Sparkassen: DSGV-Präsident Schleweis warnt vor zu niedrigen Sparzinsen
DSGV-Präsident Schleweis fordert, dass die Sparkassen nicht zu viele Filialen schließen. Zudem müssten sie die Sparsamkeit ihrer Kunden stärker belohnen.
Frankfurt. Helmut Schleweis warnt die Sparkassen vor zu vielen Filialschließungen und zu niedrigen Zinsen auf Sparguthaben. „Es ist in Zeiten der schnellen Zinswende natürlich unmöglich, alle Bestandseinlagen sofort hoch zu verzinsen. Wenn wir aber den Eindruck hinterlassen, Sparsamkeit nicht mehr zu belohnen, dann nagt das an unserer DNA, eine Institution zum Sparen zu sein“, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) am Donnerstag.
Schleweis sprach bei einer internen Konferenz des Sparkassen-Fondsanbieters Deka vor rund 1200 Gästen – darunter viele Führungskräfte aus den Sparkassen. Sein Redemanuskript liegt dem Handelsblatt vor.
Die Sparkassen stehen schon länger in der Kritik, weil viele von ihnen trotz der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) keine oder nur vergleichsweise wenig Zinsen an ihre Kunden weitergeben. Bisher hatten Sparkassen-Vertreter dieses Vorgehen stets verteidigt oder relativiert.
Schleweis, der Ende des Jahres als DSGV-Chef aufhört, hat diese Linie nun verlassen. Er sei in einer Lebensphase, „in der ich alles sagen kann, was ich für richtig halte, ohne allzu viel diplomatische Rücksicht zu nehmen“, betonte der 69-Jährige – und kritisierte dann auch gleich noch die vielen Filialschließungen.
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Sparkassen seien Sicherheitsgaranten in einer zunehmend unsicheren Zeit, sagte Schleweis. „Dabei müssen wir sensibel sein für die Symbole von Nähe und Sicherheit. Eine Filiale mag für sich nicht mehr rentabel sein. Wenn sie in Größenordnungen, die Menschen nicht mehr verstehen, geschlossen werden, weckt das Zweifel, ob wir noch die Interessenvertreter der breiten Bevölkerung sind“, warnte der DSGV-Chef.
Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis: „Wir müssen uns um Menschen kümmern“
„Bei aller Notwendigkeit zur Digitalisierung: Wenn man nur noch mit hohem Aufwand Menschen erreichen kann, dann sät das bei Kunden Zweifel, ob wir ihnen nahe sind“, mahnte Schleweis weiter. „So gesehen sind Filialschließungen, fehlende Passivzinsen und Serviceeinschränkungen Projektionsflächen für Ängste, die Menschen heute haben.“
Die Sparkassen zahlen vergleichsweise wenig auf Tagesgeld. In einer Erhebung der FMH-Finanzberatung liegt der Tagesgeldzins von 262 untersuchten Sparkassen derzeit im Mittel bei 0,52 Prozent. Bei 49 Sparkassen davon gibt es null Prozent. Weitere 25 öffentlich-rechtliche Geldhäuser weisen gar kein Tagesgeldangebot auf.
Zum Vergleich: 87 Banken mit bundesweitem Angebot gewähren laut FMH durchschnittlich 2,51 Prozent. Die EZB hat die Zinsen in der Euro-Zone seit Sommer 2022 zehn Mal in Folge angehoben, zuletzt Mitte September. Der Zins, den Banken für ihre Einlagen bei der EZB bekommen, stieg auf vier Prozent.
Die Sparkassen bräuchten viel Feingefühl. „Wir müssen auch bei uns sehr viel ändern und anpassen“, erklärte Schleweis weiter. „Eines aber müssen wir bewahren: Wir müssen uns um Menschen kümmern und ihnen nahe sein.“
Da immer mehr Menschen ihre Bankgeschäfte digital erledigen, werden seit Jahren immer mehr Filialen geschlossen. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Bankfilialen laut Zahlen der Bundesbank deutschlandweit um knapp sechs Prozent auf 20.500.
Bei den Sparkassen ging die Zahl der Geschäftsstellen 2022 um vier Prozent auf 11.195 zurück, womit sie noch immer über das dichteste Filialnetz in der Bundesrepublik verfügen. In den vergangenen fünf Jahren belief sich der Rückgang bei ihnen auf 16 Prozent.
Sparkassen-Filialschließungen sind ein Balanceakt
Für die Sparkassen sind Filialschließungen ein Balanceakt. Auf der einen Seite wollen sie darauf reagieren, dass immer mehr Kunden ihre Geschäfte digital abwickeln und kaum noch in die Filiale kommen. Darüber hinaus fällt es den Instituten aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels zunehmend schwerer, genügend Personal für jede Geschäftsstelle zu finden.
Auf der anderen Seite gehört es zum Auftrag der Sparkassen, die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen. Zudem sitzen in ihren Verwaltungsräten in der Regel kommunale Politiker, die Filialschließungen oft kritisch sehen.
Selbst Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke äußerte sich im Sommer besorgt über geplante Filialschließungen bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und der Sparkasse Uckermark.
„Die Ankündigung von solchen Schließungen im Geschäftsstellennetz sind bei den Bürgerinnen und Bürgern häufig mit der Sorge vor einem Verlust des persönlichen Kontakts vor Ort verbunden“, schrieb der SPD-Politiker in einem Brief an Ludger Weskamp, den Präsidenten des Ostdeutschen Sparkassenverbands (OSV). Vor allem ältere Menschen könnten sich von der gewohnten Grundversorgung der Sparkassen abgeschnitten fühlen.
Der OSV betonte damals, dass jede Sparkasse selbst die Entscheidung über Filialschließungen treffen müsse. Nichtsdestotrotz wolle sich der Verband mit den betroffenen Instituten kurzschließen. „Die uns bisher vorliegenden Informationen zeigen, dass die Vorstände und die Verwaltungsräte der betreffenden Sparkassen sorgsam abgewogen und sich die Entscheidungen nicht leicht gemacht haben“, erklärte der OSV.
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