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Bild: 123rf.com, zakokor

Test: Was taugt Ihr Chef als Führungskraft?

Wie steht es um die Führungsqualitäten Ihres Chefs? Und mal ganz ehrlich, lassen Sie sich als Mitarbeiter leicht führen? Machen Sie hier den Test und finden Sie heraus, ob Sie gemeinsam ein gutes Team sind.

Bei vielen Angestellten, die mir im Karrierecoaching von ihren Chefs erzählen, klingt es so, dass sie es mehr mit einem "Vor-Gesetzten" als mit einer Führungskraft zu tun haben. Ein Boss, der machtvoll ein Kästchen im Organigramm besetzt, jedoch wenig echtes Interesse hat, mit dem Team gemeinsam Ziele zu erreichen. Chefs, die ihre Rolle als Vorbild und Mentor nicht ausfüllen und mehr netter Kumpel als starke Führungskraft sind. Die ihr Team nicht im Blick haben, Aufgaben wie aus der Gießkanne delegieren, keine Entscheidungen treffen und vom Burnout ihres besten Mitarbeiters erst mit der Krankmeldung erfahren.

Wie ist es bei Ihnen und Ihrem Chef bzw. Ihrer Chefin? Womöglich haben Sie auch den besten Chef der Welt und wissen gar nicht, wie glücklich Sie sich schätzen können. Hier sind 10 Anhaltspunkte, anhand derer Sie es herausfinden können:

Ihr Chef: Nur Vorgesetzter oder echte Führungskraft

Stellen Sie sich eine Skala von 1 bis 10 vor und lesen Sie sich jeden der folgenden zehn Aussagen einzeln durch. Denken Sie über konkrete Situationen der letzten Zeit nach, anhand derer Sie den jeweiligen Sachverhalt bewerten können. Notieren Sie sich zu jeder Aussage einen Wert zwischen 1 und 10, der für Sie gefühlt passend erscheint: 1 bedeutet, dass die Aussage überhaupt nicht auf Ihren Chef oder Ihre Chefin zutrifft, 10 bedeutet absolute Zustimmung:

  1. Mein Chef interessiert sich für mich und weiß, was mir im Beruf wichtig ist, kennt meine persönlichen Stärken ebenso wie meine Schwächen.

  2. Mein Chef delegiert Aufgaben entsprechend der Erfahrungen und Stärken seiner Mitarbeiter und verteilt Aufgaben gerecht nach der Auslastung innerhalb des Teams.

  3. Mein Chef räumt mir Gestaltungsspielräume bei der Bearbeitung übertragener Aufgaben ein und vertraut mir, dass ich selbst Lösungen finde oder mich bei Fragen melde.

  4. Mein Chef ist für mich erreichbar, wenn ich einen Rat, eine Information oder eine Entscheidung benötige. Er reagiert auf meine Anfragen innerhalb angemessener Zeit.

  5. Meinem Chef gelingt es, die Themen und ihren Stand im Team im Blick zu behalten. Er kann den Ressourcenaufwand von Aufgaben beurteilen oder fragt nach unserer Einschätzung.

  6. Mein Chef gibt mir regelmäßig Feedback zu den Ergebnissen meiner Arbeit oder meinem Verhalten. Das Feedback ist wertschätzend und konstruktiv, Fehler werden nicht bestraft, sondern lösungsorientiert besprochen.

  7. Mein Chef ist für mich Vorbild und Mentor, er gibt sein Wissen weiter und fördert mich. Ich nehme ihn ernst, vertraue ihm und weiß, dass ich mit ihm alles besprechen kann.

  8. Mein Chef interessiert sich für meine Meinung, lässt andere Sichtweisen zu und diskutiert sie, trifft Entscheidungen und kommuniziert diese so transparent wie möglich.

  9. Mein Chef informiert unser Team regelmäßig über unternehmensrelevante Entwicklungen und macht die Leistungen seines Teams im Führungskreis und Management sichtbar.

  10. Mein Chef denkt strategisch, hat eine Vision von der Weiterentwicklung unseres Bereichs und fördert die Entwicklung sowohl des gesamten Teams als auch jedes Mitarbeiters.

Welche Bewertungen sind Ihnen leicht gefallen und bei welchen Aussagen mussten Sie länger nachdenken? Was haben Sie dabei gefühlt, als Sie über die Zusammenarbeit und das Verhältnis zwischen in Ihnen und Ihrem Chef oder Ihrer Chefin nachgedacht haben? War es ein Gefühl von Glück oder Zufriedenheit oder war es Angst, Wut oder Trauer? War dies immer schon so wie heute oder hat sich etwas in der letzten Zeit verändert? Wenn ja, was konkret hat sich positiv oder negativ verändert – und was war früher anders?

Bei welchen Aussagen haben Sie die niedrigsten Punktzahlen vergeben? Was glauben Sie, warum sich Ihr Chef oder Ihre Chefin nicht so verhält, wie Sie es von ihm/ihr erwarten würden? Haben Sie eine Idee, was womöglich auch Sie in Zukunft dazu beitragen können, damit sich etwas an dieser Situation positiv verändert?

Bei welchen Aussagen schneidet Ihr Chef bzw. Ihre Chefin besonders gut ab? War Ihnen dies zuvor bereits bewusst? Was können Sie tun, damit es in Zukunft so gut bleibt? Und vielleicht haben Sie Lust, ihr oder ihm bei nächster Gelegenheit zu sagen, was Sie besonders an ihr/ihm schätzen?

Sind Sie ein Gegenarbeiter oder Mitarbeiter?

Nachdem Sie die Führungsqualitäten Ihres Chefs schonungslos bewerten konnten, ist es nur gerecht, nun auch die Perspektive zu wechseln. Schließlich ist wirkungsvolle Führung auch davon abhängig, wie gut sich jeder einzelne Mitarbeiter und ganze Teams führen lassen. Denken Sie ans Paartanzen: Was nützt die beste Führungstechnik, das Wissen um atemberaubende Figuren und eine einseitig gute Haltung, wenn sich die andere Seite hängen lässt oder sogar aktiv dagegen arbeitet? Führen und Folgen ist immer ein gutes Zusammenspiel.

Selbsttest: Wie gut lassen Sie sich als Mitarbeiter führen?

Hier sind 10 Aussagen für Sie als Mitarbeiter, die Sie für sich bewerten und so erkennen können, was es Ihrer Führungskraft vielleicht heute noch schwer macht, Sie gut zu führen. Wenn Sie möchten, dann denken Sie wieder an die Skala von 1 bis 10 und vergeben dieses Mal die Punkte für sich selbst: 1 trifft überhaupt nicht zu, 10 bedeutet volle Zustimmung – und seien Sie ehrlich mit sich selbst, es bekommt ja niemand mit ;-)

  1. Ich betrachte meinen Chef nicht als Feind, sondern als wichtigen Teil des Teams. Ich kämpfe nicht gegen ihn, seine Meinung oder Entscheidungen, sondern tausche mich offen und konstruktiv mit ihm aus.

  2. Ich sage meinem Chef, was mir im Beruf wichtig ist und was ich benötige, um motiviert gute Leistungen zu erbringen. Ich mache deutlich, wenn ich mich zu stark kontrolliert fühle und mir mehr Freiheit wünsche oder mehr Führung und Struktur benötige.

  3. Ich spreche meinen Chef direkt darauf an, sobald mich etwas an seinem Verhalten stört. Ich begegne ihm nicht mit pauschalen Vorwürfen, sondern mache Dinge an konkreten Situationen fest. Ich spreche aus, was ich mir für die Zusammenarbeit in Zukunft anders wünsche.

  4. Ich achte auf mich und meine Gesundheit und versuche, an solchen Situationen zu arbeiten, die mich privat oder beruflich belasten.

  5. Ich weiß, dass Chefs nicht die geborenen Führungskräfte sind und in dieser Rolle lernen müssen, was für sie gute Führung bedeutet und welche Führungshaltung zu ihnen und ihrem Team passt. Auch mein Chef darf Fehler machen.

  6. Ich fokussiere mich auf das Finden von Lösungen, denke zielgerichtet und interessiere mich dabei auch für andere Meinungen und Lösungsvorschläge.

  7. Ich fühle mich nicht als Opfer der Umstände, sondern übernehme jederzeit die volle Verantwortung für mich, mein Denken und Handeln.

  8. Ich möchte Neues lernen und mich fachlich sowie persönlich weiterentwickeln. Ich spreche mit meinem Chef offen über meine Entwicklungsziele und interessiere mich auch für seine Sichtweise auf meine Stärken, Leistungen und Ziele.

  9. Ich stelle die Ziele des Teams über meine persönlichen Ziele und unterstütze meine Kollegen, wenn sie mich um Hilfe bitten. Ich teile mein Wissen, wo es nützlich ist.

  10. Ich versuche, Konflikte zunächst selbst oder mit Hilfe meiner Kollegen zu lösen, bevor ich meinen Chef um Hilfe oder Einmischung bitte.

Und, wie war’s? Konnten Sie sich leicht an die eigene Nase fassen oder denken Sie in diesem Moment „Wenn mein Chef nicht so wäre, dann wäre ja alles ganz anders!“ – „Ansprechen, was mich stört? – Vergessen Sie‘s, Herr Slaghuis, da wird sich niemals etwas ändern!“

Merken Sie was? Wenn dies die Gedanken sind, die Ihnen beim Lesen dieser 10 Aussagen durch den Kopf gehen, dann sind auch Sie aktuell mehr Gegen- als Mitarbeiter. Wenn Sie sich jeden Tag aufs Neue vornehmen, es Ihrem Boss mal so richtig zu zeigen und er doch sehen soll, wie er zurechtkommt, sich am besten noch mit Ihren Teamkollegen brüderlich gegen ihn verbünden – wie kann dann gute Führung gelingen?

Führung ist das Management guter Beziehungen.

Ja klar, es ist der Job Ihrer Führungskraft, an einer guten Beziehungsebene zu Ihnen als Mitarbeiter zu arbeiten. Doch hierfür müssen Sie Ihrem Chef nicht nur die innere Erlaubnis geben und es zulassen, sondern ebenfalls Ihren Teil dazu beitragen und aktiv daran mitarbeiten, dass ihre professionelle Arbeitsbeziehung nachhaltig stabiler wird. Denn eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitern ist die Basis für eine wirklich gute und gesunde Zusammenarbeit.

Probieren Sie es aus und arbeiten auch Sie als Mitarbeiter an guter Führung. Werfen Sie noch einmal einen Blick auf Ihre Bewertungen meiner 10 Aussagen zu Ihrem Verhalten und überlegen Sie sich insbesondere für die Punkte mit einer niedrigen Bewertung, was Sie konkret und ganz praktisch im täglichen Miteinander dazu beitragen können, um mehr mit als gegen Ihren Chef oder die Kollegen zu arbeiten. Ich verspreche Ihnen, Sie werden überrascht sein, welchen Einfluss Ihr Verhalten als Mitarbeiter auf das Ihrer Führungskraft hat und wieviel Freude gemeinsame Arbeit im Team wieder machen kann.

Und falls Sie jetzt der Meinung sind, dass Sie mit Ihrem Chef oder Ihrer Chefin ganz sicher niemals wieder auf einen grünen Zweig kommen werden, dann sollten Sie darüber nachdenken und als Chef/in Ihres eigenen Lebens bewusst entscheiden, was es für Ihre persönliche Zukunft in diesem Team oder bei diesem Arbeitgeber bedeutet.

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Lese-Tipps aus meinem Karriereblog:

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Dr. Bernd Slaghuis writes about Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

Karriere ist heute mehr als nur "höher, schneller, weiter". Seit 2011 habe ich über 2.000 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf begleitet. Von der Neuorientierung und Bewerbung bis zum Onboarding. Meine Erfahrungen teile ich hier als XING Insider, auf meinem Blog und als SPIEGEL-Kolumnist.

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