So stärkst du deine Fehlerkompetenz! Spoiler: Nicht, indem du Fehler vermeidest

Wie Du gemeinsam mit Deinem Team zu 100 Prozent zu Fehlern stehst, dadurch mehr lernst und die Performance Deines Teams steigerst.

In diesem Blog-Impuls geht’s wieder ums „Fehlervermeiden“. VOR ALLEM geht’s aber zunächst darum, offen mit Fehlern umzugehen. DAS ist die Bedingung dafür, dass wir dann im zweiten Schritt – nachdem wir offen über diese Fehler gesprochen haben – sie zukünftig vermeiden.

Ganz konkret schauen wir uns an: Wie kannst Du gemeinsam mit Deinem Team zu 100 Prozent zu Fehlern stehen, dadurch mehr lernen und die Performance Deines Teams steigern?

Und Du erfährst auch, warum es äußerst wertvoll sein kann, seinen Laptop im ICE liegen zu lassen – auch wenn ich Dir dieses Verhalten grundsätzlich nicht empfehle.

Psychologische Sicherheit erhöhen – Fehler erhöhen

Wir starten mit drei Tipps, um die Feedback- und Fehlerkultur in Deinem Team zu steigern.

Fehler-Kultur Tipp 1

Sprich einmal pro Monat im Team-Meeting über Deinen größten Fehler des Monats und was Du daraus gelernt hast. Vielleicht wirst Du Dir beim ersten Mal noch etwas merkwürdig dabei vorkommen, aber es ist ein klares Signal „Wir sprechen hier im Team offen über alle Fehler. Hier wird nichts vertuscht.“

Diese Fehlervorstellung dauert nur 60 Sekunden. Nicht länger. Das reicht schon aus, um Deinem Team ein klares Zeichen zu senden. Entscheidend ist, diese Fehlervorstellung jeden Monat zu wiederholen.

Ab Monat zwei macht einer Deiner Mitarbeitenden mit. Ebenfalls nur 60 Sekunden.

Für den Fehler des Monats gilt: Der Fehler benötigt eine gewisse Größe. Wenn Du nur vergessen hast, einen Rechtschreibfehler in einer E-Mail zu korrigieren, ist das zu banal. Und eine Million versenkt zu haben, ist auch kein Muss. Irgendetwas dazwischen ist sinnvoll.

Fehler-Kultur Tipp 2

Du lässt Dir von Deinem Team einmal pro Jahr ein Feedback geben für Deine Führungsqualität. Im Anschluss definierst Du konkrete Umsetzungspunkte für Dich und lässt Dich alle drei Monate überprüfen, wie gut Du diese Dinge schon umgesetzt hast.

Für einen solchen Feedback-Workshop empfehle ich Dir eine neutrale Moderation, damit Deine Mitarbeitenden sich wirklich trauen, alles zu sagen.

Und wichtig ist, alle drei Monate nach dem Feedback Deine Verbesserung zu überprüfen.

Wenn Du für diesen Prozess einen Moderator suchst, dann meld Dich gern bei mir.

Fehler-Kultur Tipp 3

Jeder im Team fragt alle zwei Monate eine Kollegin, mit der er regelmäßig innerhalb oder außerdem des Teams zusammenarbeitet: „Was kann ich tun, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern?“ Eine direkte Frage nach Feedback.

Am Ende dieses Gesprächs vereinbaren die beiden Kollegen, was genau nun die Umsetzungsmaßnahmen sein werden, um die Zusammenarbeit zu verbessern.

Drei Monate später findet ein kurzer Folgetermin statt, in dem die beiden die Umsetzung überprüfen.

Die Harvard-Professorin Amy Edmondson und die Fehlerkultur

Die Harvard-Professorin Amy Edmondson forscht seit 30 Jahren zum Thema Fehlerkultur. Amy fasst eine gesunde Feedback- und Fehlerkultur unter dem Begriff „Psychologische Sicherheit“ zusammen.

Psychologische Sicherheit bedeutet einen offenen Austausch über Meinungen, Beobachtungen, Fehler in allen und zwischen allen Hierarchie-Ebenen. Die Folge ist eine offene Kommunikation über Fehler und im zweiten Schritt verstärktes Lernen aus Fehlern.

Das – zunächst – verblüffende an Amy Edmondsons Studien: Teams, die gut zusammenarbeiten, machen mehr Fehler als solche Teams, mit qualitativ schlechterer Kommunikation und schlechterem Team-Zusammenhalt.

Scheinbar.

Denn Teams, die richtig gut funktionieren, sprechen offen über ihre Fehler und deshalb scheint es so, als würden diese Teams mehr Fehler machen. Das Gegenteil ist der Fall. Funktionierende, offen kommunizierende Teams lernen aus Fehlern mehr, weil sie Fehler häufiger publik machen und sich mehr darüber austauschen.

Schlechter zusammenarbeitende Teams sprechen nicht offen über Fehler, verschweigen oder vertuschen ihre Fehler sogar, was zu deutlich weniger Lernen aus Fehlern führt.

Der Grund ist glasklar: Fehler werden in guten Teams nicht bestraft, sondern als „Teil des Spiels“ akzeptiert und genutzt, um daraus zu lernen für die Zukunft.

Das falsche Engagement manifestiert Fehler

Eine weitere Erkenntnis in Amy Edmondsons Arbeit: Positiv gemeinte Workarounds sind häufig kontraproduktiv. Denn ein Mitarbeiter findet zwar spontan eine Lösung für ein Problem – etwa wenn er sich bei mangelndem Materialnachschub einfach von der Nachbarabteilung aushelfen lässt –, doch das tatsächliche Problem, warum die eigene Abteilung zu wenig Nachschub hatte, wird nicht gelöst. Der Workaround manifestiert also das Problem.

Deshalb sind gute Teams richtig heiß darauf, von Fehlern zu hören, um Prozesse zu optimieren und so die Qualität der Leistungserstellung immer mehr zu verbessern.

Warum ich mich freue über das Verlieren meines Laptops im ICE

Zurück zu meinem Laptop, den ich im ICE verloren hatte … davon hab ich in meinem letzen XING-Artikel erzählt. Sehr blöde Geschichte.

ABER: Warum bin ich heute froh, meinen Laptop vergessen zu haben?

Vielleicht war das eins der besten Dinge, die mir seit Langem passiert sind. Denn kaum hatte ich den Verlust bemerkt, da ruft mich schon der freundliche und ehrliche Finder auf meinem Handy an. Er hatte recherchiert, wem der Laptop gehört, und meine Handynummer online gefunden. Wir haben dann zwei Übergabeoptionen diskutiert und uns nach zwei klärenden Gesprächen mit der Deutschen Bahn auf eine persönliche Übergabe in Recklinghausen geeinigt. Was war ich happy!

Ich habe folgende Grundüberzeugung: Alles, was mir passiert, ist immer für irgendetwas gut. Das Leben arbeitet immer für mich. In diesem Fall glaube ich, dass der Verlust mir helfen wird, auf meine persönlichen Wertgegenstände, wie Handy, Laptop und Brieftasche künftig besser aufzupassen. Da brauchte ich wohl einen Anstupser, der mich wieder konzentriert und achtsam macht.

Uli, der ehrliche Finder, hat sich seinen Finderlohn verdient. Obwohl Uli den Finderlohn erst gar nicht haben wollte, bestand ich darauf. Aus zwei Gründen: Erstens hatte er sich mit seiner Ehrlichkeit eine Anerkennung verdient. Ich hatte nach den zwei kurzen Telefonaten ein sehr gutes Gefühl, dass Uli eine ehrliche Haut ist. Zweitens wollte ich diese 50 Euro bezahlen, damit die ganze Sache auch ein bisschen schmerzhaft für mich sein würde. Sonst lerne ich nachher zu wenig draus und bin doch wieder unkonzentriert im ICE unterwegs.

Dein Job als fehlermachende Führungskraft

Noch mal zurück zu Dir und den Fehlern in Deinem Unternehmen. Wie ist die Einstellung zu Fehlern in Deinem Team beziehungsweise Deiner Abteilung? Wie offen, wertschätzend und direkt sprecht ihr über Eure Fehler? In alle Richtungen? Die Fehler- und Feedbackkultur ist einer der Punkte für loyale oder für kündigende Mitarbeitende. Da jedem im Team Fehler passieren, ist ein offener, wertschätzender Umgang damit essenziell.

Vor wenigen Jahren durfte ich eine Entwicklungsabteilung coachen. Die lagen doch tatsächlich beim Thema Fehler- und Feedbackkultur bei nur 60 Prozent. Und das in einem innovativen Bereich, in dem bekanntlich Fehler an der Tagesordnung sind! Wenn Du nicht fehleroffen und fehlertolerant bist bei intelligenten, wertvollen Fehlern im Innovationsbereich, dann wirst Du nicht sehr innovativ sein. Jedenfalls nicht so innovativ beziehungsweise erfolgreich, wie es für Dich und Dein Team möglich wäre.

Ausprobieren und Scheitern gehört nicht nur bei Entwicklungsabteilungen zum Tagesgeschäft. Fehler sind eine Chance für Verbesserungen. Das gilt für alle Bereiche im Unternehmen.

Tipp vier: Die direkte Fehlerkultur-Challenge

Der vierte Tipp in diesem Impuls, um noch besser mit Fehlern umzugehen in Deinem Team:

Lass alle im Team ihre Zustimmung zu folgender Aussage auf einer Skala von 1 bis 10 benennen:

„Wir sprechen offen über Fehler in allen Richtungen in unserem Team. Unter Kollegen. Zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Wir lernen offen und konstruktiv daraus.“

Und dann frag noch:

„Was ist schon gut?“, und „Was fehlt in Richtung einer 10?“

Auf Basis dieser Antworten entwickelst Du zwei bis drei Maßnahmen, um Deine Fehlerkultur zu stärken.

Unternehmen benötigen eine gesunde Fehlerkultur. Ja, niemand will Fehler machen. Aber: Wir werden immer Fehler machen. Fehler sind Teil des Spiels. Wer viel arbeitet, macht viele Fehler.

Dein Umgang mit Fehlern ist entscheidend für Deinen Führungserfolg.

Was nimmst Du aus dem Artikel für Dich und Deinen Führungserfolg mit?
Ich freue mich, von Dir und Deinen Fehlern zu hören!

Erfolgreiches Fehlermachen für Dich und Dein Team!

Führen wie ein Löwe!

Dein Markus Jotzo


Folg mir gern auf LinkedIn und Insta für weitere Tipps.

Wenn Du Dein Team auf ein höheres Level bezüglich Fehler- und Feedbackkultur bringen möchtest, dann meld Dich gern bei mir. Gern coache ich Dich oder Dein Team für dieses erfolgsentscheidende Thema.

Meinen Kontaktdaten findest Du in den Shownotes und auf meiner Homepage www.markus-jotzo.com

Markus Jotzo schreibt über Wirtschaft & Management, Bildungswesen, Job & Karriere, Personalwesen

Markus Jotzo. Autor, Redner und Trainer für Führung. Seit 2005 provoziert und unterstützt er Führungskräfte in Deutschland und weltweit. Sein Podcast heißt "Führen wie ein Löwe". Mit seinem Blog, seinen Büchern, Reden, Seminaren und Artikeln inspiriert er Menschen in über 15 Ländern.

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