So tickt ein Unicorn-Investor: Wie auch Sie Trends, Risiken und Chancen zu Ihrem Vorteil nutzen.
Daniel Gutenberg hat eine erstaunliche Erfolgsbilanz als Business Angel und Investor. Er investierte früh in Facebook oder in herausragende Start-ups wie Israels Mobileye, das 2017 von Intel für über 15 Milliarden Dollar erworben wurde. Daniel ist ein herausragender Investor mit dem Gespür für „Unicorns“ – den raren Start-ups, welche eine Bewertung von über 1 Millarde Dollar erreichen. Viele Investoren wären glücklich, einmal in ihrer Karriere ein Unicorn zu erwischen. Daniel hat mehr als zehn davon in seinem Portfolio!
Dieser Artikel handelt davon, wie Daniel Risiken und Chancen einschätzt, wie er Trends erkennt und kritisch analysiert und was Investieren mit Surfen zu tun hat. Unter anderem war Daniel nämlich auch einmal Surf-Lehrer auf Hawaii.
"Liefere die Schaufeln für den Goldrausch."
Bevor er Business Angel wurde, war Daniel Unternehmer und hatte vor der Jahrtausendwende Erfolg als One-Stop-Shop für alle, die ein Internet-Unternehmen starten wollten. Daniel meint, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, als er einen Brief an die damals noch kleine Firma mit dem Namen Netscape Communications schrieb. In diesem Brief schlug er Netscape vor, deren Vertriebspartner für Europa und die Schweiz zu werden. Netscape war einer der ersten Internetbrowser und mit dieser Partnerschaft wurden Daniel und seine Firma zum Hauptvertriebspartner der Schaufeln, die während des ersten Internet-Goldrausches benötigt wurden.
Glück und Training
Kurz vor dem grossen Dotcom-Crash im Jahr 2000 verkaufte Daniel sein Unternehmen und beschloss, VC und Business Angel zu werden. Es war nicht das erste und letzte Mal, dass Daniel von glücklichen Umständen profitierte. Auch bei einem der führenden israelischen Start-ups namens Mobileye investierte Daniel früh und profitierte reichlich, als Intel das Unternehmen Anfang 2017 für über 15 Milliarden Dollar übernahm. Hören Sie sich die Podcast-Episode an, um die erstaunliche Geschichte zu hören, wie Daniel die Gründer von Mobileye durch Zufall kennengelernt hat.
Ist Daniel also nur ein Glückspilz? Mitnichten. Er hat die richtige Einstellung, um sein Glück zu nutzen und glückliche Umstände zu fördern. Daniel sagt es mit Hilfe eines Zitats von Tiger Woods: "Je mehr ich trainiere, umso mehr Glück habe ich.“ Und Daniel trainiert viel: Er liest tonnenweise Blogs, Bücher, Businesspläne, trifft viele kluge Köpfe und bleibt offen für Chancen, die sich jederzeit und überall eröffnen können.
Magnituden, nicht Margen
Um Chancen und Opportunitäten zu analysieren und zu bewerten, denkt Daniel wie ein Ingenieur, nicht wie ein Geschäftsmann. Er denkt in Magnituden, nicht in Margen. Wenn eine neue Technologie unmöglich erscheint, ist das für Daniel in Ordnung, solange die Technologie 100 Mal besser sein wird als die der Konkurrenz, wenn sie tatsächlich funktionieren sollte. Oder wie die polarisierende Silicon-Valley-Ikone Peter Thiel sagen würde: "Wettbewerb ist für Verlierer." Ich empfehle Ihnen, Thiels Buch "Zero to One" zu lesen.
Daniel geht keine Risiken ein, die inherent in den Geschäftsmodellen begründet sind oder von regulatorischen Entscheidungen abhängen. Er ist hingegen gerne bereit, Risiken einzugehen, die mit den Teams und Technologien zu tun haben, in die er investiert. Im Falle von Mobileye erkannte Daniel, dass die Technologie des Startups in der Lage ist, Autos die Möglichkeit zu geben, ihre Umgebung viel kostengünstiger zu analysieren als andere Technologien, die auf dem Markt verfügbar sind. Das ist ein essentieller Baustein für die Zukunft des autonomen Fahrens. Selbst wenn er sich nicht sicher sein konnte, ob Mobileye erfolgreich sein wird, wusste Daniel, dass sie, wenn sie es schaffen sollten, jeder anderen Technologie auf dem Markt weit überlegen sein würden.
Selbstständig denken
Daniel denkt selbstständig und lässt sich nicht von Mainstream-Meinungen irritieren. Wenn Sie sich in den letzten Jahren die autonomen Fahrzeug-Prototypen von sehr mächtigen Unternehmen wie Google (resp. Waymo) und Uber betrachtet haben, haben Sie gesehen, dass sie oftmals mit riesigen und teuren Sensoren beladen waren. Diese Sensorik kostete zehntausende von Dollars und machte autonome Fahrzeuge mit dieser Technologie unerschwinglich für den Otto-Normal-Konsumenten. Die Technologie von Mobileye hat das geändert, weil sie um ein x-faches günstiger Fortschritte liefern konnte.
Das Beispiel zeigt, dass Daniel mutig genug war, gegen die Einschätzungen von Unternehmen wie Google oder Uber zu wetten. Darüber hinaus war die für den Erfolg von Mobileye notwendige Rechenleistung zum Zeitpunkt von Daniels Investition noch gar nicht verfügbar. Genauso wie ein guter Fussballer dorthin rennt, wo der Ball sein wird, wusste Daniel, dass die Chancen hoch waren, dass die Rechenleistung steigen würde und sie eines Tages den Punkt erreichen würde, an dem die Technologie von Mobileye funktionieren kann - und das tat sie letztlich auch. Ende 2017 hatte Mobileye bereits einen Marktanteil von 80%!
Damit Daniel solche Entwicklungen vorhersehen kann, liest er viele Blogs wie TechCrunch, Meinungsstücke von Peter Diamandis oder Ray Kurzweil, er kuratiert seinen Facebook- und Twitter-Feed, um Meinungsführer für relevante Technologien angezeigt zu bekommen usw. Anders formuliert: Daniel sorgt dafür, dass wichtige Informationen automatisch den Weg zu ihm finden.
30 Sekunden
Von den Hunderten von Startup- und Investitionsanfragen, die ihren Weg in Daniels Email-Inbox finden, vertieft er maximal 5 potentielle Investments pro Jahr. Wie schafft er es, aus hunderten Ideen und Teams die besten herauszufiltern? Lassen Sie mich vier von zahlreichen Faktoren hervorheben, die Daniel bei der Bewertung einer Anfrage berücksichtigt.
Zuerst betrachtet Daniel die Denkweise der Gründer und vor allem, wie ehrgeizig und leidenschaftlich sie sind und ob sie tatsächlich ein Problem lösen und die Welt zu einem besseren Ort machen wollen oder ob sie in erster Linie nur eine Visitenkarte besitzen wollen, auf der "Gründer und CEO" geschrieben steht.
Wenn er den Business Case innerhalb von 30 Sekunden nicht versteht, wird er nicht investieren. Wenn er als gut informierter Investor nicht in der Lage ist, das Geschäft in 30 Sekunden zu verstehen, warum sollte ein Kunde oder Geschäftspartner es dann verstehen? Und wenn es schwierig ist, das Wertversprechen eines Unternehmens zu vermitteln, werden diese Unternehmen kaum eine Chance haben.
Daniel löscht jeden Business Plan aus seiner Inbox, der voller grammatikalischer Fehler ist, u.a. weil das darauf hindeutet, dass das Start-up nicht sein Bestes gibt.
Obwohl Daniel themenunabhängig investiert, surft er gerne auf einer langfristigen Hype-Welle wie z.B. jener von Künstlicher Intelligenz oder Blockchain, weil das dem Start-up das Leben leichter macht, Talente und Partner zu finden, das Intresse am Markt erhöht wird usw.
Surfen gehen
Daniel weiss wie man Wellen reitet, da er ein paar Jahre als Surf-Lehrer auf Hawaii gearbeitet hat. Wie beim Surfen kommt man auch als Investor und Unternehmer weiter, wenn man die richtige Welle erwischt und gut reitet. Um die richtigen Wellen immer wieder zu fangen, muss man im Wasser sein, nass werden, viele Wellen ausprobieren und sie nicht nur aus der sicheren Distanz des Strandes beobachten.
Bevorstehende Wellen: "Schulen sind kaputt"
Daniel ist überzeugt, dass das Bildungssystem früher oder später von einer hohen Welle erfasst werden wird. "Schulen sind völlig kaputt" und müssen neu erfunden werden. Daniel ist mit seiner Meinung nicht allein: Das Weltwirtschaftsforum WEF vermutet, dass bis 2030 das grösste Internetunternehmen auf dem Bildungsmarkt tätig sein könnte.
Die Art und Weise, wie wir unterrichten, wird "180 Grad anders" sein, meint Daniel, der selber Vater von Kindern im schulpflichtigen Alter ist. Der Theorieteil wird zu Hause gelernt, anstatt in der Schule. Die heutigen Hausaufgaben hingegen - Theorie anwenden und Probleme lösen - werden in der Schule mit Mitschülern und Lehrern erledigt.
Aber was sollen Kinder heute lernen angesichts der Digitalisierung, Automatisierung usw.? Hören Sie sich den Podcast an, um zu erfahren, welche Fähigkeiten Daniel am wichtigsten findet, um fit für die Zukunft zu sein.
Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung des angeregten Gesprächs mit Unicorn-Investor Daniel Gutenberg. Sie können sich die spannende Unterhaltung in voller Länge bequem als Podcast anhören.