Die futuristische Elektro-Limousine soll auch in Europa verkauft werden. - Lucid Air (Quelle: Handelsblatt)
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Tesla-Herausforderer Lucid halbiert Produktionsziel – Fisker sieht sich auf Kurs

Neue Hiobsbotschaft von Lucid: Der einst als Tesla-Konkurrent gefeierte Elektroautohersteller senkt das Produktionsziel erneut. Die Aktie stürzt ab. Bei Wettbewerber Fisker läuft es besser.

**New York.**Im nachbörslichen Handel hat die Lucid-Aktie in der Nacht zu Donnerstag knapp 13 Prozent verloren. Zuvor hatte der US-Hersteller von luxuriösen Elektroautos sein Produktionsziel halbiert.

Lucid plant für 2022 nun nur noch mit einem Absatz von 6000 bis 7000 Fahrzeugen. Es ist die zweite Zielsenkung: Ursprünglich hatte Lucid in diesem Jahr 20.000 Fahrzeuge herstellen wollen.

Wie das in Newark, Kalifornien ansässige Start-up mittteilte, hat es in der ersten Jahreshälfte lediglich 1405 Autos produziert. Als Grund nannte Lucid Lieferkettenprobleme. Angesichts der bescheidenen Produktionszahl wirkt selbst das neue Ziel für das Gesamtjahr ambitioniert.

Vorstandschef Peter Rawlinson erklärte: „Unsere revidierte Produktionsprognose spiegelt die außergewöhnlichen Herausforderungen in der Lieferkette und der Logistik wider, denen wir begegnet sind.“ Man habe bereits reagiert, „die wichtigsten Engpässe identifiziert“ und entsprechende Maßnahmen ergriffen, darunter die Umstrukturierung der Logistik.

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„Wir verzeichnen weiterhin eine starke Nachfrage nach unseren Fahrzeugen, und ich bin zuversichtlich, dass wir diese kurzfristigen Herausforderungen meistern werden“, sagte Rawlinson, Teslas ehemaliger Chefingenieur, weiter.

Schleppender Produktionshochlauf

Tatsächlich hat Lucid nach eigenen Angaben 37.000 Reservierungen für den Lucid Air erhalten. Das Spitzenmodell soll in der Air Dream Edition ab Ende des Jahres in Deutschland ausgeliefert werden – zum stolzen Preis von 218.000 Euro. Damit ist das Auto 90.000 Euro teurer als ein vergleichbares Tesla Model S Plaid. Die Vorbestellungen entsprächen einem Umsatzpotenzial von rund 3,5 Milliarden Dollar, teilte Lucid mit.

Fraglich ist aus Sicht von Marktbeobachtern jedoch, ob dieses Potenzial angesichts des schleppenden Produktionshochlaufs realisiert werden kann. Die Produktion soll der Deutsche Peter Hochholdinger – Vizepräsident für Fertigung bei Lucid – in Schwung bringen, doch bisher schwächelt das Werk in Arizona. Ein zweites Werk ist in Saudi-Arabien geplant, noch jedoch Zukunftsmusik.

Die stockende Produktion führte dazu, dass Lucid die Umsatzschätzungen verfehlte. Der Umsatz im vergangenen Quartal lag bei nur 97 Millionen Dollar und damit deutlich unter dem von Bloomberg ermittelten Konsens von 147 Millionen Dollar. Der bereinigte Verlust in Höhe von 414 Millionen Dollar lag über der Schätzung von 410 Millionen Dollar.

Laut Finanzchef Sherry House ist Lucid zwar „bis weit ins Jahr 2023“ finanziert und hat 4,6 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Saudi-Arabien ist finanzstarker Großinvestor. Doch an der Börse zerstreute das die Sorgen nicht. Die Aktien sind in diesem Jahr bereits um 46 Prozent eingebrochen. Auch US-Konkurrent Rivian hatte zuletzt die Produktionsziele gesenkt.

Fisker meldet sinkenden Verlust

Wie es anders gehen kann, zeigte am Mittwochabend der US-Elektroautobauer Fisker. Hinter ihm steht Henrik Fisker. Der 58-jährige Däne hat viele Luxusautos designt, unter anderem für BMW, Aston Martin, und Tesla gearbeitet. Sein erstes Elektroauto-Start-up ging 2014 pleite. Nun könnte ihm jedoch mit dem neuen E-Auto Fisker Ocean der Durchbruch gelingen.

Fisker setzt im Unterschied zu Lucid und Rivian nicht auf Eigenproduktion, sondern lässt seine Autos im Auftrag bauen. Dadurch kann das Unternehmen direkt auf eingespielte Produktionsstandorte zurückgreifen, statt die komplexe Massenfertigung selbst zu meistern. Wie das in Kalifornien ansässige Unternehmen nun bekannt gab, liegen bereits mehr als 56.000 Reservierungen für den Elektro-SUV Ocean vor – ein Plus von 16.000 seit April.

Zudem wurden laut eigenen Angaben 5000 Vorbestellungen für eine speziell ausgestattete Erstausgabe des Ocean One verkauft, wobei jeder Kunde eine Anzahlung von 5000 Dollar leisten musste – im Unterschied zu 250 Dollar Anzahlung bei normalen Vorbestellungen, wie Fisker im Gespräch mit dem Handelsblatt erklärte. Der Elektroautobauer nahm damit direkt 25 Millionen Dollar ein.

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Die eigenen Ziele bekräftigte das Start-up. Die Produktion beim Partner Magna in Österreich soll Mitte November anlaufen. 55 Prototypen wurden demnach fertiggestellt.

Die steigenden Benzinpreise treiben den Umbau der Autoindustrie an, meint Fisker. - (Foto: imago images/ZUMA Wire)
Die steigenden Benzinpreise treiben den Umbau der Autoindustrie an, meint Fisker. - (Foto: imago images/ZUMA Wire)

Fisker sagte: „Am 17. November werden wir mit der Auslieferung unserer Fahrzeuge beginnen, natürlich in Europa, wo wir produzieren, kurz danach in den USA.“ 2022 werde man aufgrund der Feiertage nur sehr wenige Fahrzeuge ausliefern können. Aufgrund von Feiertagen wie etwa Thanksgiving und Weihnachten stehen vergleichsweise wenig Werktage zur Verfügung stehen, „für den Umsatz wird das unbedeutend sein“.

Für 2023 plane man dann mit einer Produktion von 40.000 bis 50.000 Fahrzeugen, eventuell mehr, wenn die Zulieferer liefern könnten. „Deutschland ist ein sehr wichtiger Markt für uns“, so Fisker weiter. Ende dieses Jahres wolle man einen ersten Showroom in München eröffnen.

Kampfansage an Tesla

Sorgen wegen der Chipknappheit mache er sich nicht, sagte der Gründer. Technologievorstand Burkhard Huhnke, ein Ex-VW-Manager, sei ein Chipexperte. „Er hat viele der Probleme im vergangenen Jahr vorausgesehen. Wir haben bestimmte Bereiche unserer Fahrzeuge umgestaltet, um auf einzelne Chips verzichten und andere Chips verwenden zu können.“

Fisker erklärte zudem, ein zweites Fahrzeug namens Pear ab 2024 vom taiwanesischen Auftragshersteller Foxconn in der ehemaligen Lordstown-Fabrik in Ohio bauen zu lassen. Der Preis ist eine Kampfansage an Tesla: Der Pear soll „unter 30.000 Dollar“ kosten.

Um den geringen Preis realisieren zu können, habe man „Benutzerstudien mit jungen Menschen in Megastädten durchgeführt, um herauszufinden, woran sie tatsächlich interessiert sind“, so Henrik Fisker.

Dadurch könne man durch Änderungen beim Handschuhfach 25 Dollar einsparen – und das sei nur eines von vielen Beispielen. „Wir müssen einige Dinge streichen und neu definieren, was ein Auto in der Zukunft ist. Genau das haben wir getan.“

Tesla-Chef Elon Musk hatte ursprünglich ebenfalls ein Auto für unter 30.000 Dollar angekündigt, zuletzt jedoch erklärt, dass daran nicht gearbeitet werde. „Er hat es gecancelt, soweit ich weiß“, kommentierte Fisker. „Uns geht es darum, in Marktsegmente vorzudringen, die derzeit nicht besetzt sind oder für die wir in naher Zukunft keine große Konkurrenz sehen.“ Es gebe nicht viele Autohersteller, die ein E-Auto für unter 30.000 Dollar angekündigt hätten. „Wir werden das Segment besetzen.“

70 Prozent der Fisker-Neukunden hätten bisher einen Verbrenner besessen, darunter viele deutsche Premiummarken, erklärte der Gründer. 30 Prozent der Umsteiger seien bisher ein Elektroauto gefahren – darunter „viele einen Tesla“.

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