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11.1.2024

Miese Meetingmarathons? Diese 6 Formate stehlen dir keine Zeit

Gut gemachte Meetings sind weder Zeitfresser noch Schmerzpunkte des Miteinanders, sondern Highlights organisationaler Intelligenz. Zugleich sind sie Gradmesser für das Überleben am Markt. Denn Entscheidungen, die für die Zukunft maßgeblich sind, fallen ja meistens in Meetings. Wem also die besseren Meetings gelingen, ist fortan weit vorn mit dabei.

Alle sind sich mal wieder einig, nachher, in der Kaffeeküche. Das Meeting war ätzend: das übliche Geschwafel, peinliche Plänkeleien, vertagte Entscheidungen, weitläufiger Frust. Die Wichtigtuer gaben wie immer den Ton an – und die Bedenkenverbreiter die Marschrichtung vor. Diejenigen aber, die das Schaulaufen hassen, die sich rein der Sache verpflichten und fortschrittliche Lösungen favorisieren, die wurden wieder untergebuttert.

So geht das nun schon seit Jahren. Muss man das fatalistisch ertragen? Nein, muss man nicht. Meetingmarathons, Endlosdebatten und Ergebnisarmut sind reinste Verschwendung. Dafür hat niemand noch länger Zeit.

Höchste Zeit also, Meetings zu optimieren und Besprechungen effizienter zu machen. Aber wie? Im ersten Schritt wird das Bestehende hinterfragt: Anzahl, Form, Inhalt, Ort, Teilnehmende, Dauer, alles kommt auf den Prüfstand. Das Ziel ist klar: Meetings müssen Ergebnisse bringen, vor allem schnelle, gute Entscheidungen, damit der Sprung in die Zukunft gelingt. Ergo: Die Zeit wird gestrafft.

Ins Meeting darf nur, wer zum jeweiligen Thema einen Beitrag leisten kann. Unnötiges wird rigoros ausgemistet. Notwendiges wird optimiert. Neues wird ausprobiert. Und die Transaktionskosten, die durch schlechte Meetings entstehen, werden berechnet.

Die sechs nützlichsten Meetingformate

In einer komplexen Welt gibt es nicht „die eine“ Vorgehensweise, die man wie früher über die gesamte Organisation ausrollen kann. Das gilt auch für Meetings. Es braucht ein Menü von Möglichkeiten, aus dem man gezielt schöpfen kann. Nicht alles wird in das gleiche Meeting gepackt, und Meetings werden dosierter geplant. Anlassbezogen wählt ihr ein passendes Meeting-Format. Je nach Situation empfehle ich diese:

Strategische Meetings

Ziel strategischer Meetings ist es, Entscheidungen herbeizuführen, die für die Zukunft des Unternehmens von Bedeutung sind. Sie werden vornehmlich in Präsenz und so effizient wie möglich durchgeführt. Wichtigkeitsgetue und Machtrangeleien haben dort nichts zu suchen. Leider sind in strategischen Meetings die Diskussionen oft ausschweifend und werden von den wortgewandten Alphas dominiert. Oder von HIPPOs (Highest Paid Person‘s Opinion). Zustimmung oder Ablehnung dienen oft nicht der Sache, sondern politischen Spielchen.

Zudem sitzen im Boardroom meist nur diejenigen zusammen, die die passenden Titel haben, aber nicht die mit der Expertise. Auch das muss sich ändern. Es ist doch geradezu tragisch, dass die (jungen) Top-Talente, die das strategisch Wesentliche zum Fortschritt eines Unternehmens beitragen und das notwendige Neue einbringen könnten, bei solchen Treffen gar keinen Zutritt haben - weshalb sie bei den zukunftsrelevanten Entscheidungen auch nicht mitwirken können.

Taktische Meetings

Ziel eines taktischen Meetings ist es, gemeinsame Entscheidungen zu treffen, die für das operative Vorgehen einer Gruppe oder eines Teams maßgeblich sind. Dabei gilt es, die Zeit aller so effizient wie möglich zu nutzen. Taktische Meetings werden als Präsenzveranstaltung, virtuell oder auch hybrid, also als Mix aus beidem durchgeführt. Zwei spezielle Rollen und fünf Bausteine sind dabei wesentlich. Diese und den genauen Ablauf erläutere ich in "Bahn frei für Übermorgengestalter".

In jedem Fall wichtig: Nur dann, wenn die Stimmung gut ist und sich jeder wohlfühlt, können großartige Resultate entstehen. Hingegen geht es nicht darum, alle mit Details aufzuhalten, die nur für wenige relevant sind. Reine Informationen können die Runde machen, ohne dass man sich treffen muss. Punkte, die nur für wenige wichtig sind, werden in Einzelgesprächen geklärt. Insofern kommen nur die notwendigen Teilnehmer:innen im Meeting zusammen.

Dailys/Stand-ups

Das sind regelmäßige Zusammenkünfte von circa 15 Minuten, um den Fortschritt der Zusammenarbeit in einem Projekt zu besprechen. Für Bereiche mit reinen Routinearbeiten passen sie nicht. Dailys finden virtuell oder physisch statt, idealerweise zur gleichen Zeit und am gleichen Ort, am besten im Stehen vor einer Aufgabentafel (Taskboard). Jeder hat zwei Minuten Redezeit und beantwortet vorbereitet kurz und knapp folgende Fragen:

  • Was habe ich seit gestern/dem letzten Mal geschafft?
  • Was werde ich heute/bis zum nächsten Mal tun?
  • Was hindert mich bei der Arbeit, wo sind Blockaden?
  • Wie kriegen wir die aus der Welt, damit es weitergeht?

Dinge, die die Arbeit blockieren, werden radikal offengelegt, um sie so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen. Erforderliche Entscheidungen werden gleich vor Ort gefällt, damit die Arbeit rasch weitergeht. Eine große Uhr im Raum sorgt für Zeitdisziplin. Ausschweifende Diskussionen, persönliche Angriffe, Beleidigtsein usw. sind tabu. Nötige Aussprachen finden außerhalb des Meetings im Nachgang statt.

Retrospektiven

Die Retrospektive ist ein äußerst wirkungsvolles Tool, mit dessen Hilfe eine ganze Organisation lernen und sich kontinuierlich verbessern kann. Als Nachbesprechung, Debriefing oder Manöverkritik gibt es das übrigens schon lange. In einem zweckmäßigen Rhythmus wird die Zusammenarbeit reflektiert und gemeinsam überlegt, was zukünftig wie optimiert werden kann. An einer Stellwand visualisiert, bearbeitet ihr diese Fragen:

  • Was lief gut? Haben wir die Ziele erreicht? Wie ging das?
  • Was lief (konstruktiv!) nicht so gut – und wie lief das ab?
  • Wie können wir unsere Arbeitsprozesse weiter verbessern?
  • Was genau nehmen wir uns vor? Und wie läuft das ab?

„Das ist zu aufwändig, dafür fehlt uns die Zeit“, höre ich oft. Solche Aussagen erinnern mich an die Geschichte von dem Holzfäller, der mit einer stumpfen Säge hantiert. „Wollen Sie die nicht mal schärfen“, wird er gefragt. Seine entrüstete Antwort: „Dafür hab ich jetzt keine Zeit. Sehen Sie nicht, wie viel Arbeit noch da ist?!“

Kreativmeetings

Egal, ob es um Bürokratieabbau, digitale Lösungen, innovative Produkte oder kundenfreundlichere Services geht: Zunächst braucht es eine Reihe guter Ideen und dann einen Umsetzungsvorschlag für die favorisierten Optionen. Solche Konzepte werden im Rahmen eines vorgeschalteten Kreativmeetings oder Mikro-Workshops in kleinen Gruppen (3 bis 7 Teilnehmer:innen) so umfassend vorbereitet, dass sie im strategischen oder taktischen Meeting direkt in die Entscheidung gehen können. Auch Kreativmeetings lassen sich virtuell durchführen. Etliche Konferenz-Tools bieten die Möglichkeit, Kleingruppen einzurichten und Gruppenarbeiten zu visualisieren. Virtuell lässt sich der Teilnehmerkreis sogar über die Grenzen des Unternehmens heraus weiten, wodurch ganz neue Chancen entstehen.

Klärungsmeetings

In einem Klärungsmeeting geht es um grundsätzliche Fragen der Zusammenarbeit. Differenzen, Dissonanzen, unausgesprochene Spannungen und zwischenmenschliche Konflikte können zu massiven operativen Reibungsverlusten führen und potenzielle Erfolge komplett zunichtemachen. Deshalb: Störungen gehen vor. Sie gehören in ein eigenes Klärungsmeeting. Ein einfühlsamer, methodensicherer und zugleich neutraler Moderator ist zwingend. Der Zeitrahmen ist offen, weil niemand weiß, was so alles zutage tritt. Offenheit ist Pflicht. Dazu gilt die Vegas-Regel: What happens in Vegas, stays in Vegas. Heißt: Alles, was gesagt wird, bleibt unter uns.

Zunächst werden die anstehenden Probleme besprochen und an einer Pinnwand gesammelt, wobei jeder und jede zu Wort kommt. Die jeweiligen Schwierigkeiten werden sachlich geschildert, ohne dabei Anwesende im Raum taktlos oder herabwürdigend anzugreifen. Vielmehr fragt der Moderator/die Moderatorin nach den Wünschen der Person, die einen Klärungspunkt hat:

  • Wenn es in deiner Macht läge und möglich wäre: Was könnte die Lösung sein?
  • Was würdest du ganz konkret tun? Warum hältst du das für eine ideale Lösung?
  • Was spräche wohl dagegen? Wer oder was könnte den Vorschlag blockieren?
  • Was müsste passieren, damit er umgesetzt wird? Wer oder was könnte helfen?
  • Was könnte eine Notlösung sein, um zumindest ein Stück voranzukommen?

Der Lösungsvorschlag wird an einer Pinnwand notiert, weitere Vorschläge werden gesammelt. Hiernach wird gemeinsam eine Lösung erarbeitet, die zunächst in eine Testphase geht. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen Verhaltenskodex, um Kommunikationsregeln oder um eine Mediation für zwei notorische Streithähne/Streithühner handeln. In einem Folgemeeting wird geklärt, ob die beschlossenen Maßnahmen fruchten oder optimiert werden müssen.

In welcher Art von Meeting fühlst du dich am wohlsten?

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Das Buch zum Thema: Bahn frei für Übermorgengestalter. Es zeigt 25 rasch umsetzbare Initiativen und weit über 100 Aktionsbeispiele, um zu einem Überflieger der Wirtschaft zu werden. Kompakt und sehr unterhaltsam veranschaulicht es jedem, der helfen will, eine bessere Zukunft zu gestalten, die maßgeblichen Vorgehensweisen in drei Bereichen: Wie machen wir die Menschen stärker, das Zusammenarbeiten besser und die Innovationskraft im Unternehmen größer.

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Anne M. Schüller schreibt über Touchpoint Management, Unternehmensführung, Kundenorientierung

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.