Skip navigation
article cover

So entsteht ein Treibhausklima für exzellente Ideen

Jeder kann kreativ sein! Dazu müssen wir eingetretene Denkpfade verlassen, Grenzen verschieben, etwas riskieren, experimentieren und ergebnisoffen ausprobieren. Um die dazu nötigen Prozesse in die Wege zu leiten, brauchen wir spielerische Arbeitslandschaften, die Innovationen jederzeit möglich machen.

Kreativität ist der Treibstoff für einen steten Ideenfluss. Sie ist anarchisch, flatterhaft, regellos, wild. Sie kommt, wenn sie will, nicht, wenn sie muss. Sie ist wie eine launische Diva, die die richtigen Umstände braucht. Heiterkeit und Muße sowie die Abwesenheit von Macht und Kontrolle gehören dazu. Kreativität mag zudem Gesellschaft. Ein Geistesblitz braucht jemanden, auf den er überspringen kann.

Hingegen erblühen Einfallsreichtum und Schöpferkraft allein zu Haus und in Videocalls nur sehr schwer. Tuchfühlung und ein befruchtender Austausch sind die beste Basis für gute Ideen. Das Setting einer Videokonferenz sorgt für Versachlichung, für Versteifung und für emotionale Distanz. Gut gemachte Arbeitslandschaften hingegen bringen Ideen ins Rollen. Passende Umfelder sind mitentscheidend dafür, dass zunächst kraftvolle Beziehungen und auf dieser Basis dann brillante Arbeitsergebnisse entstehen.

Im tristen Einheitsgrau alter Bürokonstellationen kommt man schlecht auf neue Ideen. Damit das Gehirn auf Hochtouren fährt, brauchen wir ansprechende, offene, flexible, farbenfrohe, beflügelnde Raumwelten, die sowohl konzentriertes Vorgehen als auch einen regen Austausch möglich machen. Vielerorts entstehen nun Begegnungsorte auf Augenhöhe, an denen weder Bereichsgrenzen noch Machtgefüge eine Chance haben.

Menschen arbeiten am liebsten co-kreativ miteinander

Wir suchen unsere Mitmenschen am liebsten auf gleicher Ebene und in der Nähe auf, das ist ein Relikt aus unserer Zeit als Savannenbewohner. Was in entfernten anderen Stockwerken passiert, blenden wir, kognitiv gesehen, weitgehend aus. Wer nur mühsam zu erreichen ist, den vergessen wir und verlieren zu ihm den Kontakt.

So ergab es sich in der Münchener BMW-Zentrale, dass die Ingenieure, die die 5er-Modellreihe konzipierten, die Kollegen von der 7er-Serie kaum zur Kenntnis nahmen - und umgekehrt. So manche Idee, die man wechselseitig gut hätte gebrauchen können, wurde entweder zu spät oder gar nicht ausgetauscht. Der Grund: Die Teams waren in verschiedenen Stockwerken untergebracht. Innovationsfeindliche Silostrukturen und Machtpolitik sind meist die wahren Auslöser für solch hinderliche Entzweiung.

In jungen Unternehmen hingegen werden die Arbeitsplätze nicht nach hierarchischen, sondern nach funktionalen Gesichtspunkten gestaltet. Orte intensiver Arbeit, Räume der Geselligkeit und reizreduzierte Rückzugsbereiche gehören dazu. Viel Glas sorgt für Durchblick. Gemeinsame Wege und Orte regelmäßigen Zusammenkommens führen zu einem spontanen Gedankenaustausch und zu gemeinsamen Projekten. Menschen arbeiten gern co-kreativ miteinander, wenn man ihnen vielfältigen Raum dafür gibt.

Wodurch die Denkarbeit des Gehirns begünstigt wird

Für kreativen Output ist es wichtig zu wissen, dass die Denkarbeit des Gehirns in vier Phasen verläuft: Inspirieren, konzentrieren, aktivieren, regenerieren. Diesen Rhythmus gilt es durch freie Zeiteinteilung zu unterstützen, denn Gehirne ermüden sehr schnell. Doch Phasen der geistigen Regeneration kommen im klassischen Arbeitsleben zu kurz. „Bitte kein Sofa“, sagt der Chef, als es um die architektonische Büroneukonzeption geht. „Meine Leute sollen arbeiten und nicht rumhängen“, heißt es zur Begründung.

Kopfarbeiter kontrollieren? Die pure Anwesenheit am Schreibtisch ist kein Garant für Leistung. Einfallsreichtum entsteht nicht nach Stundenplan und auf Befehl, sondern braucht ein passendes Umfeld. Nur, wer sich wohlfühlt, ist kreativ. Neurobiologisch betrachtet entwickeln sich kreative Ideen, indem das Gehirn auf geistige Wanderschaft geht und bestehendes Wissen mit neuem Gedankengut kombiniert.

Hohe Decken lassen Luft zum Denken. Für fokussierte Arbeiten hingegen sind niedrige Decken besser geeignet. Ein weiter Blick nach draußen oder ein Arbeitsort in freier Natur kann zu zündenden Einfällen führen. Ansprechende Musik sowie passende Farben und Düfte stimulieren die Schöpferkraft und steigern das Leistungsvermögen.

 Wandelbare Arbeitslandschaften schaffen Vernetzung

 Eine gut ausgestattete bistroähnliche Küche ist in modernen Bürogebäuden elementar. Sie ist ein Erholungsort und macht Plauschpausen möglich. Einfallsreichtum entsteht ja vor allem dann, wenn unser Denkapparat entspannt ist und Gedankenrohlinge mit anderen teilt. So kann man sich im Bistro auch ganz ungezwungen mit Kollegen aus anderen Arbeitsbereichen treffen, um sich zu vernetzen und Ideen zusammenzulegen.

Manchmal reicht es zu Beginn, einen einzigen Raum im Unternehmen für kreativeres Arbeiten umzugestalten. Sorgen Sie für unterschiedlichste Sitzgelegenheiten, für Visualisierungsflächen, für einen Kuschelteppich - und unbedingt auch für ein gemütliches Sofa. Projektgruppen benötigen andere Räumlichkeiten als Scrum-Teams. Und Design Thinking braucht einen anderen Ort als die Routinearbeit.

In wandelbaren Arbeitslandschaften bleiben auch die Mitarbeitenden in Bewegung und eisen nicht in Routinen ein. Wer immer in gleichförmiger Umgebung ist, stumpft irgendwann ab. Neue Reize hingegen bringen uns auf neue Gedanken, weil unser Gehirn die eingefahrenen Programme dann nicht mehr automatisch abspulen kann. Obendrein steigert eine moderne Arbeitsumgebung die Arbeitgeber-Attraktivität.

Serendipity: Dem Zufall auf die Sprünge helfen

Serendipität ist weit mehr als nur ein glücklicher Zufall. Meist wird sie als eine zufällige Entdeckung definiert, nach der man ursprünglich gar nicht gesucht hat. Solche überraschenden Ereignisse können zu maßgeblichen Innovationen führen. Post-its, Cornflakes, Herzschrittmacher und die blaue Pille sind bekannte Beispiele dafür. Die gute Nachricht: Wir können für Umstände sorgen, die Serendipity unterstützt.

Zum Beispiel wird sie durch Vernetzung und die „Weisheit der Vielen“ begünstigt. Einer, der das besonders gut wusste, war Steve Jobs. Als er Chef bei Hollywoods Filmstudio Pixar war, mussten die Architekten die Gebäude so konzipieren, dass sie möglichst viele unbeabsichtigte Begegnungen ermöglichen. Er ließ ein zentrales Atrium bauen, in dem sich alle Gemeinschaftsaktivitäten abspielten, um spontane Interaktionen zu fördern. So schuf er die Basis für eindrucksvolle Erfolge.

Viele Ideen sind anfangs nur eine wabernde Ahnung. Erst im Austausch formen sie sich zu wahrer Größe. Im Austausch gelingt es zudem am besten, Ideen zu entwickeln, auf die man allein nicht gekommen wäre. Meinungsvielfalt und eine ungezwungene Öffnung für die unterschiedlichsten Blickwinkel, Denk- und Handlungsweisen führen zu Variantenreichtum und einer Neukombination von Möglichkeiten.

5 Maßnahmen, um Erfindungsreichtum zu fördern

Erfindungsreichtum gelingt im betrieblichen Alltag auf vielerlei Weise, etwa so:

>> Informelle Begegnungsorte schaffen. Neben Orten intensiver Arbeit und Räumen der Ruhe brauchen wir in der Firma vielerlei Orte der Geselligkeit, an denen Zufallsbegegnungen stattfinden können. Modulare Arbeitslandschaften sind symptomatisch dafür. Dort gibt es Wohlfühlbereiche, in denen man an Steh- und Sitzmöglichkeiten zwanglos zusammenkommen und sich austauschen kann. Vielen cleveren Köpfen fällt immer mehr ein als einem allein.

>> Kollegen crossfunktional vernetzen. Hierbei gilt es, Kollegen, die nicht regelmäßig zusammenarbeiten, kreuz und quer durchs Unternehmen zu vernetzen. Das kann über gemeinsame Hobbys passieren - oder auch durch „Blind Lunches“ und „Zufallskaffees“, bei denen die, die sich noch nicht kennen, zusammengewürfelt werden. Innovationen entstehen am ehesten dann, wenn sich Menschen hierarchiefrei durch die gesamte Firma Gedanken über die Zukunft machen.

>> Plauschpausen ermöglichen. Sehr guter Output kommt auch dann zustande, wenn wir unsere Einfälle bei einem anregenden Gespräch mit anderen teilen. Jeder Gedanke wird klüger, wenn man ihn ausgiebig bespricht. Zudem helfen unbeteiligte Dritte, herauszufinden, woran man selbst nicht gedacht hat. So kann sich aus einer simplen Idee, schöpferisch und wertschätzend angereichert, etwas ganz Besonderes formen.

>> Die „Weisheit der Vielen“ nutzen. Zwar ist die Expertise jedes Einzelnen von hoher Bedeutung, um gute Ergebnisse zu erzielen, doch das kluge Zusammenbringen von Können und kollektiver Intelligenz spielt eine noch viel größere Rolle. Je mehr unterschiedliche Perspektiven eingebracht werden, desto eher werden neue Ideen gefunden. Und jeder gute Vorstoß zählt, egal, von welcher Seite er kommt.

>> Kollegiale Beratung implementieren. Dazu werden, bevor eine Idee präsentiert oder eine wichtige Entscheidung getroffen wird, verpflichtend immer mindestens zwei sachkundige (!) Personen befragt. Entscheidungen stehen auf einer breiteren Basis, wenn man sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und sowohl Zuspruch als auch abweichende Meinungen hört. So kann man auch der Betriebsblindheit entgehen.

Das neue Buch der Autorin mit mehr zum Thema Innovationsmanagement heißt "Zukunft meistern".

Anne M. Schüller writes about Touchpoint Management, Unternehmensführung, Kundenorientierung

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.

View articles