Teil einer besseren Zukunft: Darum brauchen wir einen kämpferischen Optimismus
Entdecke die Möglichkeiten
„Sei mal positiv. Glaub an das Gute und Richtige! Erkenne deine Stärken und Möglichkeiten!“, sagte die Fernsehköchin und Autorin Sarah Wiener vor einiger Zeit im Nachrichtenmagazin FOCUS nicht einfach so dahin, sondern gezielt. Weil sie Menschen ins Herz treffen und bewegen möchte „aufzustehen“. Auch wenn das Kommende ungewiss ist und viele mit dem Begriff Urvertrauen nichts mehr anzufangen wissen. Ohne Urvertrauen könne der Mensch nämlich morgens sein Bett nicht verlassen, sagte einst der Soziologe Niklas Luhmann: Es wird auf etwas vertraut, ohne zu wissen, welche Erfahrungen folgen werden. Das ist oft verlässlicher als der mühsame Versuch, dem Leben die eigenen Bedingungen aufzudrücken. Urvertrauen und Optimismus sind miteinander verbunden. Davon hängt auch unsere Zukunft ab.
Darum sind Menschen optimistisch
Max Roser, Ökonom am Institute for New Economic Thinking (INET) in Oxford, studierte erst Philosophie und wechselte dann zur Ökonomie. Ihn überraschte, dass die Nachrichten voll von schrecklichen Ereignissen sind, sich langfristig aber positive Entwicklungen zeigen, die allerdings in den Medien kaum erwähnt werden. Am Beispiel der Gewalt wies er nach, dass jährliche Umfragen zwar zeigen, dass die Gewalt steigt, aber das Gegenteil der Fall ist: „Die Menschheit war früher viel gewalttätiger.“
Auf seiner Website "Our World in Data" trägt er alles zusammen, was wir über die Entwicklung der Welt wissen und postet regelmäßig ein Diagramm, das verdeutlicht, dass die Welt in vielerlei Hinsicht besser wird. Dafür wirbt er auf Twitter: „Warum ich optimistisch bin“. Leider ist es aber häufig so, dass jene, die die Welt optimistisch betrachten, dafür belächelt und für naiv gehalten werden. „Eine negative Sicht erscheint eher tiefsinnig.“
Die Sehnsucht nach Sinn steht im Zusammenhang mit einem neuen Optimismus
Der internationale Marketingexperte Tim Leberecht bemerkt in seinem Buch „Business Romantiker“ (2015), dass eine 2011 vom Career Advisory Board der De Vry University herausgegebene Studie zu dem Schluss kam, dass für die Generation Y ein „Sinngefühl“ der wichtigste Indikator einer erfolgreichen Karriere sei. Diese Sehnsucht nach mehr Sinn steht in Zusammenhang mit einem neuen Optimismus. Dazu führt Leberecht auch eine Telefonica-Umfrage unter 12000 Millennials in 72 Ländern an: 62 Prozent der Befragten fanden, dass sie dort, wo sie leben, etwas verändern könnten, und 40 Prozent waren davon überzeugt, auf globaler Ebene etwas verändern zu können. „Während ihre Vorgänger aus der Generation X sich über Bürokratie und über die Korrumpierung von Firmen und Institutionen beklagten, tun die Millennials sie einfach als irrelevant ab. Ihre Generation macht sich das zu eigen, was der Zukunftsforscher Alvin Toffler einmal als ‚Adhocracy‘ beschrieben hat: nach dem Baukastenprinzip aufgebaute und bewegliche Netzwerkstrukturen, die leicht zueinanderfinden und auch wieder auseinandergehen.“ In seinem Buch zeigt er, in welchem Verhältnis die Business Romantik zu diesen Netzwerkkonzepten steht, und was ein sinnorientiertes Leben mit Romantik zu tun hat.
Gleichzeitig kommen immer mehr gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen auf uns zu, für die nachhaltige Strategien und innovative Lösungen gesucht werden. Die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit kann uns darin unterstützen, die Welt zu begreifen und wieder zu erhellen. Es kommt nur darauf an, den Begriff mit neuen Formen des Denkens zu verbinden, das dazu führt, wieder ins Handeln zu kommen.
Dabei kann der kalifornische Geist („Vernunft, Weitsicht, Nachhaltigkeit“) sehr hilfreich sein. Was wir heute brauchen, ist ein kämpferischer Optimismus, wie ihn auch Al Gore bei 2016 bei der Ted-Konferenz in Vancouver zeigte. Christiana Figueres, Klimachefin der Vereinten Nationen, sprach in ihrem Vortrag von einem „pragmatischen Optimismus“, der für sie eine „alles entscheidende neue Strategie“ sei. Und darum geht es doch heute: zu vermitteln, dass kein Mensch in dieser Welt halt- und orientierungslos agieren kann, dass es im Komplexitätszeitalter darum geht, Dinge zusammenzuführen, und dass es eine neue Form des Optimismus braucht, die darin besteht, Leben und Arbeit tatkräftig anzugehen – auch im Bewusstsein, dass nicht immer alles zum Besten verlaufen wird.
Weiterführende Informationen:
Adrian Kreye: Wir schaffen das. In: Süddeutsche Zeitung (1.3.2016)
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.