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Unconscious-Bias-Trainings: Wann sie erfolgreich sind

Um Diskriminierung zu bekämpfen und Vielfalt zu fördern, setzen viele Unternehmen auf Trainingsprogramme. Deren Ergebnisse sind jedoch oft schwach – teilweise nimmt Ausgrenzung sogar noch zu. Was erfolgreiche Schulungen ausmacht.

Von Francesca Gino und Katherine Coffman

Die öffentliche Empörung über Diskriminierung am Arbeitsplatz nimmt überall auf der Welt zu. Parallel dazu wächst in Unternehmen die Erkenntnis, dass Ausgrenzung und diskriminierendes Verhalten enorme Kosten verursachen. Entsprechend bemühen sich Führungskräfte, Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion zu erhöhen.

Schulungen zum Thema Unconscious Bias (nachfolgend auch unbewusste Vorurteile oder Wahrnehmungsverzerrung genannt – Anm. d. Red.) spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Sie sollen unser Bewusstsein für die gedanklichen Abkürzungen schärfen, die unser Gehirn nimmt. Etwa, wie es vorschnell Urteile über die Fähigkeiten oder den Charakter unseres Gegenübers fällt. Besonders häufig beeinflussen Herkunft und Geschlecht, wie wir andere Menschen einschätzen.

Ziel der inzwischen verbreiteten Unconscious-Bias-Trainings (im Weiteren UB-Trainings genannt – Anm. d. Red.) ist es, unbewusste Vorurteile abzubauen, die sich am Arbeitsplatz auf unsere Haltung und unser Verhalten auswirken. Die Schulungen sollen helfen, über Neueinstellungen und Beförderungen unvoreingenommen zu entscheiden.

Die aktuelle Forschung deutet jedoch darauf hin, dass klassische UB-Trainings nicht effektiv sind. Im Rahmen einer Metaanalyse von mehr als 490 Studien, an denen insgesamt rund 80.000 Menschen teilgenommen hatten, kamen Psychologe Patrick Forscher und seine Kollegen 2019 zu einem ernüchternden Ergebnis: UB-Trainings führen demnach nicht dazu, voreingenommene Verhaltensweisen zu verändern. Andere Studien belegen gar, dass die Trainings gegenteilige Auswirkungen haben können.

Die in den Schulungen vermittelte Botschaft, dass unbewusste Vorurteile unfreiwillig und weitverbreitet sind, erweckt bei manchem Teilnehmer den Eindruck, Voreingenommenheit sei unvermeidlich. Eine potenzielle Folge: Diskriminierung nimmt zu statt ab.

Dies zeigt auch die Studie, die Alexandra Kalev, Frank Dobbin und Erin Kelly 2006 durchführten. 700 Unternehmen nahmen teil. Das Ergbenis: In vielen Fällen sank die Wahrscheinlichkeit, dass Schwarze Männer und Frauen nach einer UB-Schulung befördert wurden.

Am wirkungsvollsten ist ein UB-Training, wenn es mehr bietet als nur eine Sensibilisierung für die persönliche Wahrnehmungsverzerrung und ihre Folgen. Eine solche Schulung zeigt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie sie mit ihren unbewussten Vorurteilen umgehen, ihre Verhaltensweisen ändern und ihre Fortschritte dabei messen. Zudem vermittelt es Informationen, die den gängigen Stereotypen widersprechen. Auch der Austausch mit Menschen, deren Erfahrungen sich von den eigenen unterscheiden, sollte Bestandteil des Trainings sein.

Vor allem aber beschränkt sich eine effektive UB-Schulung nicht auf eine einzige Veranstaltung. Stattdessen versteht sie sich als längere Reise, die mit strukturellen Veränderungen der Unternehmensrichtlinien und -abläufe einhergeht. Dazu gehört beispielsweise, Einstellungsverfahrenzu standardisieren, Selbsteinschätzungen bei Leistungsbeurteilungen abzuschaffen und Anreize zu setzen, die für mehr Vielfalt sorgen.

Nur wenn ein UB-Training längersfristig angelegt ist, führt es zu echter und nachhaltiger Veränderunng im Unternehmen, anstatt wie bisher eine Aufgabe zu sein, die rasch abgehakt werden kann. Dass eine solche Form des Trainings positive Auswirkungen hat, zeigen auch zwei unserer Umfragen und eine Studie, die wir in einem Pharmaunternehmen durchgeführt haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, dass sie durch die UB-Schulungen stärker für vorurteilsbehaftetes Verhalten sensibilisiert worden seien. Darüber hinaus berichteten sie, dass ihr Verhalten auch noch Wochen später weniger von Voreingenommenheit geprägt gewesen sei. Zudem werde Inklusion am Arbeitsplatz ernster genommen, so die Erfahrung. Viele haben auch beobachtet, dass persönliche Unterschiede nach dem Training positiver bewertet würden, während sie vorher lediglich toleriert worden seien. Frauen, People of Color und Menschen mit Beeinträchtigungen gaben zu Protokoll, dass die Trainings dazu geführt hätten, dass sie sich stärker zugehörig fühlten und ihre Beiträge mehr Beachtung finden würden.

Um herauszufinden, was hinter diesen positiven Veränderungen steckt, haben wir Dutzende von Führungskräften in Unternehmen quer durch alle Branchen befragt, darunter Personalchefs, Lern- und Entwicklungsexperten sowie Beauftragte für Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion. Alle hatten zuvor sorgfältig ausgeklügelte UB-Programme eingeführt. In diesem Beitrag wollen wir über unsere Erkenntnisse aus diesen Gesprächen berichten. Wir wollen aber auch darstellen, wie es diesen Unternehmen gelungen ist, ihre UB-Trainings praxisbezogener auszurichten. Aus Gründen der Transparenz möchten wir anmerken, dass Co-Autorin Francesca Gino im Rahmen ihrer Consultingtätigkeit Anti-Bias-Schulungen durchgeführt hat. Von den hier erwähnten Unternehmen war jedoch keines darunter.

Die Krux der klassischen Ansätze

Das klassische UB-Training ist in vielerlei Hinsicht unzureichend. In einer Umfrage, die wir kürzlich bei mehr als 500 Angestellten von US-Unternehmen durchgeführt haben, stimmten uns folgende Ergebnisse besonders nachdenklich:

  • Erstens erklären viele Unternehmen UB-Trainings aus Angst vor Gegenreaktionen zu einer freiwilligen Veranstaltung. Dies hat zur Folge, dass vor allem jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran teilnehmen, die mit dem Thema vertraut sind und daran arbeiten möchten.

  • Zweitens gaben 91 Prozent der Befragten an, dass ihre Unternehmen entgegen anderslautenden Behauptungen keinerlei Daten erheben würden, um Ethnizität oder Geschlecht bei Neueinstellungen, Beförderungen oder Anerkennungsprämien zu erfassen. Die Krux dabei: Ohne hinreichende Datenlage ist es schwer, Verbesserungen zu erreichen.

  • Drittens berichteten 87 Prozent der Befragten, dass sich ihre UB-Schulungen auf die wissenschaftlichen Hintergründe von Vorurteilen sowie die Kosten beschränken würden, die durch Diskriminierung entstehen.

Tatsächlich gaben nur 10 Prozent der Schulungsprogramme den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Strategien zum Abbau unbewusster Vorurteile an die Hand. Das ist in etwa so, als würde sich ein Diätprogramm darauf beschränken, seine Teilnehmer auf die Waage zu stellen.

Zu allem Überfluss gibt es noch einen anderen, weitverbreiteten Fehler bei UB-Schulungen: Viele vermitteln den Eindruck, dass sich Vorurteile bereits dadurch reduzieren ließen, dass wir sie bewusst wahrnehmen. Die meisten Programme enden somit dort, wo sie eigentlich beginnen sollten.

Ein wirksameres Modell

Ein wirksames UB-Training vermittelt Techniken, mit deren Hilfe Menschen ihre Verhaltensweisen ändern können. Es unterstützt sie dabei, die Erfahrungen anderer besser zu verstehen, und spornt sie dazu an, im Sinne von Inklusion zu handeln.

Patricia Devine und ihr Team an der Universität Wisconsin haben einen Ansatz entwickelt, der sich "Prejudice habit-breaking" nennt. Wie das klassische UB-Training auch, erklärt dieser Ansatz zunächst, was eine implizite Voreingenommenheit ist, wie sie gemessen wird und wie sie Frauen und People of Color benachteiligt.

Danach nehmen die Teilnehmer am sogenannten "Impliziten Assoziationstest" teil. Dieser zeigt, dass jede und jeder von uns bis zu einem gewissen Grad Vorurteile hegt, die uns nicht bewusst sind. Nach dem Test erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Feedback zu ihrem persönlichen Grad an Voreingenommenheit. Sie lernen, wie sie ihre Vorurteile überwinden. Etwa, indem sie stereotype Ansichten infrage stellen oder die Lebensumstände anderer eingehend recherchieren. Hinzu kommen Übungen, die zum Nachdenken und zum Wechsel der Perspektive anregen. Die Teilnehmer lernen auch, wie sich diese Strategien gegenseitig verstärken und dass sie umso effektiver sind, je mehr sie geübt werden.

Der Wechsel der Perspektive hilft oft schon sehr viel weiter.

Dieser Ansatz funktioniert tatsächlich sehr gut. In einer Längsschnittstudie ließen Devine und ihre Kollegen 292 Studierende an einer Schulung zum Abbau von Vorurteilen teilnehmen. Der Schwerpunkt lag dabei auf Ethnizität. Nach zwei Wochen konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Voreingenommenheit bei anderen deutlich besser wahrnehmen als ihre Kommilitonen, die nicht an dem Training teilgenommen hatten. Zudem neigten sie eher dazu, Voreingenommenheit als schlecht einzustufen. Zwei Jahre später führten die Forscher mit einem Teil der Studierenden eine weitere Untersuchung durch. Dabei stellten sie fest, dass die Absolventen des Trainings nach wie vor dazu tendierten, Voreingenommenheit stärker abzulehnen als ihre Kommilitonen ohne Training.

Mit ähnlichen Methoden schulten dieselben Forscher das MINT-Kollegium der Universität von Wisconsin darin, geschlechtsspezifische Vorurteile abzubauen. Schon kurz darauf waren Veränderungen im Recruiting der Fachbereiche feststellbar. In den Abteilungen, die an der Schulung teilgenommen hatten, stieg der Anteil der neu eingestellten weiblichen Lehrkräfte innerhalb von zwei Jahren von 32 auf 47 Prozent. In den Abteilungen, die nicht an dem Training teilgenommen hatten, blieb der Anteil der Frauen bei den Neueinstellungen unverändert. Eine Umfrage etliche Monate nach den Workshops belegt eine weitere positive Entwicklung: Sowohl weibliche als auch männliche Fakultätsmitglieder gaben an, dass sie sich nach der Schulung wohler fühlten, wenn sie familiäre Verpflichtungen zur Sprache brachten. Zudem hatten sie den Eindruck, dass ihre Kollegen ihrer Arbeit mehr Wertschätzung entgegenbrachten.

Wir haben festgestellt, dass Unternehmen, die mit ihrem UB-Training gute Ergebnisse erzielen, einen ähnlichen Ansatz verfolgen wie Devine. Wir konnten dieses Vorgehen beispielswiese bei einem Pharmaunternehmen beobachten, bei dem wir eine dreimonatige Studie mit etwa 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchgeführt haben. Sechs Wochen nach der UB-Schulung berichteten sie von einem stärkeren Gefühl der Inklusion, zeigten weniger Voreingenommenheit und unterstützten Veränderungen im Unternehmen stärker als Teammitglieder, die nicht an dem Training teilgenommen hatten. Nachdem das Unternehmen daran gearbeitet hatte, den Bias in seinen Leistungsbeurteilungen zu eliminieren, empfanden die Mitarbeiter diese als fairer; Datenanalysen bestätigten diese Wahrnehmung.

Im Folgenden werden wir die einzelnen Elemente eines erfolgreichen UB-Trainings genauer betrachten. Dabei werden wir auch auf die ergänzenden Maßnahmen hinweisen, mit denen das Gelernte im Alltag vertieft werden kann.

1. Den persönlichen Einfluss betonen

Ziel eines UB-Trainings ist, Menschen zu helfen, sich gegen Vorurteile zu wehren. Die Schulungen sollen sie unterstützen, ihre Haltung zu ändern. Dazu gehört auch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit zu nehmen, sich vor der Verantwortung zu drücken. Etwa wenn ihnen eine innere Stimme zuflüstert: "Voreingenommenheit ist angeboren, ich kann nichts dagegen tun." Folgende Faktoren tragen zum Gelingen bei:

Die Verleugnungshaltung überwinden. Selbst wenn wir unsere Vorurteile bewusst wahrnehmen, kennen wir oft weder ihr Ausmaß noch ihre Auswirkungen. Eine groß angelegte Untersuchung unter Personalleitern, die von Devah Pager und Lincoln Quillian durchgeführt wurde, ergab eindeutige Beweise für die Diskriminierung Schwarzer Bewerber bei der Neueinstellung. 2001 bat das Forscherteam Collegestudenten, sich auf 350 offene Stellen für Berufseinsteiger in Milwaukee zu bewerben. Die Kandidaten waren allesamt 23 Jahre alt und für die Studie in Zweiergruppen eingeteilt worden. Die Stellen wurden nach dem Zufallsprinzip aus dem Kleinanzeigenteil einer Sonntagszeitung sowie einer staatlich geförderten Onlinejobbörse ausgewählt.

Bei den Bewerbern handelte es sich um zwei Weiße Studenten, von denen einer eine erfundene Vorstrafe hatte, und zwei Schwarze Studenten, von denen ebenfalls einer angeblich vorbestraft war. Die Schwarzen Studenten bewarben sich mit denselben Profilen wie ihre Weißen Kommilitonen. Die Unterschiede bei den Antworten, die die Bewerber erhielten, waren frappierend: 34 Prozent der Weißen Studenten ohne Vorstrafen und 17 Prozent derjenigen mit Vorstrafen kamen in die nächste Bewerbungsrunde. Bei den Schwarzen Studenten ohne Vorstrafe waren es lediglich 14 Prozent, die zu einem zweiten Gespräch eingeladen wurden. Bei jenen mit Vorstrafe 5 Prozent. In einer Folgebefragung gaben die verantwortlichen Führungskräfte an, dass sie keine Präferenzen in Bezug auf die ethnische Herkunft hätten. Eine solche Verleugnungshaltung ist weit verbreitet. Auch das zeigt: Um sich mit Vorurteilen auseinandersetzen zu können, müssen sich Menschen eingestehen, dass sie existieren.

Klassische UB-Trainings konzentrieren sich vor allem auf extreme Fälle von Missbrauch und Belästigung. In der Regel fühlen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deshalb nicht angesprochen. "So etwas würde ich nie tun!", denken sie sich – und schalten auf Durchzug.

Es ist wichtig, in Trainings auch extreme Vorfälle zu berücksichtigen. Der Fokus der Schulung sollte jedoch auf Situationen liegen, in denen Führungskräfte und Teammitglieder andere Menschen auf subtilere Weise ausschließen oder deren Leistungen abwerten. Schließlich sind dies die am weitesten verbreiteten und heimtückischsten Formen der Voreingenommenheit.

Microsoft bietet seine UB-Trainings online an und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. In den Videos werden ganz alltägliche Situationen am Arbeitsplatz dargestellt. Darunter auch eine Szene, in der die einzige Frau im Team versucht, sich Gehör zu verschaffen, und ständig unterbrochen wird. Erst als sich eines der Teammitglieder einschaltet, gelingt es ihr, ihre Einschätzung zu äußern.

Ähnlich hat Starbucks sein Programm aufgebaut. Die Kaffeekette konzipierte 2018 ein neues Anti-Bias-Training – als Redaktion auf einen Vorfall in einer Filiale in Philadelphia. Damals hatten sich zwei afroamerikanische Unternehmer zu einem Meeting in einer Starbucks-Filiale verabredet. Da ihr Gesprächspartner auf sich warten ließ, nahmen sie schon einmal Platz. Allerdings, ohne etwas zu bestellen. Der Filialleiter forderte sie auf, eine Order aufzugeben oder die Filiale zu verlassen. Als sie dem nicht nachkamen, wählte er den Notruf; die beiden Männer wurden von der Polizei verhaftet.

Die Unternehmensführung war entsetzt und entschied, UB-Schulungen zum Thema Ethnizität durchzuführen. Das Anliegen war Starbucks so wichtig, dass es dafür alle 8000 US-Filialen einen halben Tag geschlossen hielt. Im Training zeigten die Führungskräfte anhand von konkreten Beispielen, wie sich Voreingenommenheit in den Filialen äußern kann. Etwa wenn Mitarbeiter Kunden aufgrund ihrer Hautfarbe unterschiedlich behandeln oder wegen ihres Erscheinungsbildes Annahmen über ihr Verhalten treffen.

Das Potenzial für persönliche Weiterentwicklung hervorheben. Kürzlich haben wie eine Umfrage unter fast 1300 Angestellten in den USA durchgeführt. Ihr Resultat: Die Erkenntnis, dass das Gehirn formbar und zu positiven Veränderungen fähig ist, ist ein wichtiger und enorm wirksamer Bestandteil einer Anti-Bias-Schulung. Sie hilft, den Teilnehmern zu vermitteln, dass Voreingenommenheit zwar normal, aber keinesfalls akzeptabel oder unvermeidbar ist.

Das kanadische Energieunternehmen Suncor ermutigt zum Beispiel Teammitglieder, Situationen, in denen sie sich selbst als voreingenommen erlebt haben, in einem eigens dafür angelegten Heft festzuhalten. Bei Microsoft werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Training aufgefordert, Beipiele für Voreingenommenheit aus den Videos gedanklich zu vertiefen. Einer der Filme zeigt ein Team, das darüber diskutiert, wer am besten ein bestimmtes Projekt leiten sollte. Nachdem die Teilnehmer diese Szene gesehen haben, sollen sie bewerten, welche Aussagen in der Diskussion stichhaltig sind. Erstens: Technisches Verständnis ist wichtig, wenn man ein technisches Projekt leiten will. Zweitens: Da Cynthia kleine Kinder hat, wird es für sie schwieriger sein, sich voll und ganz für das Projekt zu engagieren. Drittens: Ravi ist aufgrund seiner introvertierten Art ungeeignet, die Projektleitung zu übernehmen. Und Viertens: Gerrys entspanntes Auftreten wäre den Zielen dieses Projekts nicht zuträglich. In der Auflösung lernen die Teilnehmer, dass nur die erste Aussage zielführend ist. Die Botschaft: Es gibt keinen Beleg dafür, dass sich Kinder, Introvertiertheit oder ein entspanntes Auftreten negativ auf die Arbeit als Projektleiter auswirken.

Aufzeigen, wie sich Verhaltensweisen ändern lassen. Jeder Abschnitt des UB-Trainings bei Microsoft enthält eine Best-Practice-Übung, die dabei helfen soll, Vorurteile zu überwinden. "Überprüfen Sie Ihre Annahmen" ist eine davon. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird gesagt: "Wenn Sie sich das nächste Mal dabei ertappen, dass Sie sich ein Urteil über den Hintergrund oder die Arbeitspräferenzen von jemanden bilden, stellen Sie sich folgende Frage: Könnte genau dieser Aspekt eine Bereicherung sein? Dies ist eine einfache Möglichkeit, einen Menschen oder eine Situation in neuem Licht zu sehen."

Die Mitarbeitenden lernen außerdem, wie sie ihre Vorurteile beim Recruiting oder beim Verteilen von Projekten in Schach halten. Ein Tipp im Training lautet, vor der Beurteilung potenzieller Kandidaten als Erstes die Anforderungen zu definieren, die die entsprechende Position erfordert.

Der Wechsel der Perspektive hilft oft schon sehr viel weiter.

In einem von uns befragten PR-Unternehmen arbeitet die Diversity-Chefin daran, Prozesse in der Kundenbetreuung, der Personalabteilung und im Recruiting zu verbessern. Dabei stellte sie fest, dass die bisherigen Leistungsbeurteilungen von Vorurteilen geprägt waren: Frauen erhielten weniger hilfreiches Feedback als Männer. Der Grund dafür: Im Rahmen der Beurteilung mussten die Mitarbeitenden ein Formular zur Selbsteinschätzung ausfüllen. Die meisten Vorgesetzten lasen das Papier, bevor sie selbst ihr Urteil fällten.

Das Problem: Die Frauen im Unternehmen gingen härter mit sich ins Gericht als die Männer. Am Ende beeinflusste dies auch das Urteil ihrer Führungskräfte. Um diese Krux zu beseitigen, verzichtete die Personalabteilung fortan auf die Selbsteinschätzung. Der Erfolg zeigte sich sehr bald – die Leistungsbeurteilungen der Frauen sind jetzt deutlich weniger durch Voreingenommenheit geprägt. Das Unternehmen verwendet Beispiele wie dieses inzwischen in seinem UB-Training, um zu zeigen, wie sich Wahrnehmungsverzerrungen mithilfe von Verhaltensänderungen bekämpfen lassen.

Stereotype entkräften. Stereotype, die wir auf uns selbst und andere anwenden, beeinflussen unser Verhalten erheblich. Co-Autorin Katherine Coffman hat dazu Folgendes herausgefunden: In Bereichen, die stereotypisch als männlich gelten, legen Frauen oft Verhaltensweisen an den Tag, die ihren Erfolg gefährden. Weil sie sich weniger zutrauen, schlagen sie in einem eher männlichgeprägten Umfeld zum Beispiel seltener Ideen vor. Oft verzichten sie auch darauf, sich auf Stellen zu bewerben, für die sie qualifiziert wären.

Wenn bereits Berufseinsteigerinnen dazu ermutigt werden, Beispiele zu benennen, die den Stereotypen widersprechen, können solche Wahrnehmungsverzerrungen abgebaut werden. Diesen Mechanismus belegt auch ein Experiment von Nilanjana Dasgupta und Anthony Greenwald. Die beiden ließen Studierende Bilder von hochgeachteten Afroamerikanern betrachten. Wie sich zeigte, schwächte dies die Präferenz der Versuchsteilnehmer für Weiße Personen ab.

In einer anderen Studie, die Dasgupta mit Shaki Asgari durchführte, stuften Studentinnen die Bereiche Mitarbeiterführung und Mathematik seltener als Männerdomänen ein, nachdem sie weibliche Fakultätsmitglieder kennengelernt hatten.

Kurzum: Informationen, die einem Stereotyp widersprechen, bauen Vorurteile ab und führen zu positiveren zwischenmenschlichen Begegnungen. Die Führungskräfte bei Corning, einem Hersteller von Hightech-Glas- und Keramikprodukten, nutzen gegenstereotype Informationen zum Abbau unbewusster Vorurteile. Zu Cornings Lernangebot Intersections, das über die interne Community-Plattform läuft, gehört auch die Podcast-Serie "Collective Voices". Hier diskutieren Teammitglieder aus dem gesamten Unternehmen über Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion. Dabei tauschen sie sich auch über ihre persönlichen Erfahrungen aus. In einigen Folgen schildern Mitarbeiter und Führungskräfte Situationen, in denen sie sich selbst voreingenommen verhalten haben. Zum Beispiel, indem sie eine Kollegin aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen oder ethnischen Gruppe stereotypisiert haben. Indem sie sich angreifbar machen, helfen die Sprecherinnen und Sprecher im Podcast anderen im Unternehmen, sich mit ihren eigenen Vorurteilen auseinanderzusetzen. Aus internen Umfragen geht hervor, dass es Mitarbeitern seit dem Start dieses sehr beliebten Podcasts leichter fällt, über die eigenen Fehler und bisweilen verzerrten Ansichten zu sprechen. Viele von ihnen setzen sich mittlerweile auch öfter über Stereotype hinweg.

2. Empathie wecken

Aus Untersuchungen geht hervor, dass wir weniger Empathie für Menschen empfinden, die anders zu sein scheinen als wir. Aus diesem Grund neigen wir dazu, sie schlechter zu behandeln. Empathie kann dazu beitragen, unsere Interaktionen zu verbessern - und dies über ethnische, geschlechtliche und andere Unterschiede hinweg. So lässt sich Empathie bewusst fördern:

Üben, sich in andere hineinzuversetzen. Viele Studien bestätigen, dass es nicht in der menschlichen Natur liegt, sich in die Lage des Gegenübers zu versetzen. Das ist schade – denn es ist eine gute Möglichkeit, mehr Interesse füreinander zu entwickeln und Beziehungen zu verbessern.

Aus Laborstudien wissen wir, dass die Aufforderung, den Standpunkt eines anderen Menschen einzunehmen, Voreingenommenheit abschwächt und unbewusste Vorurteile gegenüber der stigmatisierten Gruppe reduziert. Für eine Studie sah sich eine Reihe Weißer Amerikaner Ausschnitte aus dem Film "The Joy Luck Club" (der Film lief hierzulande unter dem Titel "Töchter des Himmels" – Anm. d. Red.) an und wurde gebeten, sich in die Lage der chinesisch-amerikanischen Heldin June zu versetzen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten die Teilnehmer später weniger implizite Vorurteile.

Diskussionen in kleinen Gruppen. Austausch gibt Teammitgliedern die Möglichkeit, Ansichten und Erfahrungen anderer kennenzulernen. Im Abstand von jeweils sieben Wochen erweitert Starbucks seine fortlaufende UB-Schulungsreihe namens "Third Place" um neue, angeleitete Lern- und Diskussionsmodule. Die Neuerungen werden in den Filialen auf iPads und im Intranet zur Verfügung gestellt. Die Themen werden von den Führungskräften verschiedener Abteilungen ausgewählt. Auch Mitarbeiter können bei der Themenwahl mitwirken.

Um zu gewährleisten, dass die Trainingsmodule tatsächlich genutzt werden, räumt Starbucks den Beschäftigten dafür ein Zeitbudget ein. Jedes Modul soll in Gruppen von drei bis fünf Mitarbeitern durchgearbeitet und die darin gestellten Fragen sollen diskutiert werden. Für die Baristas und andere Mitarbeitende ohne Führungsaufgaben dauert eine Session jeweils 30 Minuten, für Führungskräfte und höhere Positionen sind es 60 Minuten.

3. Begegnungen anregen

Untersuchungen zeigen, dass Weiße Menschen häufig Angst davor haben, mit Schwarzen in Kontakt zu treten. Vor allem dann, wenn sie generell nur wenige Begegnungen mit anderen ethnischen Gruppen hatten. Das Knüpfen von Beziehungen zu Mitgliedern verschiedener Gruppen kann unsere sozialen Netzwerke erweitern und den Stress, den wir in ihrer Anwesenheit empfinden, vermindern. Folgende Methoden helfen:

Den direkten Austausch fördern. Die UB-Schulungen sind eine gute Gelegenheit, andere Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Selbst dann, wenn die Trainings virtuell stattfinden. Bei unseren Umfragen unter fast 1300 Arbeitnehmern gaben viele der Befragten an, dass sie die neuen Kontakte als großen Pluspunkt empfanden. Etlichen wurde erst dadurch klar, mit wem sie bislang besonders viel oder auffallend wenig im Austausch standen.

Der Erfolg dieser Art von Maßnahmen hängt natürlich davon ab, wie vielfältig die Belegschaft zusammengesetzt ist. Die Tatsache, dass die Trainings Unbehagen verursachen könnten, darf kein Hindernis sein. Untersuchungen belegen, dass ein gewisser Grad an Irritation sogar ein wesentlicher Auslöser für Selbstreflexion ist, die letztlich dazu führt, das eigene Verhalten zu korrigieren.

Bei Starbucks ergaben Pulsbefragungen (Mitarbeiterbefragungen, die in kurzen Abständen durchgeführt werden – Anm. d. Red.) und Interviews, dass die UB-Module bewirkten, dass Kollegen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen mehr übereinander lernten. Die im Training geknüpften Verbindungen steigerten die Empathie in der Belegschaft zusätzlich.

Neugierde wecken. Co-Autorin Francesca Gino hat im Rahmen ihrer Forschungen immer wieder festgestellt, dass unser natürliches Bestreben zu lernen, Vorurteilen und diskriminierendem Verhalten entgegenwirken kann (siehe auch "The Business Case for Curiosity", Harvard Business Review, September/Oktober 2018 – Anm. d Red.). Unsere Neugier treibt uns an, Menschen besser kennenzulernen, statt Vermutungen über sie anzustellen. Ein UB-Training kann diese Neugier bewusst fördern. Etwa indem Menschen dabei in divers zusammengesetzte Teams eingeteilt werden. Das multinationale Beratungsunternehmen EY hat gute Erfahrungen damit gemacht, Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen in Gruppen zusammenzubringen und sie zu ermutigen, sich gegenseitig Fragen zu stellen. Starbucks organisiert regelmäßig Veranstaltungen mit externen Referenten. Zu den Vortragenden zählen erfolgreiche Schwarze Unternehmer und bekannte Persönlichkeiten, die einer Minderheit angehören oder mit einer Behinderung leben. Das Unternehmen will so das Interesse seiner Mitarbeiter wecken, mehr über Menschen zu erfahren, deren Hintergrund ihnen möglicherweise fremd ist.

Es bedarf oft einer gewissen Irritation, um über sich selbst nachzudenken.

Menschen ermutigen, ihr Verhalten zu überprüfen. Spielen unbewusste Vorurteile bei den eigenen Entscheidungen eine Rolle? Etwa wenn es darum geht, Aufgaben zu verteilen? Auf wessen Beiträge achten sie bei Brainstorming-Sessions besonders, mit wem führen sie spontane Gespräche? UB-Trainings sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anregen, über solche Muster nachzudenken.

Bei einem Führungskräftecoaching zum Thema Unconscious Bias bat Francesca Gino die Teilnehmer um Folgendes: Sie sollten anhand ihrer Kalendereinträge prüfen, mit wem sie sich im Vormonat getroffen und wen sie zu Besprechungen eingeladen hatten. Im nächsten Schritt sollten sie die Gesprächsanteile analysieren. Wen hatten sie wann zu Wort kommen lassen? Die Ergebnisse waren aufschlussreich: People of Color wurden nicht so oft zu Besprechungen eingeladen wie Weiße. Auch wurden sie seltener nach ihrer Meinung gefragt. Zudem trafen sie ihre Vorgesetzten seltener zu informellen Treffen.

Als die Führungskräfte eines Finanzdienstleistungsunternehmens in diesem Zusammenhang untersuchten, an wen sie Investitions- oder Geschäftsmöglichkeiten weitergeleitet hatten, fanden sie Hinweise auf einen Gender-Bias: Solche Chancen wurden häufiger Männern eröffnet als Frauen.

4. Kontinuierliches Lernen unterstützen

Führungskräfte, die Chancengleichheit und Vielfalt fördern wollen, müssen ihren Mitarbeitern helfen, die Lehren des UB-Trainings in die Praxis umzusetzen. Im Folgenden stellen wir einige Maßnahmen vor, die dies erleichtern.

Sich verpflichten, an Verbesserungen mitzuwirken. Im Rahmen des UB-Trainings sollten sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter Zeit erhalten, um zu analysieren, aus welchem Grund sie ihre Vorurteile abbauen wollen. Einige möchten sich vielleicht den Ruf erwerben, stets um Inklusion bemüht zu sein. Andere wollen dadurch möglicherweise eines der Unternehmensziele erreichen: Etwa mithilfe einer vielfältigen Belegschaft besser auf die Wünsche der ebenfalls diversen Kundschaft einzugehen. Vielleicht sind sie auch einfach nur der Meinung, dass es richtig ist, gegen Vorurteile und Voreingenommenheit vorzugehen. Ganz gleich, welches Ziel dahintersteht: Wer einen konkreten Grund für sein Engagement benennen kann, macht damit bereits den ersten Schritt in Richtung Verbesserung.

Es fällt den Teilnehmern leichter, sich zu engagieren, wenn ihnen vor Augen geführt wird, wie unbewusste Vorurteile ihre Arbeit beeinflussen. In einem großen Unternehmen, das Francesca Gino beraten hat, wurden bei den Leistungsbewertungen Vorurteile in Bezug auf Ethnizität festgestellt. Nachdem die Personalleiter die Faktenlage geprüft hatten, verpflichtete sich dieFührungsebene, unfaire Praktiken zu unterbinden.

Einen Mentor suchen und um Feedback bitten. Häufig sind wir nicht in der Lage, unsere Voreingenommenheit und deren Auswirkungen richtig einzuschätzen. Eine männliche Führungskraft, die wir gecoacht haben, hat das erlebt. Einer seiner Vertrauten erzählte ihm von seinen Beobachtungen: Demnach hatte die Führungskraft die Angewohnheit, vor allem Frauen in Besprechungen ständig zu unterbrechen. Darüber hinaus schrieb der Chef Ideen von Frauen häufig den männlichen Kollegen zu. Nachdem er dies erfahren hatte, achtete er intensiver darauf, wie er sich bei Meetings verhielt.

Eine weitere Möglichkeit, sich der eigenen Voruteile bewusst zu werden, besteht darin, dass die Teilnehmer einer UB-Schulung einen Mentor bestimmen. Dessen Aufgabe ist, ihr Verhalten auf mögliche Voreingenommenheit zu analysieren und ihnen zu helfen, Feedback einzuholen. Das kann anonym erfolgen, was für manche Teams angenehmer ist. Sie können aber auch jemanden auswählen, der bei Meetings darauf achtet, inwieweit Vorurteile eine Rolle spielen. Keine Frage: Es ist nicht leicht, die eigene Voreingenommenheit zu akzeptieren. Doch das Lernen aus Feedback ist der Schlüssel zur Inklusion.

Verbesserungen nachvollziehen. Es ist wichtig, Fortschritte zu beobachten und Mitarbeiter in die Verantwortung zu nehmen. Als die Führungskräfte des bereits erwähnten Pharmaunternehmens ihre Methoden überprüften, stellten sie fest, dass sich in den zwei Jahren seit ihrer UB-Schulung die Beförderungsmuster verändert hatten. Auch die Führungskräfte des Finanzdienstleisters gingen bei der Verteilung von Aufträgen unvoreingenommener und fairer vor, seitdem sie nachvollziehbar dokumentierten, an wen sie ihre Aufträge weitergaben.

5. Eine breitere Wirkung erzielen

Wenn sich Unternehmen verpflichten, Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion umfassend zu fördern, steigt ihr Rückhalt bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In einer unserer Umfragen unter mehr als 500 Angestellten gaben die Teilnehmer an, dass sie UB-Schulungen ernster nahmen, wenn ihr Arbeitgeber seine Unterstützung deutlich zum Ausdruck brachte. Etwa in Form von Aufmerksamkeit, Zeit und Geld. So können Unternehmen entsprechende Hilfestellung leisten:

Fundamente bauen. Unternehmen haben viele Möglichkeiten, Daten zu erheben: über den Anteil und die Verteilung von Menschen aus unterschiedlichen Gruppen oder die Art, wie Mitarbeiter die Inklusion wahrnehmen. Und natürlich über die Bereiche im Unternehmen, in denen möglicherweise Fehler in Bezug auf Vielfalt und Chancengleichheit gemacht werden, beispielsweise im Recruiting oder bei der Leistungsbeurteilung.

Diese Daten helfen zu entscheiden, welche Schulungsinhalte voraussichltich die größte Wirkung entfalten werden. Ausschüsse können eine wichtige Rolle übernehmen, um Fortschritte zu überprüfen, zu dokumentieren und je nach Bedarf nachzujustieren.

Voraussetzung für all diese Bemühungen ist eine verlässliche Finanzierung. Starbucks hat sich gleich für mehrere Jahre verpflichtet, den Kampf gegen Vorurteile finanziell zu unterstützen. Den enorm hohen Stellenwert des Langzeitprojekts liest Molly Hill, Vice President of Learning, Development, and Partner Experience bei Starbucks, auch daran ab, dass ihr Team nicht jedes Jahr um ein neues Trainingsbudget bitten muss – das Geld wird der Initiative automatisch zugewiesen.

Die Wirksamkeit des UB-Trainings messen. Veränderungen zu erfassen und zu analysieren trägt entscheidend dazu bei, die Schulungen kontinuierlich zu verbessern. Dazu werden zunächst Daten über die tatsächliche Einbindung der UB-Trainingsinhalte in den Alltag der Mitarbeiter erfasst. Microsoft führt zu diesem Zweck Teilnehmerumfragen durch. Zudem untersucht das Unternehmen, was Mitarbeiter, Teams und Abteilungen am ehesten veranlasst, sich die Trainingsinhalte anzueignen.

Fazit

Statt auf oberflächliche Einmalveranstaltungen sollten Führungskräfte auf längerfristig angelegte Trainingsangebote setzen, um Voreingenommenheit zu bekämpfen. Dadurch fällt es den Mitarbeitenden leichter, ihre unbewussten Vorurteile zu erkennen, sie zu verstehen, sie abzubauen – und ihre Fortschritte zu verfolgen. Wenn dies gelingt, verwandeln sich Unternehmen in Arbeitsumgebungen, in denen sich jeder Einzelne zugehörig und geschätzt fühlt. © HBP 2021

Die Autorinnen

Francesca Gino ist Professorin für Business Administration an der Harvard Business School. Im Zentrum ihrer Untersuchungen steht die Frage, wie Menschen ein produktiveres, kreativeres und erfüllteres Leben führen können.

Katherine Coffman ist Associate Professor für Business Administration an der Harvard Business School. Ihre Forschung konzentriert sich darauf, wie Stereotype unsere Überzeugungen und unser Verhalten beeinflussen.

Kompakt

Das Problem Klassische Trainings, die unbewusste Vorurteile aufdecken und für mehr Vielfalt am Arbeitsplatz sorgen sollen, versagen.

Die Ursache Unconscious-Bias-Trainings sollen Vorurteile bewusst machen. Weil viele gleichzeitig die Botschaft vermitteln, dass Vorurteile verbreitet und unfreiwillig seien, entsteht oft der Eindruck, sie wären unvermeidbar.

Die Lösung Es reicht nicht aus, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sensibilisieren. Unternehmen müssen ihnen helfen, ihre Verhaltensweisen ändern. Dazu braucht es Daten, Feedback und Erfolgskriterien für die Trainings.

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Voneinander lernen

Microsoft hat in den USA moderne und umfassende Diversity-Trainings etabliert. Wie sieht die Situation in Deutschland aus? Ein Gespräch mit Magdalena Rogl, Project Lead für Diversity & Inclusion.

Harvard Busniess manager: Gehen wir hierzulande mit Vorurteilen anders um als in den USA?

Magdalena Rogl: Diversität, Inklusion und damit auch Vorurteile sind sicherlich teilweise kulturell bedingt – dementsprechend gibt es lokale Unterschiede. Aus meiner Sicht ist die Diskussion und damit das Bewusstsein über Vorurteile in den USA schon etwas größer als in Deutschland. "Unconscious Bias" ist dort ein geflügelter Begriff.

Welches sind die Themen, die im Jobumfeld hierzulande besonders mit unbewussten Vorurteilen behaftet sind?

Ganz klar: alle Themen! Es gibt kein Thema, keinen Bereich, kein Team, das nicht mit unbewussten Vorurteilen behaftet ist. Überrascht bin ich zum Beispiel immer wieder, was unbewusste Vorurteile bezüglich Bildung betrifft. Ich selbst habe kein Abitur und nicht studiert. Ich habe lange versucht, das zu vertuschen, weil mir oft das Gefühl gegeben wurde, dass ich mit diesem Hintergrund nicht gut genug sein kann. Ich glaube, zu unbewussten Vorurteilen selbst gibt es relativ wenige lokale Unterschiede – aber zum Umgang mit ihnen ganz sicher.

Welches sind die größten Herausforderungen?

Zu akzeptieren, dass es ein fortlaufender Prozess ist und unbewusste Vorurteile nichts sind, das wir ablegen können. Aber wir können miteinander sprechen und voneinander lernen. Dafür sind unsere sogenannten Employee-Resource-Groups – unsere Mitarbeitenden-Communities – besonders wichtig. Sie beschäftigen sie mit Themen wie LGBTQI+, Menschen mit Behinderungen oder multikulturellen Themen. Dieser Austausch in eigenen Gruppen, aber auch darüber hinweg, ist besonders wichtig, um unbewusste Vorurteile immer wieder zu reflektieren und daran zu wachsen. Als Menschen, aber vor allem auch als Unternehmen.

Mit Magdalena Rogl sprach HBm-Redakteurin Christiane Sommer.

Dieser Artikel erschien in der Dezember-Ausgabe 2021 des Harvard Business managers.

Unconscious-Bias-Trainings: Wann sie erfolgreich sind

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Der Harvard Business Manager ist die erweiterte deutsche Ausgabe der US-Zeitschrift "Harvard Business Review" (HBR), des renommiertesten Managementmagazins der Welt. Die Redaktion ergänzt die besten Artikel aus der HBR um wichtige Forschungsergebnisse von Professoren europäischer Universitäten und Business Schools sowie um Texte deutschsprachiger Experten aus Beratungen und dem Management von Unternehmen. Unsere Autoren zählen zu den besten und bekanntesten Fachleuten auf ihrem Gebiet und haben ihre Erkenntnisse durch langjährige Studien und Berufspraxis erworben.

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