So minimieren Sie Ihren Arbeitstag auf nur sechs Stunden
Weniger Work, mehr Life: Das wünschen sich viele Beschäftigte. Eine Coachin und ein Experte verraten Tricks und kennen Tools, die Ihnen im Büro helfen und mehr Freizeit verschaffen.
Berlin. Jeden Morgen, bevor der Arbeitstag beginnt, nimmt sich Lothar Seiwert eine sogenannte stille Stunde. In dieser Zeit arbeitet er konzentriert an seinen wichtigsten Projekten – ohne dass ihn Meetings, Telefonate oder E-Mails ablenken. Seinen restlichen Arbeitsalltag strukturiert er in Zeitblöcke mit regelmäßigen Pausen.
„Dadurch konnte ich meine Arbeitszeit deutlich reduzieren, ohne an Produktivität einzubüßen“, sagt Seiwert, der sich seit mehr als 30 Jahren und auch als Buchautor mit dem Thema Zeitmanagement beschäftigt. Er fühle sich weniger gestresst und könne seine Aufgaben schneller erledigen.
Die stille Stunde am Morgen ist nur eine von vielen Methoden, den Arbeitsalltag effizient zu gestalten. Zeitmanagement-Experte Seiwert und die Coachin und Bestsellerautorin Cordula Nussbaum erklären, wie Sie Ihren Job künftig in sechs statt acht Stunden am Tag schaffen und dann mehr Zeit für andere Dinge haben.
Multitasking vermeiden, Zeitfresser eliminieren
Studien zufolge verschwenden Berufstätige bis zu 50 Prozent ihres Tages mit sinnlosen und unproduktiven Tätigkeiten. Der wichtigste Schritt in Sachen Zeitmanagement ist deshalb laut Wirtschaftspsychologin Nussbaum: herausfinden, wann man sich mit Dingen aufhält, die eigentlich nicht gemacht werden müssten.
Also: Welche Meetings sind unwichtig? Wo frisst überflüssige Bürokratie wichtige Ressourcen? Wie geht durch Missverständnisse wertvolle Zeit verloren? Anschließend gilt es, die Zeitfresser zu eliminieren.
Zeitmanagement-Experte Seiwert rät zum Beispiel, bei Besprechungen immer eine klare Agenda festzulegen und nur die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzuladen, die wirklich gebraucht werden. Um ausufernde Debatten zu reduzieren, hilft es auch, Besprechungen im Stehen abzuhalten oder sie strikt auf 30 Minuten zu begrenzen.
Ein weiterer Zeitfresser sind E-Mails. Um sich nicht von jeder aufpoppenden Nachricht aus der Konzentration reißen zu lassen, empfiehlt Seiwert, sich feste Zeiten für die Bearbeitung zu setzen und die Benachrichtigung über neue E-Mails in der übrigen Zeit auszuschalten.
Er rät auch dazu, Multitasking zu vermeiden. „Studien zeigen, dass Multitasking die Produktivität mindert, da unser Gehirn sich nicht effizient auf mehrere Aufgaben gleichzeitig konzentrieren kann“, sagt Seiwert. Er rät zu striktem Monotasking: sich nur auf eine Aufgabe zu konzentrieren, bis diese abgeschlossen ist. Das reduziere Fehler und verbessere die Qualität der Arbeit, wodurch Sie letztendlich Zeit sparen und so Ihren Tag in weniger als acht Stunden erledigen können.
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Herausfinden: Welcher Zeitmanagment-Typ bin ich?
Nicht jede Zeitmanagement-Methode ist für alle gleich gut geeignet. Ist jemand zum Beispiel eher ein Systemiker, der in einem gut planbaren Umfeld arbeitet, passen laut Expertin Nussbaum in der Regel Methoden aus dem klassischen Zeitmanagement. Dazu gehören To-do-Listen oder feste Zeitpläne.
Wer hingegen in einem dynamischeren, sich schnell verändernden Umfeld arbeitet, kommt mit flexibleren Methoden besser zurecht. Statt einer strikten To-do-Liste empfiehlt Nussbaum hier eine „reisende To-do-Sammlung“. Darin lassen sich alle Aufgaben notieren, die einem gerade durch den Kopf gehen. Kommt etwas Wichtiges dazwischen oder schafft man es nicht, alle Aufgaben zu erledigen, „reisen“ die To-dos mit in den nächsten Tag.
Um möglichst produktiv zu arbeiten, helfe es zudem, den Arbeitstag nach dem eigenen Biorhythmus zu strukturieren, sagt Nussbaum. Ein Morgenmensch sollte Aufgaben, die viel Konzentration erfordern, auf den Vormittag legen und Organisatorisches dagegen am Nachmittag erledigen.
So planen Sie Ihren Tag effizient
Ohne Planung geht es nicht, sagt Seiwert. Wer nicht plane, verliere leicht den Überblick und vertrödele Zeit mit Unwichtigem. Seiwert selbst arbeitet mit der stillen Stunde und Arbeitsblöcken mit festen Anfangs- und Endzeiten und spart so viel Zeit. „Am Ende des Tages überprüfe ich meinen Fortschritt und plane die Aufgaben für den nächsten Tag“, sagt er.
Coachin Nussbaum warnt gleichzeitig davor, sich überzuorganisieren – vor allem jene, die sich in einem sehr dynamischen Arbeitsumfeld bewegen. Zum Beispiel, wenn ein Team in einem Projekt schnell auf Kundenwünsche reagieren muss.
Statt eines starren Zeitplans empfiehlt sie deshalb, sich lediglich einen Leitfaden für die zeitliche Verteilung der wichtigen Aufgaben zurechtzulegen. Der lässt Freiraum für spontan aufpoppende Themen. Zudem sollte man sich Zeit zum Nachdenken einplanen, um auf kreative Ideen zu kommen.
Pausen im Arbeitstag sind wichtig
Gerade wer viel zu tun hat, vergisst manchmal die Pausen. Dabei sind sie laut Nussbaum entscheidend für die Produktivität, denn sie helfen, den Kopf frei zu bekommen und neue Energie zu sammeln. Das fördert die Konzentration, was wiederum zu besserer Leistung führt. „Wer mehr schaffen will, darf weniger tun und sich besser erholen“, sagt Nussbaum.
Zeitmanagement-Experte Seiwert empfiehlt, nach eineinhalb Stunden Arbeit immer eine Pause von fünf bis zehn Minuten einzulegen. „Das hilft, die Konzentration aufrechtzuerhalten und Müdigkeit zu vermeiden“, sagt er. Außerdem sollte es mindestens eine längere Pause am Tag geben, zum Beispiel mittags, in der der Kopf richtig abschalten kann.
Prioritäten helfen bei der Konzentration
„Prioritäten sind das Herzstück eines effektiven Zeitmanagements“, sagt Seiwert, quasi „die Königsdisziplin“. Wer klare Prioritäten setzt, vermeidet, dass weniger dringende Aufgaben den Tag bestimmen.
Seiwert rät hier zur sogenannten ABC-Analyse. A-Aufgaben sind kritisch und müssen sofort erledigt werden. B-Aufgaben hingegen sind wichtig, aber nicht dringend. Und C-Aufgaben haben die geringste Priorität.
Je nach Priorität lassen sich die Aufgaben dann abarbeiten. So gelinge es, sagt Seiwert, sich auf die Themen zu konzentrieren, die den größten Einfluss auf die eigenen Ziele haben, und gleichzeitig Stress zu vermeiden.
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Lernen Sie zu delegieren
Zu einem effizienten Zeitmanagement gehört laut Seiwert auch, Aufgaben abzugeben, die nicht unbedingt von einem selbst erledigt werden müssen. Gerade für Führungskräfte sei das entscheidend. „Effektive Delegation erfordert zunächst eine sorgfältige Auswahl der Aufgaben, die delegiert werden können“, sagt Seiwert. Das heißt: Im ersten Schritt gilt es, sich zu überlegen, welche Aufgaben andere auch erledigen können.
Dann sollte die Aufgabe präzise formuliert und die Erwartungen klar sein. Wichtig ist laut Seiwert, alle notwendigen Informationen und Ressourcen weiterzugeben, dann aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch die Freiheit zu geben, ihre Arbeit selbstständig zu erledigen. „Kontrollieren Sie regelmäßig den Fortschritt und bieten Sie Unterstützung an“, sagt der Experte. Feedback sei ebenfalls essenziell.
So stärken Sie Ihre Selbstdisziplin
Um dauerhaft effizient zu arbeiten, ist viel Selbstdisziplin nötig. Ohne sie wird es schwer, Prioritäten zu setzen, Pläne einzuhalten und Ablenkungen zu vermeiden, sagt Seiwert.
Um das Durchhaltevermögen zu stärken, rät er, sich klare, erreichbare Ziele zu setzen, diese aufzuschreiben und regelmäßig zu überprüfen. Wichtig sei hier, sich auf kleine, erreichbare Veränderungen zu konzentrieren. „Belohnen Sie sich für das Erreichen von Zwischenzielen“, sagt er. Nur so bleibe man motiviert.
Eine gute Übung sei es, nur einmal am Tag in Social-Media-Kanäle zu schauen. „Die sind zwar nett und unterhaltsam, aber weitgehend überflüssig.“
Digitale Tools: So erleichtern Sie Ihren Alltag
Mittlerweile gibt es auch viele digitale Tools und Apps, um das eigene Zeitmanagement zu verbessern. Mit Onlinediensten wie Trello oder Asana lassen sich Projekte visuell organisieren und flexibel planen. „Sie ermöglichen es, Aufgaben in Boards und Listen zu organisieren und den Fortschritt im Team zu verfolgen“, sagt Seiwert.
Zur eigenen Terminplanung nutzt der Experte den Kalender von Google. Zur Ergänzung empfiehlt er Produktivitätsmesser wie die App Rescue Time, die dabei hilft, Zeitfresser zu identifizieren, indem sie die Nutzung von Smartphone und Laptop trackt und auswertet. Weitere nützliche Tools seien Notiz-Apps wie Evernote oder Onlinemusikbibliotheken, die Musik anbieten, um die Konzentration zu verbessern.
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