Vergangenheit: US-Präsident Trump, Tesla-CEO Musk und ein Tesla Model S auf dem Südrasen des Weißen Hauses. Foto: -/Pool/AP/dpa
Premium

Tesla unter Druck: Trumps Kurs und Absatzkrise bedrohen Musks E-Auto-Imperium

US-Präsident Donald Trump wollte immer schon das E-Auto zerstören. Zusammen mit hausgemachten Problemen ergibt sich daraus für Tesla eine höchst prekäre Lage.

Im Tesla-Werk Grünheide gehen die Dinge in diesen Tagen ihren gewohnten Gang: Schneller als in jeder anderen deutschen Autofabrik montieren die Mitarbeiter die Fahrzeuge, manchmal an die 1000 Stück pro Tag. Trotzdem baut die Werksleitung ordentlich Druck auf. Und so schimpfen viele in der Belegschaft über eine zu hohe Arbeitsbelastung, zu wenige Pausen, zu große Überwachung. Grünheide, wie man es kennt.

Und doch ist eines anders als früher: „Die Belegschaft fragt sich ständig“, so erzählt ein Insider, „wo die Hunderte Autos, die jeden Tag aus dem Werk rollen, überhaupt hingehen.“ Denn: So wie die Absatzzahlen in den vergangenen Monaten eingebrochen sind, müsste in Grünheide eigentlich jede dritte Schicht entfallen. „Vielleicht werden die Teslas irgendwo in den Wald gestellt“, vermutet der Insider. Es wäre nicht das erste Mal. Schon bei früheren Absatzkrisen lagerte Tesla Tausende Autos auf Flächen unweit der Fabrik.

Vieles aber spricht dafür, dass es dieses Mal mit Zwischenlagern nicht getan ist: Tesla steckt in der wohl gefährlichsten Krise seit der Gründung. Neben gravierenden Fehlern von Musk ist es paradoxerweise auch US-Präsident Donald Trump, der den Autobauer in diese Lage brachte. Ausgerechnet also jener Präsident, dem Tesla-Chef Elon Musk ins Amt half, könnte dem Autobauer zum Verhängnis werden. Sollte sich Tesla von der andauernden Absatzschwäche nicht erholen und durch Trumps Konflikte mit China, durch Zölle und die Knappheit an Seltenen Erden weiter unter Druck geraten, könnte Tesla schon bald in seiner Existenz gefährdet sein.

MAGA-Markenschaden

Den vorläufig größten Schaden richtete die Nähe von Musk zum US-Präsidenten an – in Form eines gigantischen Markenschadens. Die vorübergehende Vereinnahmung der Marke durch den obersten Republikaner verschreckte die Tesla-Kundschaft schwer. Obwohl Tesla mal eine Verdopplung der Absatzzahlen anpeilte und der Markt für E-Autos weltweit kräftig wächst, gingen die Verkäufe bei Tesla im ersten Quartal um 13 Prozent zurück.

Besonders schlecht läuft es in Europa. In den ersten vier Monaten des Jahres verkaufte Tesla hier 46 Prozent weniger Autos als im Vorjahreszeitraum. Und das, obwohl der Absatz von Elektroautos in Europa in den ersten vier Monaten um 26 Prozent zulegte. Die Zahlen lassen befürchten, dass der von Tesla angepeilte Rückenwind durch das überarbeitete Model Y, das unter anderem in Grünheide gebaut wird, ausbleibt. Dieses verbesserte Modell wird schon seit über drei Monaten in Grünheide montiert. Längst müssten sich also die Verkaufserfolge eingestellt haben.

Tesla begründet die schlechten Zahlen so: Der Start des überarbeiteten Modells habe dazu geführt, dass Kunden auf das neue Auto warten und ihre Bestellungen aufschieben. Das andere wichtige Modell von Tesla, das Model 3, widerlegt diese These jedoch. Beim Model 3 gab es keinen Modellwechsel und trotzdem sind die Absatzzahlen ähnlich stark eingebrochen.

Die deutschen Kunden scheint Elon Musks (inzwischen aufgekündigte) Freundschaft mit Donald Trump besonders verschreckt zu haben. Mehr als 43.000 neue Elektroautos kamen hierzulande im Mai neu auf die Straße, rund 45 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Doch nur gut 1200 Autos davon trugen das Tesla-Logo.

Die Zeiten, in denen Tesla mit Model Y und Model 3 stabil die Plätze eins und zwei in der Elektro-Zulassungsstatistik belegte, sind wohl endgültig vorbei. Inzwischen liegen nicht nur VW und BMW vor Tesla, sondern auch der chinesische Konkurrent BYD, der im Mai über 1800 E-Autos in Deutschland absetzen konnte.

👉 Exklusiv bei XING: 6 Wochen die WirtschaftsWoche kostenlos lesen

Grünheide sucht neue Märkte

Wo also landen die rund 5000 Teslas, die das Werk Grünheide angeblich pro Woche derzeit produziert? Womöglich ist es dem Hersteller gelungen, Autos auch außerhalb von Europa loszuwerden. Grünheide soll inzwischen in insgesamt 37 Länder exportieren, darunter auch in die Türkei, nach Taiwan und in Länder im Nahen Osten. Auf Dauer aber sind diese vergleichsweise kleinen Märkte kein Ersatz für die Länder der EU. Deshalb fragen sich die Mitarbeiter in Grünheide völlig zu Recht: Wie lange kann das Werk die Markenschwäche noch aushalten?

Geht es nach Elon Musk, ist dieses Problem ein rein europäisches. „Europa ist unser schwächster Markt, überall sonst sind wir stark“, sagte Musk unlängst der Nachrichtenagentur „Bloomberg“. Tatsächlich aber wenden sich die Kunden auch in den USA und China von Tesla ab. Und auch hier hinterlässt Donald Trump eine Spur der Verwüstung.

Ähnlich wie in Europa hat sich Tesla in den USA von der Marktentwicklung abgekoppelt: Im ersten Quartal wuchs der Absatz von Elektroautos um 11 Prozent, Tesla dagegen verlor 9 Prozent. Der Marktanteil von Tesla sank deshalb von 51 auf 44 Prozent. Die Kunden wenden sich nun anderen Herstellern zu, etwa General Motors. Daran konnten weder das überarbeitete Model Y noch der Cybertruck etwas ändern.

Gerade der Cybertruck entwickelt sich zu einem regelrechten Albtraum für Tesla. Der Wagen mit seiner martialischen Optik sollte das wichtigste Segment des amerikanischen Automarktes aufmischen: die Pick-up-Trucks. Im vergangenen Jahr lief das neue Modell noch gut an und war zumindest unter den elektrischen Pick-up-Trucks das stärkste Modell. Rund 50.000 Verkäufe sollten aber nur der Auftakt sein, denn Tesla lagen angeblich Bestellungen für eine Million Cybertrucks vor. Pro Jahr kann Tesla 250.000 Cybertrucks produzieren, also über 60.000 Autos pro Quartal. Tatsächlicher Absatz im ersten Quartal 2025: 6404 Stück. Es waren Trump und die zahlreichen, teils spektakulären Qualitätsmängel, die die Kunden vertrieben.

Langeweile im Cybertruck-Werk

Im Cybertruck-Werk in Austin im US-Bundesstaat Texas drehen die Mitarbeiter deshalb zunehmend Däumchen. Schon im Dezember stand die Produktion für drei Tage still, Arbeiter wurden abgezogen. Seither wurden immer wieder Schichten gekürzt und Überstunden gestrichen. Im Mai ruhte die Produktion für eine ganze Woche.

Trotzdem scheint das Werk noch mehr Autos zu produzieren, als Tesla loswerden kann. Experten in den USA, die die Tesla-Produktion verfolgen, kommen auf inzwischen rund 10.000 Cybertrucks, die unverkauft irgendwo in den Vereinigten Staaten herumstehen dürften. Die Experten taxieren deren Wert auf rund 800 Millionen Dollar.

Tesla parkt die Autos auf den verschiedensten Flächen, je nach dem, was gerade verfügbar ist. So wurden etwa im Umland von Detroit auf dem Parkplatz eines insolventen Kaufhauses Dutzende Cybertrucks und andere Tesla-Modelle entdeckt. Auch vor einer Mall im US-Bundesstaat New Jersey und vor einem Verteilerlager des Online-Händlers Amazon in Texas wurden zahlreiche unverkaufte Teslas gesehen. Für elf Fahrzeuge in Texas nahm das Zwischenlagern ein böses Ende: Diebe bockten sie auf und schraubten ihnen sämtliche Räder ab.

Trumps negativer Einfluss auf die Marke Tesla dürfte sich bald noch an anderer Stelle zeigen. Das Gesetzespaket, an dem sich der Streit zwischen Musk und Trump entzündete, sieht auch eine Streichung der Subventionen für Elektroautos vor. Sollten die Zuschüsse von bis zu 7500 Euro entfallen, dürften sich noch viel mehr US-Kunden von Elektroautos und damit auch von Tesla abwenden. Auch wenn Musk wacker behauptet, sein Geschäft sei nicht von den Subventionen abhängig, könnte dadurch der wichtigste Tesla-Markt vollends wegbrechen.

Verbrennerparadies USA

Überhaupt muss sich Musk inzwischen ernste Sorgen um den Elektroautomarkt in den USA machen. Denn sein bisheriger Vertrauter Trump hat mit seinem Vorgehen gegen die wirtschaftliche Übermacht Chinas der westlichen Welt einen ernsten Mangel an Seltenen Erden eingebracht. Sie sind für den Bau von E-Autos aber unverzichtbar. Die USA und Europa sind von chinesischen Lieferungen abhängig, China aber hat sie weitgehend gestoppt. US-Autobauer warnen bereits vor einem Zusammenbruch der E-Auto-Produktion, sollten die Lieferungen nicht wieder in Gang kommen. Davon wäre auch Tesla betroffen: Alle Modelle sind mit Motoren ausgerüstet, die die von China zurückgehaltenen Seltenen Erden enthalten.

Vom chinesischen Markt – dem nach den USA und Europa dritten wichtigen Automarkt – darf sich Musk keine Rettung erhoffen, denn auch dort gilt: Der Markt für E-Autos wächst schnell, Tesla aber stagniert, verliert also Marktanteile. Das erste Quartal 2025 war das schlechteste seit 2022. Im Mai lagen die Verkäufe in China 15 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Es war der achte Monat mit schrumpfenden Absätzen in Folge – trotz aufgefrischtem Model Y.

Ein Tesla, gekauft von Donald Trump, vor dem Weißen Haus in Washington: Dass US-Präsident Donald Trump Tesla unterstützte, hat die Marke schwer beschädigt. Foto: REUTERS

Es ist erneut Donald Trump, der Tesla weiter in Bedrängnis bringt – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Durch die von Trump entfachten Zollkriege verteuern sich Tesla-Exporte aus China, ebenso wie die Importe von Stahl, Aluminium und Autoteilen in die USA. Bereits im März schlug das Unternehmen in einem nicht unterschriebenen Brief an den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer Alarm: Durch frühere Zusatzzölle seien die Kosten von Tesla in den USA gestiegen. Außerdem seien die Autos im Ausland teurer geworden, was ihre Wettbewerbsposition im Markt geschwächt habe.

Neben den Zöllen sorgt der von Trump angeheizte Wirtschaftskonflikt mit China auch dafür, dass chinesische Kunden es aus politischen Gründen nicht mehr wagen, einen Tesla zu kaufen. Zu groß sei die Angst mancher Autofahrer, so berichten chinesische Medien, bei Behörden, Freunden oder Geschäftspartnern mit einem Auto eines Trump-Kumpels vorzufahren.

Nur drei Monate ist es her, da gab Donald Trump noch den Beschützer von Tesla. Nachdem immer wieder Teslas und Tesla-Läden von Trump- und Musk-Feinden verwüstet worden waren, schrieb der Präsident auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social: „Leute, die bei der Sabotage von Teslas erwischt werden, haben eine sehr gute Chance, für bis zu zwanzig Jahre ins Gefängnis zu kommen, und das schließt Geldgeber ein. WIR SUCHEN NACH EUCH!!!“ Davon ist heute nichts mehr übrig. Heute ist klar: Der größte Tesla-Zerstörer neben Elon Musk ist Trump selbst. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ sucht Trump derzeit gar nach Wegen, jenen Tesla wieder loszuwerden, den ihm Musk in guten Zeiten geschenkt hatte.

Musk kann dennoch nicht sagen, er sei nicht gewarnt worden. In einem Social-Media-Beitrag am Weihnachtstag 2023 schrieb Trump, dass „böse und kranke Verbrecher“ den „Elektroauto-Wahnsinn“ vorantreiben würden – eine Gruppe von Menschen, von der er hoffte, dass sie „in der Hölle verrotten“.

👉 Exklusiv bei XING: 6 Wochen die WirtschaftsWoche kostenlos lesen

👉 Exklusiv bei XING: 6 Wochen die WirtschaftsWoche kostenlos lesen

Tesla unter Druck: Trumps Kurs und Absatzkrise bedrohen Musks E-Auto-Imperium

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

WirtschaftsWoche - das Beste der Woche

Deutschlands führendes Wirtschaftsmagazin – verstehen zahlt sich aus.

Artikelsammlung ansehen