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Strompreise könnten 2023 auf 500 Euro pro Megawattstunde steigen

Die Strompreise könnten laut einer Untersuchung im kommenden Jahr deutlich steigen. Auch in den Jahren darauf ist mit keiner durchgreifenden Änderung zu rechnen.

Die aktuelle Strompreisprognose des Beratungsunternehmens Prognos zeichnet ein düsteres Bild: Die Preise im Stromgroßhandel werden 2023 – so die Vorhersage – im Jahresdurchschnitt im ungünstigsten Fall die Grenze von 500 Euro je Megawattstunde überschreiten.

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Zur Einordnung: 2019 lag der durchschnittliche Strompreis bei rund 38 Euro. Der Strompreis wäre damit im kommenden Jahr um den Faktor 13 höher als vor Beginn der Coronakrise. Und auch in den Jahren nach 2023 sinkt der Strompreis zunächst nicht auf das Niveau der Jahre vor 2020.

Durchgeführt hat Prognos die Untersuchung für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). „Die hohen Strompreise sind enorme zusätzliche Belastungen für die Unternehmen. Hier muss dringend gegengesteuert werden“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Strompreisentwicklung: Ungünstigste Prognose bei Gas-Stopp aus Russland

Die Preisprognose von mehr als 500 Euro im Jahr 2023 entspricht dem ungünstigsten Szenario der Untersuchung, benannt als „oberer Preispfad“. Dabei wird unterstellt, dass Deutschland ab sofort kein Gas mehr aus Russland bezieht.

Im August erhielt Deutschland noch neun Prozent des Erdgases aus Russland, es kam über die Transitleitung durch die Ukraine. Zum Vergleich: Im Mai hatte der Anteil russischen Gases noch bei 37 Prozent gelegen. Doch in den vergangenen Monaten ist er stark gesunken – erst recht seit Russland die Belieferung durch die Pipeline Nord Stream 1 gestoppt hat.

Strompreise aktuell: Was laut Szenarien passieren könnte

Im mittleren Preispfad geht Prognos davon aus, dass die vollständige Unabhängigkeit von russischem Erdgas erst im Sommer 2024 erreicht wird. In diesem Fall verbleibt der Preis bis 2023 auf vergleichbar hohem Niveau wie 2022 und sinkt dann bis 2040 auf rund 70 Euro je Megawattstunde.

Der untere Strompreispfad sinkt 2023 bereits auf 104 Euro je Megawattstunde, bis 2040 geht der Preis auf 57 Euro je Megawattstunde zurück. Allerdings unterstellt Prognos für den unteren Strompreispfad, dass Russland Erdgas liefert wie vor der Krise – ein Szenario, das aus heutiger Sicht kaum vorstellbar erscheint.

Entscheidend für die Entwicklung der Strompreise ist das Gaspreisniveau. Dahinter steht das Merit-Order-Prinzip, das auf dem Strommarkt gilt: Der teuerste Stromerzeuger bestimmt den Strompreis für alle anderen Anbieter.

Teuerste Stromerzeuger sind wegen der hohen Gaspreise in der Regel Gaskraftwerke. Auch wenn sie zu einer bestimmten Stunde nur einen kleinen Teil der Stromnachfrage decken, setzen sie den Preis für die günstigeren Erzeugungsarten, also etwa Windräder oder Kohlekraftwerke.

Der vbw schlägt vor, Strom- und Gaspreis zu entkoppeln, damit Gaskraftwerke nicht mehr preisbestimmend für den Strommarkt sind. „Den Preis gibt dann die zweitteuerste Erzeugungsvariante vor“, sagte Brossardt.

Strompreisentwicklung: Ausbau erneuerbarer Energien könnte Strompreise dämpfen

Außerdem sei es überfällig, die Strompreise zu entschlacken. „Ein Absenken der Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum gehört zu den wichtigsten Maßnahmen. Zudem braucht es einen europäischen Industriestrompreis“, sagte Brossardt. Strom sei für deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich einfach zu teuer. „Chancengleichheit im Wettbewerb ist die Basis für eine starke heimische Wirtschaft“, sagte Brossardt.

Aus Sicht der vbw zeigt die Strompreisprognose, welche Maßnahmen mittel- und langfristig die Stromkosten wieder sinken lassen könnten: „Je schneller wir die erneuerbaren Energien ausbauen, desto stärker können wir die Strompreise dämpfen. Deshalb braucht es jetzt deutlich mehr Tempo beim Ausbau“, sagte Brossardt. Im Gleichschritt müsste auch das Stromnetz aus- und umgebaut werden.

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