Nicholas Bloom forscht schon lange zu hybrider Arbeit. - Foto: University Standford
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Stanford-Ökonom erklärt, wie Manager Remote Work gut umsetzen

Niemand hat zum Homeoffice mehr geforscht als der Stanford-Professor Nicholas Bloom. Im Interview erläutert er, wie hybride Arbeitsmodelle zum Erfolg werden – und wo Fehler lauern.

Berlin. Wenn Nicholas Bloom kann, dann arbeitet er am liebsten in einem Haus auf einer kleinen griechischen Insel direkt am Meer. Ist der Stanford-Professor dagegen zu Hause in Kalifornien, teilt er sich seine Tage auf. An manchen Tagen geht er ins Büro. An anderen bleibt er im Homeoffice.

Bloom arbeitet hybrid. Ein Arbeitsmodell, das mit der Coronapandemie Einzug in die Arbeitswelt gehalten hat. Und es wird auch nicht mehr verschwinden, sagt Bloom, der seit vielen Jahren zu den Themen Remote Work und Homeoffice forscht.

Im Interview mit dem Handelsblatt spricht er darüber, warum das Homeoffice gekommen ist, um zu bleiben. Und gibt Tipps, wie Manager hybride Arbeit organisieren müssen, damit die Mitarbeiter zufrieden sind und die Produktivität der Unternehmen nicht sinkt.

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Lesen Sie hier das Interview mit Nicholas Bloom:

Herr Bloom, Sie haben vor Kurzem in einem Interview die Büropflicht für tot erklärt. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter wieder verstärkt ins Büro holen wollen. Das erweckt den Eindruck, dass Remote Work abnimmt. Dabei ist es zu einem festen Bestandteil der Arbeitswelt geworden. Zwar sind die Homeoffice-Quoten seit der Pandemie insgesamt zurückgegangen. Seit Anfang 2023 ist aber die Zahl derer, die in hybriden Modellen oder komplett remote arbeiten, mit 30 beziehungsweise 13 Prozent in den USA konstant geblieben. In Deutschland ist die Situation ähnlich.

Sie forschen schon sehr lange zu hybriden Arbeitsmodellen. Gibt es bereits spürbare Auswirkungen – etwa auf die Produktivität der Unternehmen –, weil deutlich mehr Menschen hybrid arbeiten als vor Beginn der Pandemie?

Tatsächlich ist die Produktivität nach unserem derzeitigen Forschungsstand gleich geblieben. Allerdings haben hybride Arbeitsmodelle viele andere Vorteile.

Welche sind das?

Durch hybride Arbeit können etwa mehr Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Zum Beispiel Eltern, insbesondere Mütter, die durch flexible Arbeitsmodelle Beruf und Familie besser vereinbaren können. Zudem fallen lästige Pendelzeiten weg. Viele nutzen diese Zeit zum Arbeiten. Studien zeigen auch, dass Beschäftigte, die ein paar Tage im Büro und ein paar Tage zu Hause arbeiten, zufriedener sind. Das macht Unternehmen attraktiv. Allerdings müssen sie die hybride Arbeit gut organisieren. Da passieren noch sehr viele Fehler.

Das müssen Sie erklären.

Der große Nachteil von Remote Work ist, dass sich die Kollegen weniger sehen. Darunter leiden der persönliche Kontakt und der Zusammenhalt im Team. Es gibt weniger spontanen Austausch, bei dem kreative Ideen entstehen. Mitarbeiter sollten daher nicht dann ins Büro kommen, wann es ihnen am besten passt. Sondern so, dass sich die Teams treffen. Sonst kommt der eine am Montag, der andere am Donnerstag, und man sieht die Kollegen trotzdem nur per Videokonferenz.

Bedeutet das, dass Unternehmen feste Anwesenheitsquoten für alle Mitarbeiter einführen sollten?

Das kommt auf die Organisation und die Teams an. Es ist wichtig, Regeln aufzustellen, die für die einzelnen Teammitglieder Sinn machen und sich an ihren Bedürfnissen orientieren. Ein Entwicklerteam in einem großen Softwareunternehmen braucht normalerweise weniger Präsenztage als zum Beispiel ein Team im Marketing.

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Was müssen Führungskräfte beachten, damit hybrides Arbeiten gut funktioniert?

Dass die aufgestellten Regeln auch eingehalten werden. Bei Befragungen hören wir immer wieder, dass die Mitarbeiter ins Büro gehen, weil sie ihre Kollegen sehen und sich ein Netzwerk aufbauen wollen. Wenn feste Präsenztage vereinbart sind und keiner ist da, führt das zu Frust.

Zudem sollten Manager ihre Mitarbeiter nach Leistung beurteilen und nicht danach, wie oft sie ins Büro kommen oder wie viele Stunden sie arbeiten. Dafür ist es wichtig, klare Ziele zu definieren, die regelmäßig überprüft werden. Letztendlich geht es darum, ein Gleichgewicht zu finden, das sowohl die Produktivität als auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert.

Wessen Aufgabe ist es denn, die Arbeit in den Teams und im Unternehmen zu organisieren? Die des C-Levels oder die des mittleren Managements?

Von beiden. Die Geschäftsführung gibt die Rahmenbedingungen vor. Dazu sollte sich das Management mit der Personalabteilung abstimmen und durch Befragungen herausfinden, wie die Mitarbeiter arbeiten wollen. Das Mittelmanagement beziehungsweise die Teamleiter sorgen dann für die konkrete Umsetzung und dafür, dass die täglichen Abläufe reibungslos funktionieren.

Gibt es eine Formel, wie viele Tage im Büro und wie viele Tage zu Hause am besten sind?

In unseren Befragungen wollen Beschäftigte im Durchschnitt zweieinhalb Tage im Büro und den Rest von zu Hause aus arbeiten. Das ist aber nur ein theoretischer Wert. In der Praxis gibt es, wie gesagt, keine Formel, die für alle funktioniert. Die beste Lösung hängt stark von den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens und seiner Belegschaft ab.

Es gibt auch viele Beschäftigte, die nicht hybrid oder remote arbeiten können. Was können Unternehmen oder Führungskräfte machen, damit sie sich nicht benachteiligt fühlen? Ihnen mehr bezahlen?

Es gibt hier verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit ist, die Schichten anzupassen. Einige amerikanische Unternehmen, wie etwa Amazon, haben ihre Arbeitszeiten in den Lagerhäusern so angepasst, dass die Mitarbeiter zum Beispiel an vier Tagen zehn Stunden arbeiten anstatt acht an fünf. Hier muss man aber natürlich die Arbeitsschutzgesetze beachten.

Eine andere Möglichkeit ist, ihnen tatsächlich als Ausgleich höhere Gehälter zu bezahlen. In den USA zum Beispiel haben sich die Gehälter derjenigen, die sich nicht ins Homeoffice zurückziehen konnten, erhöht. Unternehmen können auch kreativ werden – und Remote-Lösungen für Mitarbeiter suchen, die eigentlich präsent sein müssen. Bestellungen in einem Fast-Food-Restaurant können beispielsweise von einem Mitarbeiter aufgenommen werden, der im Homeoffice arbeitet.

Wie arbeiten Sie selbst denn am liebsten?

Heute bin ich seit acht Uhr im Büro. Generell arbeite ich auch am liebsten hybrid. Für Meetings, Präsentationen oder Schulungen bin ich gerne vor Ort. Wenn ich etwas Kompliziertes lesen oder schreiben muss, arbeite ich lieber im Homeoffice. Am besten schon ganz früh am Morgen. Genauso ist es, wenn wichtige Telefonate anstehen. Ich lebe in Kalifornien, meine Gesprächspartner sind aber oft in Europa, sodass wir schon sehr früh telefonieren müssen. Da bin ich sehr froh, dafür nicht ins Büro zu müssen.

Herr Bloom, vielen Dank für das Interview.

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