So kontern Sie unangenehme Gehaltsfragen im Bewerbungsgespräch
Die heikelsten Vergütungsfragen – und die besten Antworten darauf: Eine Personalerin gibt Tipps fürs Vorstellungsgespräch. Oft helfen schon kleine rhetorische Kniffe.
**Düsseldorf.**Die Bewerberin wollte ihren Ohren nicht trauen: „Wieso wollen Sie eigentlich so viel Gehalt? Sie haben doch einen Mann, der gut verdient.“ Das bekam eine erfahrene Kandidatin für eine Leitungsposition zu hören, nachdem sich der potenzielle neue Vorgesetzte beim anfänglichen Smalltalk nach dem Beruf ihres Mannes erkundigt hatte. Dass das Familieneinkommen im Vorstellungsgespräch überhaupt eine Rolle spielte und sogar gegen sie verwendet würde, habe „sie sprachlos gemacht“, sagt die Kauffrau.
Unabhängig davon, ob es sich um eine Bewerberin oder einen Bewerber handelt: Unangenehme Fragen zum Gehalt sind in Bewerbungsgesprächen keine Seltenheit. Vor allem wenn dem Kandidaten kein ausgewiesener Personalprofi gegenübersitzt. Etwa weil der künftige Fachvorgesetzte schon mal in Eigenregie unter den Bewerbern sondiert hat oder in kleinen oder mittelgroßen Unternehmen der Chef persönlich neue Mitarbeiter einstellt.
Personalleiterin Diana Roth bestätigt: Dann läuft es häufig „mehr schlecht als recht“. Roth hat nach eigenen Angaben etwa 3000 Vorstellungsgespräche in ihrem Berufsleben geführt, „vom Lehrling bis zum Geschäftsleiter“, wie sie sagt. Die Expertin, die vor allem im Mittelstand rekrutiert, kennt die Spielchen im Bewerbungsverfahren.
Daher verwundert es sie auch nicht, dass bei mehr als einem Drittel der volljährigen Deutschen das Vorstellungsgespräch Nervosität oder Angst auslöst. Das hat im Mai dieses Jahres die Stellenbörse Monster in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Yougov in einer repräsentativen Befragung von 2057 Teilnehmern herausgefunden.
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Gehaltsvorstellung: Oft reicht schon eine simple Rückfrage
Roths wichtigster Tipp bei fiesen Vergütungsfragen lautet: „Souverän bleiben.“ Also weder auf Angriff schalten noch rumstottern oder gar aufgeben. Die Personalerin weiß: „Das ist nicht so einfach, wenn man unangenehm berührt oder sogar schockiert ist.“ Dennoch gebe es Konter, mit denen sich auch diese unangenehme Situation meistern lasse.
„Mit Ihrer Antwort müssen Sie sich Spielraum verschaffen“, rät Roth. Es gehe darum, sich nicht zu früh auf eine Summe festzulegen, sondern möglichst den neuen Arbeitgeber ein Angebot unterbreiten zu lassen. Um den Ball also verbal zurückzuspielen, eigne sich oft eine simple Rückfrage. Das funktioniere auch mehrmals hintereinander.
Geht es in der nächsten Stufe dann um konkrete Summen, sollte der Bewerber seine Forderung klar und selbstbewusst äußern. Etwa so: „Ich stelle mir ein Jahresbruttogehalt von X Euro vor.“ In der genannten Summe sollten gegebenenfalls die variable Vergütung, Zuschläge und eventuelle Vergünstigungen enthalten sein. Auch das sollten Bewerber dem künftigen Chef sagen.
Das setzt voraus, dass der Kandidat sich zuvor zum üblichen Gehalt für die angestrebte Position, in der speziellen Branche und in dem jeweiligen Unternehmen informiert hat. Und in seine Vergütungsvorstellung auch seine individuelle Qualifikation und Erfahrung hat einfließen lassen.
Nicht nur beim Betrag verhandeln
Ein Beispiel: Sollte die gedachte Spanne zwischen 70.000 und 80.000 Euro Jahresbruttogehalt liegen und der Kandidat die 80.000 Euro nennen, dann muss er mit folgender Reaktion rechnen: „Diese Stelle ist mit 75.000 Euro dotiert. Wäre das für Sie okay?“
Roth empfiehlt, dann aber nicht sofort einzulenken, sondern erst mal selbst nach dem „Gesamtpaket“ zu fragen. Nach dem Motto: „In Vergütungsverhandlungen niemals zustimmen ohne Gegenleistung“. Dazu müsse man seine Verhandlungsspielräume kennen.
Die Expertin sagt: „Oftmals machen vielleicht ein paar zusätzliche Urlaubstage, Arbeitgeberzuschüsse zur Kinderbetreuung oder eine betriebliche Altersvorsorge, aber auch flexible Arbeitszeitmodelle oder auch Weiterbildungsmöglichkeiten die 5000 Euro weniger Jahresgehalt durchaus wett.“
Es gelte, zu einer konkreten Vereinbarung zu kommen, die etwa so aussehen könnte: „Ich bin mit einem Lohn von 75.000 Euro einverstanden, wenn zwei Tage Homeoffice pro Woche im Arbeitsvertrag aufgenommen werden und Sie meine Weiterbildungskosten zum X übernehmen.“
Roths konkreter Rat übrigens, falls etwas Heikles wie das Familieneinkommen vom künftigen Arbeitgeber angesprochen wird, ist: „Ich freue mich, dass hier meine Person und Erfahrung zur Diskussion stehen.“
Die Expertin empfiehlt, „meine“ bewusst zu betonen und diesen Satz im Raum stehen zu lassen, ohne danach fortzufahren. Roth: „Setzen Sie die Pause gezielt und selbstbewusst ein – um dem Gesprächspartner nonverbal zu signalisieren, dass es für Sie zu diesem Thema nichts weiter zu diskutieren gibt.“ Habe das Gegenüber ernsthaftes Interesse, werde es das Gespräch fortsetzen.
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Weitere heikle Vergütungsfragen – und wie sie sich souverän neutralisieren lassen
Frage: „Wir haben einen klaren Vergütungsahmen, von dem wir nicht abweichen. Welche konkreten Gehaltsvorstellung haben Sie?“
Guter Konter: „Für mich ist das Gesamtpaket, das Sie mir anbieten, wichtig. Wie setzt sich Ihr Angebot zusammen?“Frage: „Ihr letzter Arbeitgeber ist für seine überdurchschnittlichen Gehaltszahlungen bekannt. Wie viele Abstriche sind Sie bereit zu machen?“
Guter Konter: „Abstriche? Was verstehen Sie darunter?“Frage: „Geld ist ja nicht das Wichtigste im Leben, nicht wahr?“
Guter Konter: „Da haben Sie recht. Ich will nach meiner Leistung und dem Mehrwert bezahlt werden, den ich einem Unternehmen erbringe. Wie sehen Sie das? Wie ist das bei Ihnen?“Frage: „Sie haben aber eine hohe Vergütungsvorstellung. Wie rechtfertigen Sie die?“
Guter Konter: „Mit mir bekommt ein neuer Arbeitgeber zehn Jahre Erfahrung in der Branche, entsprechende Ausbildungen und eine hohe Motivation, von Anbeginn an Topleistung zu bringen.“Frage: „In den ersten sechs Monaten müssen wir viel in Sie investieren – bis wir Sie so weit haben, dass Sie selbstständig arbeiten können. Das heißt, dass Sie erst danach mit einer Gehaltserhöhung rechnen können. Das verstehen Sie sicher.“Guter Konter: „Ja, ich denke, wir beide investieren in den ersten sechs Monaten viel. Was meinen Sie mit Gehaltserhöhung konkret?“
Frage: „Bevor wir zur Gehaltsfrage kommen, nur so viel: Wir haben erstaunlich viel Bewerber für diese Stelle. Wir denken, im Vordergrund steht die wertvolle Erfahrung, die die neue Person bei uns machen kann.“Guter Konter: „Das freut mich besonders, dass Ihre Stellenofferte so großen Anklang fand. Das spricht für Ihr Unternehmen.“
Frage: „Es gibt monetäre und nicht monetäre Anreize, um einen Job anzunehmen. Welcher Anreiz steht für Sie im Vordergrund?“Guter Konter: „Beide Anreize sind für mich wichtig. Noch wichtiger ist: Ich kann Ihrer Firma genau den Mehrwert liefern, den Sie suchen. Und welcher Anreiz führt bei Ihnen zu einer Anstellungsentscheidung?“
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