfrage nach unseren Energiewende-Technologien“, sagte Bruch am Montag.

Blieb im Vorjahr allerdings auch unter dem Strich noch etwas davon übrig, rutscht das Geschäftsfeld mit den Gasturbinen im dritten Quartal deutlich ins Minus. Das lag vor allem an der Abwicklung des Russlandgeschäfts und den Auswirkungen der angespannten Lieferkettensituation, so wie gestiegenen Materialkosten.

Insgesamt gibt sich Bruch mit Blick auf die kommenden Jahre jedoch optimistisch. Der Auftragseingang sei „fantastisch“. Der Markt für Energiewendetechnologien wachse weiter stark. Siemens hatte die margenschwache Energietechnik als Siemens Energy abgespalten und an die Börse gebracht. Die Münchener halten noch insgesamt 35 Prozent der Anteile an dem neuen Konzern.

Daher schlagen die Probleme bei Siemens Energy auch auf den früheren Mutterkonzern durch. Im dritten Quartal schrieb Siemens 2,8 Milliarden Euro auf die Beteiligung ab – und könnte nach Einschätzung von Analysten von April bis Juni selbst in der Verlustzone gelandet sein. Der Dax-Konzern legt seine Zahlen am Donnerstag vor.

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