So meistern Sie das Chaos im Büro
Aufräumen ist anstrengend. Die Marie-Kondo-Methode scheint dafür immer unpraktikabler. Experten erklären, wie Sie 2025 erfolgreich Ihr Büro und E-Mails ordnen und dabei die To-Do-Liste kurz halten.
Düsseldorf. Büros mit unsortierten, riesigen Papierstapeln werden immer seltener. Flexible Tischordnungen und Computer statt Ordnersysteme erwecken den Anschein, das Chaos in Büros verringert zu haben. Doch es bleibt nur ein Anschein. Denn das Chaos existiert weiter – nur eben digital.
Der Meinung ist zumindest Jürgen Kurz, Geschäftsführer von Büro-Kaizen, der mit seinem Beratungsunternehmen Unternehmen beim digitalen Aufräumen hilft. In Büros hätten sich die Suchzeiten nach Material durch die Digitalisierung dramatisch verschlechtert, sagt er. Denn Chaos ist ineffizient. In Kurz’ Worten: „Erfolg entsteht durch Konzentration, nicht durch Verzettelung.“
Aufräumen ist spätestens seit der Netflix- Aufräumikone Marie Kondo zu einem weltweiten Erfolgsphänomen geworden. Nach der Konmarie-Methode ist es zentral, Dinge, die keine Freude versprühen, auszumisten. Denn ein aufgeräumtes Zuhause überträgt sich auch auf das Wohlbefinden. Nur ist ihre Methode aufwendig.
Und selbst Marie Kondo, Mutter dreier Kinder, hat den eigenen Ansatz längst aufgegeben. Ihre drei Kinder seien ihr wichtiger als Ordnung, ihr Zuhause sei unordentlich, berichtete die „Washington Post“ über Kondos Sinneswandel.
Dabei kann Aufräumen essenziell sein, sagt auch die Aufräumcoachin Rita Schilke: „Ballast belastet. Wir brauchen Ordnung, um vernünftig zu arbeiten.“ Allerdings seien besonders diejenigen vom Chaosproblem betroffen, die sehr viel arbeiten, beobachtet Schilke bei ihren Kunden.
Wie Aufräumen am Arbeitsplatz gelingen kann, damit Mitarbeitende und Unternehmen effizienter arbeiten.
Aufräumen im Büro: Schreibtisch mit Vier-Felder-Schema sortieren
Anders als Kondo, die vor dem Aufräumen dem Haus für den Schutz dankt, empfiehlt Schilke einen praktischeren Angang ans Aufräumen: sofort starten. Der Schreibtisch sei dabei besonders anstrengend, „Sie müssen sich schließlich jedes Papier anschauen“.
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Schilke wendet beim Aufräumen des Schreibtisches das Vier-Felder-Schema an. Auf dem Schreibtisch sollen vier Felder gebildet werden:
Wegschmeißen: Hier sollen alle Dinge und Zettel gestapelt werden, die weder Sie noch andere brauchen. Diesen Stapel entsorgen Sie.
Weiterleiten: Wenn zwar nicht Sie, sondern Kollegen Dokumente oder Dinge noch brauchen, setzen Sie diese in das Feld „weiterleiten“. Auch Ausgeliehenes gehört hierher.
Unverzichtbar: Dieser Stapel sollte möglichst klein sein, denn hier gehören nur die Dinge hin, die Sie nach dem Aufräumen wieder benötigen. „80 Prozent des Anfangschaos fliegen weg“, sagt Schilke. Besonders gefährlich für Ordnung sind die Dinge, die noch irgendwann wichtig sein könnten, weiß die Aufräumcoachin. Doch diese Akten oder Gegenstände gehören nicht in das „Unverzichtbar“-Feld. Lieber sollten Sie diese in einen Karton räumen, aber nur wenn Sie es für wahrscheinlich halten, die Dinge irgendwann noch mal zu gebrauchen.
Gleich fertig: Dieser Stapel sollte genau genommen gar nicht oder nur sehr kurz existieren. Denn hier gehören alle Aufgaben hin, die Sie in den nächsten fünf Minuten oder schon während des Aufräumens erledigen können. Beispiel sind das Absenden eines Briefes oder das Abheften von Unterlagen.
Um dauerhaft Ordnung zu halten, sollten Sie Aufgaben sofort erledigen, Zettel also direkt entsorgen oder Unterlagen direkt abheften, rät Aufräumcoach Schilke.
Das Chaos im Homeoffice beherrschen
Im Homeoffice kommen noch mehr Herausforderungen dazu. Schließlich vermischt sich Berufliches gern mit Privatem – das gilt auch für Gegenstände. Schilke empfiehlt hier, den Schreibtisch einmal komplett freizuräumen, „dann können Sie sich vermutlich von einem Großteil alter Unterlagen sofort trennen“.
Nur die Dinge, die wirklich zum Arbeiten gebraucht werden, gehören auf den Schreibtisch. Also etwa Laptop, Notizzettel und Bildschirm. Kabel sollten per Kabelbinder zusammengehalten werden, damit Kabelsalat am Schreibtisch verhindert ist. Kleinere Schachteln in Schubladen organisieren kleinere Büroutensilien wie Büroklammern, weiß die Aufräumcoachin Schilke. Ordnern sollten Sie eindeutige Namen geben, farbige Register unterstützen beim Ordnen.
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Um Ordnung zu halten, helfen feste Rituale: „Post unmittelbar öffnen, nachdem Sie sie aus dem Briefkasten geholt haben. Gleich entscheiden, was damit geschehen soll. Analog bei E-Mails vorgehen“, rät Schilke.
PC und Mac aufräumen: Wichtig für Effizienz
Jürgen Kurz war, bevor er sich als Effizienzexperte selbstständig machte, Controller. Als ihm ein Kollege sagte, er könnte die Prozesse in der Produktion optimieren und so effizienter arbeiten, strukturierten sie die Produktionshalle um. Zeit wurde gespart, und er übertrug seine Erkenntnisse auf die Bürowelt.
Erst kümmerte Kurz sich nur um unordentliche Schreibtische und Büros, heute geht es in seinen Aufträgen fast nur noch darum, digital Ordnung zu schaffen. „Heute im Digitalen sieht man die Unordnung nicht mehr. Aber seit der Digitalisierung haben sich die Suchzeiten alle verschlechtert.“
Statistisch verbringen Mitarbeiter einen ganzen Tag pro Woche ausschließlich mit Suchen.Effizienzexperte Jürgen Kurz
Kurz bezieht sich auf Studien, die er seit 2013 unter wissenschaftlicher Leitung von Daniel Markgraf von der AKAD Hochschule Stuttgart durchgeführt hat. „Kostete das Aufspüren von Dateien und Papieren vor zehn Jahren noch gut 13 Prozent der Arbeitszeit, so sind es nun fast 20 Prozent. Statistisch verbringen Mitarbeiter einen ganzen Tag pro Woche ausschließlich mit Suchen“, so ein Ergebnis der Studie. Auch die Arbeitszeit rund um E-Mails hat der Studie von 2022 zufolge seit 2013 um 60 Prozent zugenommen.
Jürgen Kurz geht es gar nicht so sehr ums Aufräumen an sich, sondern um ein Prinzip: Alles hat einen Platz. Sowohl auf dem Schreibtisch als auch im Digitalen. „Eine Besteckschublade hat fast jeder, weil es ein effizientes System ist. Solche Systeme braucht es auch in der Arbeitswelt.“
Das Problem: Firmen hätten keine Ablagespielregeln oder wenn sie sie haben, werden sie nicht eingehalten, meint Effizienzexperte Kurz. Wenn er und sein Team Unternehmen beraten, geht es darum, Spielregeln zu vereinbaren und sie anzutrainieren. Dazu gehört beispielsweise die Frage, welche Kommunikationskanäle wie genutzt werden und mit welchen bestehenden Systemen gearbeitet werden soll.
Doch nur wenn jeder Mitarbeiter sich auch selbst managen kann, funktionieren die festgelegten Spielregeln. „Das größte Problem ist immer noch die E-Mail-Verarbeitung“, beobachtet Kurz, „die meisten Menschen schauen in ihre Mails und lassen sie im Postfach liegen, anstatt sie zu bearbeiten.“
Das E-Mail-Postfach aufräumen
Um ein aufgeräumtes Postfach zu etablieren, sollte man eingehende E-Mails anhand von fünf Auswahlmöglichkeiten bearbeiten, verrät Jürgen Kurz:
Eine irrelevante E-Mail wird direkt gelöscht.
Weiterleiten: Wenn die Mail nicht von einem selbst bearbeitet werden soll, sondern einen anderen betrifft, sollte sie direkt an die Person weitergeleitet werden.
Archivieren: Die Mails, die wichtig sind, aber keine konkreten Aufgaben enthalten, landen im Archiv-Ordner.
Erledigen: Die Mails, die zur Bearbeitung weniger als fünf Minuten Zeit in Anspruch nehmen, sollten direkt erledigt werden.
Terminieren: Alle anderen Mails, die Aufgaben enthalten, die mehr als fünf Minuten zur Bearbeitung brauchen, werden für einen späteren Zeitpunkt im Kalender eingeplant oder direkt in die Aufgabenliste übertragen. Das E-Mail-Postfach von Outlook lässt sich direkt mit dem Kalender verknüpfen. Dafür verwendet man den Befehl „Quickstep“ und erstellt einen neuen Quickstep-„Kalendertermin“.
Ein weiterer Tipp von Kurz: Wer wie die meisten Unternehmen Microsoft verwendet, kann Onenote zum Organisieren von Projekten verwenden und dies auch mit Outlook verknüpfen. „Letztlich geht es bei der Organisation um das Etablieren von Arbeitsprozessen.“ Zudem sollten E-Mails besser im Block und nicht permanent bearbeitet werden, rät Kurz.
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Aufräumen im Büro: To-Do-Liste kurz halten
Sowohl die Aufgabenliste als auch den Kalender legt der Effizienzberater übrigens per Outlook an. Eine praktische Funktion von Outlook, doch wichtig sei es vor allem, nur eine einzige Aufgabenliste zu führen, sagt Kurz.
In die Aufgabenliste gehören nur Aufgaben. Die Aufgabenliste sollte zudem möglichst schlank sein. „In der Realität ist das jedoch anders.“ Um sie schlank zu halten, helfe ein Gedanke:
Erfolgreiche Menschen sagen mehr Nein als Ja.Effizienzexperte Jürgen Kurz
Essenziell für ein gutes Zeitmanagement sei zudem eine Wochenplanung, sagt Kurz. „Beim Blick auf Termine und Aufgabenliste sehe ich, was für die Woche wichtig ist und wie viel Zeit ich für größere Projekte habe.“
Für die Wochenplanung helfe eine Frage: Was muss nächste Woche passieren, damit ich vorankomme? Jürgen Kurz rät dazu, die Aufgaben der Woche zu priorisieren und sich nur um die erste Aufgabe zu kümmern. „Nachdem die erste Aufgabe erledigt ist, kommen sowieso neue Aufgaben dazu, und ich muss mir wieder überlegen, was die wichtigste Aufgabe ist.“
Für Kurz’ Unternehmen fing alles mit dem Aufräumen des Schreibtisches an. „Dass aber alle Dinge eine Heimat haben, das Prinzip ist zeitlos.“ Am Ende ginge es schließlich immer darum, an wichtigen Dingen arbeiten zu können und aus der Reaktivität herauszukommen.
