Gute Führung: Jedem im Team sollte klar sein, woran seine Leistung gemessen wird. - Foto: E+/Getty Images
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So belohnen Sie High Performer, ohne den Teamgeist zu gefährden

Mitarbeiter schaffen in Teams oft unterschiedlich viel. Für Führungskräfte kann das herausfordernd sein. Wie sie Leistungsträger belohnen ohne andere zu übergehen.

Berlin. In jedem Unternehmen gibt es Kollegen, die sich durch ihre herausragende Leistung auszeichnen und immer bereit sind, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen – die sogenannten High Performer. Andere erledigen ihre Arbeit zuverlässig und gut, erreichen aber nicht ganz die Spitzenleistungen mancher Kollegen. Und dann gibt es noch diejenigen, die nur das Mindeste oder sogar noch weniger leisten, oft als Low Performer oder Quiet Quitter bezeichnet.

Das stellt Führungskräfte oft vor große Herausforderungen. Wenn ständig nur die Leistungsträger gefeiert werden, besteht die Gefahr, dass sich andere im Team übergangen fühlen, was zu Spannungen und Demotivation führen kann. Gute Performance sollte jedoch auch nicht ignoriert werden. Vorsicht ist außerdem bei Mitarbeitern geboten, die innerlich gekündigt haben und nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Greift die Führungskraft hier nicht ein, kann sich das schnell auf das ganze Team auswirken.

Ein gutes Leistungsmanagement ist daher für ein funktionierendes Team unerlässlich. Wie das gelingt, erklären ein Personalberater und zwei Coachinnen in fünf Schritten.

1. High Performance definieren: Was ist überhaupt Spitzenleistung?

Beim Begriff High Performer denkt man zunächst an spektakuläre Ergebnisse. An Mitarbeiter, die Großkunden gewinnen oder neue Produkte entwickeln. Doch nicht immer ist eine gute Leistung so offensichtlich. „Jeder Mensch hat andere Kompetenzen, die gewürdigt werden müssen“, sagt Christiane Barho, die als Executive Coach seit vielen Jahren Führungskräfte etwa von Audi sowie im Mittelstand unterstützt. Manche Mitarbeiter glänzten durch fachliche Expertise, andere durch Teamgeist oder lösungsorientiertes Denken.

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Chefinnen und Chefs müssten in der Lage sein, Leistung im Kontext zu bewerten. Wer nur Umsätze oder abgeschlossene Projekte im Blick hat, übersieht laut Barho schnell diejenigen, die durch Impulse, Wissenstransfer oder Hilfestellungen den Erfolg überhaupt erst möglich gemacht haben.

„Führungskräfte müssen nah am Team sein“, sagt Barho. Das heißt: Sie müssen wissen, wer welche Stärken hat, wie die Teamdynamik aussieht, ob alle gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten – oder ob Einzelne abfallen. Das gelinge sowohl mithilfe regelmäßiger Einzelgespräche als auch mit Teammeetings. „So kann die Führungskraft unterstützen, fordern und fördern“, sagt Barho. „Und in den Teammeetings kann Transparenz darüber geschaffen werden, wer an etwas arbeitet und wie der Status quo bei jedem Einzelnen ist.“

So würden Führungskräfte auch erkennen, wer wirklich gute Leistungen bringt und wer sich selbst nur auf die Brust klopft und Erfolge für sich reklamiert, die eigentlich gar nicht die eigenen sind.

2. Transparenz: Kommunizieren Sie klare Erwartungen

Die Personal- und Managementberatung Kienbaum hat kürzlich rund 400 Führungskräfte quer durch alle Branchen zum Thema Performance-Management befragt und dabei festgestellt, dass in erfolgreichen Unternehmen alle Beteiligten ein einheitliches Verständnis davon haben, wie Leistung definiert ist und woran sie gemessen wird.

„Um dieses Verständnis herzustellen, müssen Führungskräften Instrumente an die Hand gegeben werden, mit denen sie Leistung bewerten können“, sagt Hans Carl von Hülsen, Director bei Kienbaum. Diese fehlten aber häufig. So stellt laut der Untersuchung nur jedes dritte Unternehmen seinen Führungskräften Hilfsmittel für ein gutes Performance-Management zur Verfügung oder schult sie darin. „Dabei geht gute Führung nur mit Klarheit.“ Nur so könnten Chefs ihre Beschäftigten fair und vor allem gleich bewerten.

Auch Executive Coach Christiane Barho beobachtet immer wieder, dass Erwartungen nicht klar definiert und kommuniziert werden. Das Problem sei, dass die meisten Führungskräfte gar nicht wüssten, wie man klare Ziele setzt. Barho empfiehlt hier die SMART-Regel. Diese besagt, dass Ziele wie folgt definiert werden müssen.

  • Spezifisch: Das Ziel muss klar und einfach verständlich sein.

  • Messbar: Das Ziel kann quantitativ und oder qualitativ bewertet werden, etwa anhand von Kennzahlen oder Faktoren wie Zufriedenheit.

  • Attraktiv: Es muss ein konkreter Nutzen für die betroffenen Beschäftigten ersichtlich sein.

  • Realistisch: Das Ziel darf ambitioniert sein, es muss aber auch für die Mitarbeiter mit realistischem Aufwand erreichbar sein.

  • Terminiert: Das Ziel braucht einen Zeitpunkt, an dem gemessen wird, ob es erreicht wurde.

Wichtig sei zudem, dass sich die Ziele an den Stärken und Kompetenzen der einzelnen Mitarbeiter orientieren und dass es für jeden individuelle Ziele gibt – und ein gemeinsames Teamziel. „Das geht nur, wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter wirklich kennen und sich regelmäßig mit ihnen in Mitarbeitergesprächen austauschen“, sagt Barho.

3. Finden Sie heraus, was Ihre Mitarbeiter demotiviert und wieder anspornt

Leistet ein Mitarbeiter auf einmal nur noch das Nötigste oder ruht sich auf der Leistung der Kollegen aus, sollte die Führungskraft das auf keinen Fall ignorieren. Denn dieses Verhalten kann schnell auf die anderen Kollegen überspringen.

Sabine Walter führt seit vielen Jahren ein Beraternetzwerk und unterstützt Führungskräfte vor allem in mittelständischen Betrieben. Sie hat schon oft Teams erlebt, in denen demotivierte Mitarbeiter die Dynamik im Team stark beeinflusst haben.

Sabine Walter coacht seit 15 Jahren Führungskräfte. - Foto: Ruth Schmoldt
Sabine Walter coacht seit 15 Jahren Führungskräfte. - Foto: Ruth Schmoldt

Ihr Rat: „Als Erstes sollte die Führungskraft herausfinden, warum der Mitarbeiter keine gute Leistung mehr bringt.“ Das klingt banal, hier machen Chefs aber schon oft die ersten Fehler, indem sie den Leistungsabfall zu lange ignorieren. „In 15 Jahren als Coach habe ich nur wenige Mitarbeiter kennengelernt, die überhaupt nicht wollten.“ Stattdessen habe es fast immer einen Grund gegeben, warum jemand nicht mehr performt hat. Die Krux: Diesen müssen Führungskräfte erst mal herausfinden.

Fällt die Leistung von einem Mitarbeiter auf einmal ab, können zum Beispiel private Gründe dahinter stehen, etwa wenn es einen schweren Krankheitsfall in der Familie gibt. Es kann aber auch sein, sagt Walter, dass jemand frustriert ist von seinem Job, etwa weil seine Aufgaben zu langweilig geworden sind, er sich nicht wertgeschätzt fühlt oder es ungelöste Konflikte im Team gibt.

Ist die Ursache geklärt, sollte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter überlegen, was ihn wieder motivieren könnte. Das können neue Aufgaben sein oder schlicht eine bessere Unterstützung bei der eigenen Entwicklung.

Laut Walter ist hier entscheidend, wie konsequent die Führungskraft handelt: sowohl in den zugesagten Maßnahmen als auch in den Erwartungen an den Beitrag des Mitarbeiters. „Wenn jemand überhaupt nicht will und sich nichts bewegt, sollte man eine Trennung besprechen.“

4. Loben Sie Mitarbeiter – aber richtig

Lob sollte ebenfalls an die spezifischen Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst sein. Executive Coach Christiane Barho erlebt häufig, dass Führungskräfte ausschließlich die Überflieger öffentlich loben. „Dabei brauchen die das oft überhaupt nicht“, sagt sie. „Die rennen von alleine und wollen nur nicht, dass man sie aufhält.“ Im schlimmsten Fall löst ein solches Lob bei den Adressaten wenig und beim Rest des Teams Demotivation aus.

Executive Coach Christiane Barho: „Führungskräfte müssen nah am Team sein.“ - Foto: privat
Executive Coach Christiane Barho: „Führungskräfte müssen nah am Team sein.“ - Foto: privat

Barho nennt ein Beispiel: In einem Teammeeting hebt eine Führungskraft einen Mitarbeiter hervor. „Max hat wieder einmal einen Großkunden an Land gezogen.“ Die Absicht, sagt Barho, mag zwar gut, doch die Wirkung kann fatal sein. Denn der Fokus auf die Einzelleistung vermittelt falsche Signale, zum Beispiel, dass nur diejenigen zählen, die sich besonders hervortun.

Besser: „Großes Dankeschön heute an Max. Max hat mit seinem Kundenabschluss einen wichtigen Beitrag zu unserem Teamziel und unseren Erfolg geleistet.“ So wird nicht nur die Einzelleistung, sondern auch der Erfolg im Team honoriert.

5. Vorsicht bei monetären Anreizen wie Boni

Viele Unternehmen setzten auch auf Bonuszahlungen oder variable Anteile, um die Leistung ihrer Mitarbeiter zu steigern. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, damit sich manche Beschäftigte nicht benachteiligt fühlen. Die Kriterien, wofür ein Bonus ausgezahlt wird, sollten laut Christiane Barho unbedingt transparent sein. Denn: „Ist nicht klar, nach welchen Kriterien Boni vergeben werden, führt das schnell zu Frustration oder Neid.“

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Voraussetzung ist auch hier, dass klare Ziele gesetzt wurden. Das bedeutet: Die Mitarbeiter brauchen Transparenz darüber, was die Kriterien für einen Bonus sind. „In Vertriebsteams beispielsweise ist klar, dass der Umsatz relevant ist für die Höhe des Bonus“, sagt Barho. Qualitative Aspekte wie Unterstützung im Team könnten ebenfalls herangezogen werden.

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