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Chefs sollten regelmäßig Zeit für Vieraugengespräche einplanen. - Getty Images
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So gelingt das Einzelgespräch – selbst mit schwierigen Mitarbeitern

Regelmäßige Einzelgespräche mit Mitarbeitern sind aufwendig, aber auch wertvoll. Ein Leitfaden für gelungene One-on-ones.

Es war eine Standardantwort. Das, was man eben sagt, wenn die Chefin fragt, was einen motiviere. Es reize ihn, stets etwas Neues zu machen, meinte der Mitarbeiter. Und Henrieke Hentschel, die ihm am orangeroten Lacktisch gegenübersaß, stutzte: „Du arbeitest doch seit zehn Jahren im gleichen Fachgebiet.“ Dass die Managerin des Händlers Otto herausfand, was hinter dem So-dahin-Gesagten steckte, lag vor allem daran, dass sie sich Zeit für regelmäßige Einzelgespräche nimmt. Zeit, ihren Mitarbeitern zuzuhören.

In der anschließenden Diskussion stellte sich heraus: Der Mitarbeiter, der beim Onlineauftritt von Otto für das bestmögliche Kundenerlebnis zuständig ist, will die Kundenzentrierung weiter stärken, die Daten der Kunden konzernweit noch besser zu deren Vorteil nutzen. Es ging ihm nicht darum, etwas gänzlich Neues auszuprobieren, sondern in seinem Feld mit immer neuen Methoden voranzugehen.

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Hentschel führt bei Otto rund 70 Mitarbeiter, 6 davon direkt. Mit ihnen spricht die 41-Jährige mindestens einmal pro Woche. Dabei geht es um fachliche Themen, aber auch um die Stimmung und die Belastung in den Teams, sowie in regelmäßigen Abständen um die persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter.

Die Managerin ist damit eine Seltenheit. Nur wenige Führungskräfte machen von dem wichtigen Instrument des Einzelgesprächs Gebrauch. Dabei bekommen sie in solchen Runden ein Gespür dafür, wie viel ihre Mitarbeiter zurzeit leisten und wie sie Aufgaben verteilen können, damit niemand über- oder unterfordert ist. Gerade jetzt, da nicht alle ständig im Büro sind und sich nicht alles, vom anerkennenden Schulterklopfen bis zur Frage nach der Tagesform, nebenbei auf dem Flur erledigen lässt.

„Je virtueller die Teams sind, desto expliziter und klarer müssen Führungskräfte ihre Kommunikation gestalten“, sagt Nele Graf, Professorin für Personal und Organisation an der Hochschule für angewandtes Management in Ismaning. Denn wenn Mitarbeiter wissen, wie dringlich eine Aufgabe ist oder warum eine Entscheidung getroffen wurde, gibt ihnen das mehr Sicherheit.

Bühne frei für Mitarbeiter

Zum Einstieg in einen solchen Jour fixe unter vier Augen sei die Frage, wie es dem Gegenüber geht, sinnvoll, sagt Roman Schilling, der vor allem Führungskräfte aus Dax und MDax coacht. „Dabei sollte man die Bühne erst einmal dem Mitarbeiter überlassen“, rät er. Anschließend nutzt der Coach die Struktur der Catalyst Conversation. Dabei legen Chef und Mitarbeiter zunächst die Ziele des Gesprächs fest. Danach soll der Mitarbeiter sein Anliegen möglichst aus verschiedenen Blickwinkeln beschreiben. „Hier geht es darum, das Gegenüber erst einmal reden zu lassen, um dann mit gezielten Fragen nachzuhaken“, sagt Schilling. Was würde eine bestimmte Person darüber denken? Warum ist das Thema gerade jetzt wichtig? Mit wem hat der Mitarbeiter noch darüber gesprochen?

Anschließend sollten Chefs nachhaken, ob sie ihr Gegenüber richtig verstanden haben. Dabei hilft es, das Gesagte zu paraphrasieren. Stimmt alles überein, ist es an den Vorgesetzten, ihre Meinung zu schildern und Tipps zu geben. „Das muss gar nicht belehrend sein“, sagt Schilling. „Sie können einfach einen Kontakt vermitteln oder eine eigene Erfahrung teilen.“ Es sei ratsam, den Mitarbeitern das weitere Vorgehen zu überlassen. Wer ihnen die Verantwortung übertrage, gebe ihnen das Gefühl, ernstgenommen zu werden.

Ob so ein regelmäßiger Austausch nicht viel zu aufwendig ist, wird der Coach oft gefragt. Seine Antwort: nein. Denn auf Dauer sei das „ein extremer Mehrwert“. So sieht das auch Managerin Hentschel. Die Zeit, die sie dafür aufwendet, zahle sich vielfach aus: „Wir wissen voneinander, wo unsere Schmerzpunkte und Motivatoren liegen.“ Das ermögliche es, auch bei unangenehmen Themen im Alltag schnell auf den Punkt zu kommen. Wenn dann ein Fehler im Job oder eine private Ausnahmesituation auftrete, sei der Boden bereitet, offen darüber zu reden.

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