So schaffen Sie den Karrieresprung in der eigenen Firma
Karriere beim alten Arbeitgeber kann eine Alternative zum Wechsel sein – Gehaltssprung inklusive. Experten erklären, worauf es ankommt, und geben Tipps fürs Formulieren der Bewerbung.
Düsseldorf. Jeder dritte Berufstätige in Deutschland ist an einem neuen Job interessiert. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Karriere-Netzwerks Xing.
Gelegenheit dazu bietet sich nicht nur durch einen Arbeitgeberwechsel. Immer öfter ergeben sich Um- und Aufstiegschancen im eigenen Unternehmen.
Ob Autohersteller, Chemieproduzent oder Tech-Unternehmen, auch wenn Firmen gerade vielfach Beschäftigte entlassen, schaffen sie oft in anderen Bereichen neue Stellen. Für Kandidaten sind daher Karriere- und Gehaltssprünge drin, selbst wenn sie nicht alle Kriterien erfüllen.
Für viele wirkt das auf den ersten Blick praktisch. Immerhin braucht es keinen Umzug und wenig Einarbeitung. Auch die Kolleginnen sind schon bekannt. Der Kölner Karrierecoach Bernd Slaghuis jedoch warnt: „Das ist kein Selbstläufer.“
Gerade interne Kandidatinnen und Kandidaten würden den Auswahlprozess unterschätzen. Dabei ähnele er häufig dem Verfahren für externe Bewerber, erklärt Slaghuis. Kandidaten könnten sich also leicht disqualifizieren, wenn sie nur einen Dreizeiler verfassen, weil sie denken: „Die kennen mich doch seit fünf Jahren hier.“
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Laut dem Experten müssen sie damit rechnen, von unbekannten Personalmanagern, Fachvorgesetzten oder sogar Psychologen befragt zu werden. Diese würden alle Kandidaten miteinander vergleichen. So kann eine sorgfältige Vorbereitung gelingen.
Interne Bewerbung: Wie Sie neue Chancen erkennen
Ein regelmäßiger Blick auf die interne Stellenbörse lohnt sich, im Werksumfeld per Aushang, meist aber elektronisch. Eine weitere Möglichkeit ist der Flurfunk. „Je früher Wechselwillige von einer internen Chance erfahren, umso besser“, sagt Bewerbungsexperte Slaghuis. Dann bleibt mehr Zeit, um herauszufinden, ob nicht nur der Inhalt der Stelle, sondern auch der neue Chef und das Team passen.
In Zeiten von Homeoffice ist mehr Eigeninitiative gefragt. Jutta Rump, Professorin für Personalmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen, sagt, das lohne sich mit Blick auf die kommende Verrentungswelle ganz besonders. Sie empfiehlt, sich die Altersstruktur im Unternehmen anzusehen. Wo geht in absehbarer Zeit ein Babyboomer in attraktiver Position in Rente?
Rump sagt: „Unterhalten Sie sich mit ihm oder ihr über die persönlichen Zukunftspläne, erkundigen Sie sich, ob es bereits eine Nachfolgeplanung gibt. Falls nicht, versuchen Sie ihn als Fürsprecher zu gewinnen.“ Der Vorteil für Arbeitgeber: So geht kein Wissen verloren.
KI hilft Bewerbern, interne Jobs zu entdecken
In einigen Unternehmen wie Vodafone, Telefónica oder der Deutschen Bahn unterstützt inzwischen Künstliche Intelligenz (KI) Beschäftigte dabei, neue Jobchancen beim aktuellen Arbeitgeber zu entdecken. Telefónica-Personalvorständin Nicole Gerhardt sagt: „Ziel ist es, die Mobilität innerhalb der Belegschaft zu fördern.“
Wer der KI seine Kompetenzen oder auch sein LinkedIn-Profil zugänglich macht, dem schlägt sie passende Vakanzen vor. So wechselt zum Beispiel eine HR-Referentin ins Transformationsmanagement oder ein Callcenter-Mitarbeiter steigt zum Datenanalysten auf.
Bewerbungsunterlagen: Prüfen, was genau verlangt wird
Die klassische Bewerbung besteht aus einem Anschreiben und einem Lebenslauf. Was interne Kandidaten einreichen sollen, hängt vom jeweiligen Unternehmen ab. Karrierecoach Slaghuis sagt: „Falls Sie unsicher sind, erkundigen Sie sich bei Ihren Kollegen von der Personalabteilung.“ Das zeige zudem, dass der interne Bewerber bereichsübergreifend mitdenke.
Zwar verlangen immer weniger Arbeitgeber ein Anschreiben. In kleineren Betrieben oder bei Vorgesetzten, die man gut kennt, reicht der Lebenslauf. Aber gerade in größeren Firmen kennt der Personalmanager nicht jeden internen Bewerber persönlich – und so hat das Anschreiben seine Berechtigung.
Anschreiben: Beispiele für Formulierungen
Falls es gewünscht ist, rät Slaghuis Bewerbern zur konsequenten „Hin zu“-Strategie: verdeutlichen, warum sie ihren nächsten Karriereschritt machen wollen. Welchen Mehrwert bieten sie der Firma in der neuen Funktion? Und welche Qualifikationen bringen sie mit?
Ein Formulierungsbeispiel:
„Ich war zuletzt drei Jahre lang im Finanzwesen tätig. Meine bisherige Aufgabe war erfüllend, doch nun möchte ich mich weiterentwickeln. Mein Wissen und meine hier gewonnene Erfahrung, speziell in meinem aktuellen Projekt zur Automatisierung der Rechnungsverarbeitung, halte ich für sehr wertvoll für die ausgeschriebene Stelle im Controlling.“
Slaghuis rät zudem: „Unterstreichen Sie außerdem, warum Sie beim bisherigen Arbeitgeber bleiben wollen.“ Eine gute Begründung könnte sein:
„Ich schätze die Kultur des respektvollen Miteinanders und möchte den spannenden Transformationsprozess gern weiterbegleiten.“
Lebenslauf: Überarbeitung lohnt sich
Wichtiger als das Anschreiben ist der tabellarische Lebenslauf. Er ist übersichtlich und fasst den beruflichen Werdegang auf maximal zwei DIN-A4-Seiten zusammen.
Die Personalabteilung hat zwar die grundsätzlichen Daten und eventuellen Zwischenzeugnisse eines internen Bewerbers in der Personalakte. Mit einer aktuellen Fassung können Beschäftigte jedoch ihre neuen Kompetenzen und Erfahrungen dokumentieren.
Kandidaten sollten dazu ihre Schlüsselprojekte und Tätigkeiten erläutern und erwähnen, welche Budget- und Führungsverantwortung sie haben. „Dabei sollten Sie vor allem die Erfolge aufzeigen, die die Eignung für die neue Stelle betonen“, ergänzt Slaghuis.
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Vorstellungsgespräch: Chance nutzen, selbst Fragen zu stellen
Ein Bewerbungsgespräch mit Kollegen hat Vor- und Nachteile: Beide Seiten kennen die Unternehmensstrukturen und die Entscheider an der Spitze. Karriereexperte Slaghuis betont, dass es trotz kollegialen Miteinanders ein Vorstellungsgespräch bleibe. Er rät daher: „Niemals lästern.“
Ein Bewerber sollte am besten gleich auf die eigenen Bedürfnisse zu sprechen kommen:
„Ich war drei Jahre lang im Bereich von Herrn Müller. Das war spannend, ich habe viel gelernt. Jetzt möchte ich mehr Verantwortung übernehmen.“
Im weiteren Gespräch sollten Kandidaten ihre fachliche und persönliche Entwicklung aufzeigen und die bisherigen Leistungen auch mit konkreten Erfolgen untermauern können.
Slaghuis betont, dass „ein Bewerbungsgespräch darüber hinaus auch dem Selbstschutz dient“. Damit der mögliche neue Job wirklich passt, sollten Kandidaten genau hinschauen: Wie tickt die neue Chefin? Wie arbeitet ihre Abteilung?
Im Gespräch eignen sich Fragen wie:
„Was schätzen Sie besonders an den Menschen in Ihrem Team?“
„Welche Herausforderungen warten in den nächsten Monaten auf Sie und Ihre Beschäftigten?“
„Wie wollen Sie diese lösen?“
Setzt der Chef tatsächlich Ziele und lässt das Team dann selbst machen, oder ist er eher ein Kontrollfreak? Entscheidend ist der anschließende Realitätscheck – zum Beispiel durch einen Anruf bei den künftigen Teammitgliedern.
Gehaltsverhandlung: „Heimvorteil“ geschickt nutzen
Wer lediglich sein Gehalt maximieren will, für den sei der interne Jobwechsel nicht ideal, weiß der Karrierecoach. Ein Arbeitgeberwechsel führe in der Regel zu einer besseren Verhandlungsposition.
Aber für die Verhandlung kommt es auf gute Vorbereitung an. „Machen Sie sich schlau zum aktuellen Marktpreis der neuen Position, gleichen Sie ihn mit dem internen Gehaltsgefüge ab und treten Sie dann mit dieser Forderung in die Verhandlungen ein“, so Slaghuis.
Zudem sollten Kandidaten ihren „Heimvorteil“ finanziell bewerten, rät der Experte: „Machen Sie dem Personalverantwortlichen bewusst, wie viel Geld das Unternehmen dadurch spart, dass Sie sofort verfügbar sind und Sie nur wenig Einarbeitungszeit brauchen.“
Interne Bewerbung: So informieren Sie Ihren bisherigen Chef über den Wechsel
Den Vorgesetzten über die Wechselabsichten zu informieren ist heikel. Das Dilemma: Informiert man frühzeitig, könnte die Führungskraft denken, man mache auf der aktuellen Position keinen guten Job mehr. Sagt man erst etwas, wenn die internen Gespräche schon begonnen haben, könnte der Chef das als Vertrauensbruch werten.
Je nach Persönlichkeit des Chefs drohen Konsequenzen – erst recht, wenn der Wechsel nicht klappt. Laut Slaghuis ist die Sorge berechtigt, dass der Wechselwillige dann mit unliebsamen Aufgaben abgestraft oder vom Team ausgegrenzt wird.
Ist das Verhältnis generell angespannt, rät der Experte zur Diskretion: „Die Führungskraft könnte ihre Kontakte dazu nutzen, den Wechsel zu verhindern. Hier müssen Bewerber abwägen.“
Deutlich einfacher ist es bei einem vertrauensvollen Umgang im Team. Bewerber können zum Beispiel sagen:
„Ich möchte mich weiterentwickeln oder mehr Verantwortung übernehmen, aber unserem Unternehmen treu bleiben.“
Bei einer guten Beziehung können Bewerber die Chefin auch mit einbeziehen. Vielleicht könne sie ein gutes Wort beim künftigen Vorgesetzten einlegen oder eine Empfehlung schreiben, so der Kölner Karrierecoach. Er rät dazu, womöglich auch gemeinsam zu besprechen, wann ein guter Zeitpunkt für den Wechsel wäre.
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