Viele Unternehmen setzen auf finanzielle Unterstützung, um ihre Emissionsziele über die Dienstwagenflotte zu erreichen. - Foto: BMW, Cupra, Getty Images [M]
Premium

So wollen Arbeitgeber ihre Dienstwagen-Besitzer von E-Autos überzeugen

Viele Unternehmen wollen in ihren Fuhrparks CO2 einsparen. Doch eine Dax-Umfrage zeigt, dass Arbeitnehmer oft starke Vorbehalte gegen E-Autos haben. Wie die Konzerne reagieren.

Düsseldorf. „Als Nächstes gibt’s ein Pony“, witzelte der Nachbar von Dirk Steiner (Name geändert), als der Kölner Vertriebsmanager das erste Mal mit seinem batteriegetriebenen Cupra Born zu Hause vorfuhr. Bevor sein Arbeitgeber das Ziel ausgegeben hatte, CO2-neutral werden zu wollen, fuhr der 53-Jährige einen 3er BMW Diesel.

„Vom gewohnten Verbrenner- oder Dieselfahrzeug auf ein E-Auto umzusteigen, ist ein hochemotionales Thema“, sagt Nicole Engenhardt-Gillé. Der Dienstwagen ist für viele noch immer ein Statussymbol.

Die Personalchefin des Telekommunikationskonzerns Freenet spricht aus der Praxis von einer Hürde, die viele Arbeitgeber derzeit auf dem Weg zur CO2-Neutralität überwinden müssen. Denn ein Hebel sind die Dienstwagenflotten: Die Unternehmen wollen Außendienstler wie Führungskräfte zum Wechsel auf Elektroautos bewegen. „Wer bislang mit seinem Dienstwagen zufrieden war, für den bedeutet E-Mobilität häufig Downsizing und zusätzlichen Aufwand. Das macht was mit der Motivation“, fürchtet die Personalvorständin.

Der richtige Umgang mit der Transformation zur „grünen“ Flotte beschäftigt auch Deutschlands größte börsennotierte Konzerne. Das zeigt eine Umfrage des Handelsblatts bei den Dax-40 zum Thema „Unternehmen streben CO2-Neutralität an – was das für Dienstwagenfahrer bedeutet“.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Ob Vielfahrer wie Außendienstler, die ein Auto als Betriebsmittel gestellt bekommen, oder Führungskräfte bis hin ins Spitzenmanagement, für die ein Wagen Bestandteil ihrer Vergütung ist – wir wollten wissen, was die Unternehmen erreicht haben, wie ihre Beschäftigten reagieren und welche Vorbehalte sie gegenüber E-Fahrzeugen äußern.

32 Dax-Konzerne haben an der Umfrage teilgenommen. Die meisten berichten von genereller Zustimmung ihrer Mitarbeitenden für die Umstiegspläne. Schließlich sinkt mit Elektroautos nicht nur der CO2-Ausstoß, sondern auch die Steuerlast: Firmenwagen bis 60.000 Euro werden monatlich mit einem Satz von 0,25 Prozent des Listenpreises versteuert, Verbrenner mit einem Prozent.

Mit 16 Unternehmen berichtet aber die Hälfte der Umfrage-Teilnehmenden von gemischten Reaktionen – und benennt konkrete Vorbehalte ihrer Mitarbeitenden. So wie SAP.

Der Softwarekonzern unterhält mit 19.000 Firmenwagen eine vergleichsweise große Flotte in Deutschland. Jeder Festangestellte hat spätestens nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit Anspruch darauf und kann sich ein seinem Karrierelevel entsprechendes Modell aussuchen. Die Flotte umfasst inzwischen zu 40 Prozent batterieelektrische Fahrzeuge oder Plug-in-Hybride.

Ein SAP-Sprecher fasst das Feedback aus dem Kollegenkreis so zusammen: „Kritisch gesehen wird bei E-Autos vor allem ihre Reichweite, insbesondere im Winterbetrieb, sowie die öffentliche Ladeinfrastruktur im Fall von Geschäftsreisen.“

Auch das Gefühl, als Mitarbeitender ohne Eigenheim benachteiligt zu sein, sorgt offenbar für Unmut. Eine Sprecherin der Deutschen Bank führt das häusliche Umfeld ohne Möglichkeit, eine Wallbox installieren zu können, sogar als „größte Hürde“ an, um mit der Firmenwagenflotte bis 2030 CO2-neutral unterwegs zu sein.

BMW, dessen rund 2400 E-Auto-Fahrer ihre Dienstwagen zu Hause an Wallboxen laden können, ergänzt: „Die teilweise hohen Kosten und der Aufwand für die Um- oder Aufrüstung der Hausinstallation, insbesondere bei Altbauten und Gemeinschaftsgaragen, sind oft genannte limitierende Faktoren.“ Das führe dazu, dass die vom Arbeitgeber mit einem Dienstleister bereits vorverhandelten Installationspakete für neue Wallboxen die daheim tatsächlich anfallenden Kosten nicht deckten.

Solche Erfahrungen sprechen sich rum. Bei dem Chemiekonzern Beiersdorf in Hamburg, wo von 460 Firmenwagen für Außendienstmitarbeiter und leitende Angestellte zurzeit etwa zehn Prozent vollelektrisch angetrieben sind, heißt es: „Den Zeitpunkt für die vollständige Umstellung auf CO2-neutrale Fahrzeugantriebe haben wir aufgrund des geringen Fahrzeugangebots, der geringen Modellvielfalt, langer Lieferzeiten und der noch unzureichenden Ladeinfrastruktur bisher noch nicht festgelegt.“

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Doch zeigen andere Beispiele auch, wie die elektrische Umstellung durchaus Fahrt aufnehmen kann.

Ab sofort nur noch vollelektrische Wagen bestellbar

So lassen sich bei Versicherer Allianz, Energiekonzern RWE und Chemiemulti Bayer ab 2024 nur noch reine Elektrofahrzeuge bestellen. Siemens Energy will möglichst auch in diesem Jahr noch nachziehen.

Das Beispiel des Leverkusener Chemiekonzerns verdeutlicht die Dimension einer solchen Maßgabe: Aktuell fahren rund 1250 Bayer-Angestellte in Deutschland einen Dienstwagen. Das betrifft auch Führungskräfte bis zu Geschäftsführern von Tochterfirmen und Vorstände wie CEO Bill Anderson. Von ihnen fahren derzeit etwa 234 elektrisch.

Nachdem im Zuge der Nachhaltigkeitsstrategie schon im Sommer 2022 die Dienstwagen für Führungskräfte der unteren Ebenen auf Elektroautos umgestellt wurden, folgen zum 1. März 2024 nun die Leasingfahrzeuge für die Topmanager. Laufende Verträge für Verbrenner werden noch bedient, neu abgeschlossen werden sie nur noch für batteriebetriebene Fahrzeuge. Bis Ende 2028 will Bayer zu 100 Prozent elektrisch fahren.

Spitzenmanager dürfen aus einer Liste von insgesamt 39 Modellen wählen, darunter auch der Mustang Mach-E oder der Porsche Taycan.

Für Führungskräfte der unteren Ebenen umfasst die Bestell-Liste 37 Fahrzeugmodelle vom Opel Mokka Electric bis zum EQE von Mercedes-Benz.

Zuschüsse für Leasingrate bis Ladegerät

Damit sich mehr Mitarbeitende zum Wechsel entschließen, greift mancher Arbeitgeber zum Fördertopf – und flankiert damit bestehende staatliche und privatwirtschaftliche Anreize, die allen Bürgern angeboten werden.

Ein Ansatz: Die Listenpreise für E-Autos sind höher als die vergleichbarer Verbrennermodelle. Weil die technologische Entwicklung so rasch voranschreitet, ist zudem ihr Restwert niedriger als der eines Diesel- oder Benzinfahrzeugs der gleichen Fahrzeugklasse. Um diesen Nachteil für Mitarbeitende auszugleichen, übernimmt mancher Arbeitgeber die höheren Anschaffungskosten für E-Autos. Vonovia etwa hat einen Preisunterschied von im Schnitt 16 Prozent errechnet, den der Immobilienkonzern ausgleicht.

Ein weiterer Hebel: Ladepauschalen. Gleich mehrere Unternehmen spendieren ihren Dienstwagenberechtigten Zuschüsse. Daimler Truck etwa überweist Fahrern eines vollelektrischen Dienstwagens monatlich 150 Euro, unabhängig von der Führungsebene.

Im neuen Leasingmodell für Topmanager bei Bayer gibt es dagegen keine Ladekarte eines bestimmten Stromanbieters mehr, sondern stattdessen eine Nettopauschale von 50 Euro im Monat, mit der diese Beschäftigten ihr Akku-Auto überall aufladen können. Führungskräften der unteren Ebenen erstattet der Chemiekonzern die durchschnittlichen Installationskosten der Wallbox. Falls das unmöglich ist, gibt es ebenfalls die monatliche Pauschale.

Beiersdorf prüft derzeit, ob private Wallboxen für das nächtliche Laden mit Strom aus erneuerbaren Quellen künftig finanziell bezuschusst werden. Und Siemens Energy denkt darüber nach, ob für die bereits 175 Besitzer eines Elektro-Dienstwagens die Zuschüsse erhöht werden, wenn die zu Hause entsprechende Lademöglichkeiten installiert haben. Zur aktuellen Höhe der Finanzspritze äußert sich das Unternehmen nicht.

Versicherungskonzern Allianz wiederum lockt mit einem Rundumpaket. Eine Sprecherin erläutert: „Wir übernehmen die Kosten für die Wallbox und ihre Installation.“ Und egal, ob das Dienstfahrzeug dann zu Hause oder unterwegs geladen werde, die anfallenden Stromgebühren würden in voller Höhe übernommen – für Manager.

Der Pharmakonzern Merck fördert die Installation einer Wallbox mit pauschal jeweils 1700 Euro und erstattet ebenfalls die monatlich anfallenden Stromkosten. Um Mitarbeitende, bei denen sich kein privater Ladepunkt montieren lässt, nicht zu benachteiligen, können die ihre Energietank-Quittungen einreichen. Das bedeutet allerdings viel Aufwand. „Aktuell prüfen wir, stattdessen eine Pauschale einzuführen“, heißt es aus Darmstadt.

Dass sich üppige Unterstützung beim Flottenumbau im Tempo niederschlägt, zeigt das Beispiel Siemens. Der Münchener Konzern mit seinen 87.000 Mitarbeitern hat sich verpflichtet, den Fuhrpark bis 2030 komplett elektrisch zu gestalten. Mit bis zu 3000 Euro für die Wallbox zu Hause unterstützt das Unternehmen Umstiegswillige – und hat so inzwischen knapp 70 Prozent E-Auto-Anteil bei Neubestellungen erreicht.

Ausbau der Ladeinfrastruktur an den Firmenstandorten

Ein wichtiger Anreiz ist schließlich die Auflademöglichkeit während der Arbeitszeit im Büro. Der Großteil der Umfrageteilnehmer will daher seine Ladeinfrastruktur an den Unternehmensstandorten ausbauen.

Unter den insgesamt 22 Unternehmen mit generellen Ausbauplänen vermeldet SAP die größten konkreten Ambitionen für 2024: 650 neue Ladepunkte will der Softwarekonzern auf eigenen Parkflächen in Deutschland einrichten und seine Stromzapfstellen auf insgesamt 1700 erweitern.

Mit ihnen dürfen dann ausschließlich Mitarbeitende, die sich für das Flatrate-Tankkartenmodell zu ihrem Dienstwagen entscheiden, komplett auf Firmenkosten aufladen – das gilt auch für die heimische Wallbox.

Wer sich für die Flatrate entscheidet, zahlt jedoch etwa das Doppelte wie ein Kollege, der sich für das Modell „Strom-Selbstzahler“ zum Dienstwagen entscheidet.

Dass es nicht immer Vorbehalte sind, welche die grünen Pläne der Dax-Konzerne bremsen, zeigt die Commerzbank. Das Institut peilt an seinen Bürostandorten eine mittlere dreistellige Zahl von Ladestationen an. Aber: „Nicht alle Bankgebäude sind Eigentum der Commerzbank. Zurzeit führen wir intensive Gespräche mit den jeweiligen Vermietern, Netzbetreibern und verschiedenen Dienstleistern.“

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

So wollen Arbeitgeber ihre Dienstwagen-Besitzer von E-Autos überzeugen

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen