Cover-Ausschnitt des WIN!-Charta Nachhaltigkeitsberichts - Mader GmbH & Co. KG

Unternehmensbilanzen im Gleichgewicht: Warum regionales Engagement unverzichtbar ist

Um unsere Lebens- und Unternehmensbilanzen ins Gleichgewicht zu bringen, braucht es nicht nur ökonomisches Wissen und Fachkompetenzen, sondern auch Achtsamkeit, persönliches Engagement und einen sorgsamen Umgang mit der Natur. Fehlen sie, werden wir in Zeiten wachsender Unsicherheiten auch keine gesellschaftlichen Widerstandsressourcen ausbilden können, die wir für eine intakte Sozialstruktur brauchen. Auch wenn es kein Patenrezept für die gleichzeitige Lösung aller aktuellen Herausforderungen und Probleme gibt, so sind vor allem immer mehr regionale Ansätze erkennbar, die uns als Gesellschaft auf den richtigen Kurs bringen können. Zum Beispiel in Baden-Württemberg.

Fast alle Unternehmen wollen es, wenige Champions tun es

Für Unternehmen in Baden-Württemberg hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert, doch nur wenige sind darin schon echte „Champions“, wie Studierende in einer Umfrage herausfanden, die die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen bereits vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsagentur <em>faktor erarbeitet hat. Sie ist eine Semesterarbeit von vier Studierenden des Studiengangs „Nachhaltiges Produktmanagement“. Der betreuende Professor, Klaus Gourgé, vertritt an der Fakultät Wirtschaft und Recht die Fachgebiete Unternehmenskommunikation und CSR.

Mehr als 400 Unternehmen in Baden-Württemberg wurden angeschrieben, etwa zehn Prozent davon beteiligten sich. Während etwa drei Viertel der befragten Unternehmen dem Thema Nachhaltigkeit gern mehr Bedeutung beimessen würden, betreiben nur gut zehn Prozent in ihrem Unternehmen ein konsequentes Nachhaltigkeitsmanagement. Als Haupthindernis nennen viele den hohen Zeitaufwand. Doch es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, unkompliziert in ein Nachhaltigkeitsmanagement einzusteigen, so dass das Tagesgeschäft ohne Unterbrechungen weiterlaufen kann. Die Gemeinwohl-Bilanz oder die „WIN!-Charta“ sind sehr gute Ansätze.

Warum die „WIN!-Charta“ ein gesellschaftlicher Gewinn ist

Ins Leben gerufen wurde die WIN!-Charta durch die Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN), einer Initiative innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg, die Erfahrungen und das Wissen nachhaltig engagierter Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branche bündeln und nachhaltiges Wirtschaften fördern will. Im Februar 2015 unterzeichnete die Mader GmbH & Co. KG ebenso wie mehr als 50 weitere Unternehmen aus Baden-Württemberg die WIN!-Charta und bekannte sich zu den zwölf Leitsätzen und Zielen nachhaltigen Wirtschaftens. Die Unternehmen verpflichten sich zudem zur Unterstützung eines Nachhaltigkeitsprojekts aus ihrer Region und zu einem regelmäßigen schriftlichen Rechenschaftsbericht. „Das öffentliche Bekenntnis zu nachhaltigem Wirtschaften gibt unseren intern formulierten Nachhaltigkeitszielen ein noch stärkeres Gewicht“, sagt Werner Landhäußer, geschäftsführender Gesellschafter bei der Mader GmbH & Co. KG, dem derzeit einzigen Anbieter, der nachhaltige Gesamtkonzepte für eine energieeffiziente Drucklufterzeugung und -nutzung anbietet.

Unternehmen, die sich der Initiative anschließen, verpflichten sich neben der Einhaltung der zwölf Leitsätze auch zur kontinuierlichen Verbesserung im Bereich Nachhaltigkeit. Das Unternehmen wählt zwei Leitsätze aus, an denen es in darauffolgenden Monaten besonders intensiv arbeiten will. „Unser Fokus liegt auf den Leitsätzen ‚Energie und Emissionen‘ und ‚Anreize zum Umdenken‘“, so Stefanie Kästle, Mitglied der Geschäftsführung bei Mader. Um die definierten Ziele zu erreichen, waren bereits zu Beginn eine Reihe interner Maßnahmen geplant:

Ganz oben auf der Liste stand die Senkung des unternehmensinternen Energieverbrauchs. Dazu kann jede/r Einzelne im Unternehmen dazu beitragen. Mit entsprechender Information, Schulung und Motivation der Kolleginnen und Kollegen wurden hier gute Verbesserungen. erhofft. Als externes Nachhaltigkeitsprojekt plante das Unternehmen die weitere Intensivierung der Bildungspartnerschaft mit zwei lokalen Schulen. Ziel war es, den Schülern Wissen zur Berufswahl, zur Bewerbung und zum praktischen Einstieg in das Berufsleben zu vermitteln.

Mit der Publikation des aktuellen „WIN!-Charta Nachhaltigkeitsberichts“ bekennt sich der süddeutsche Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader erneut zu nachhaltigem Wirtschaften in der Region. Im Bericht nimmt das Unternehmen Stellung zu den Nachhaltigkeitszielen und informiert über die Nachhaltigkeitsaktivitäten 2018 im Zusammenhang mit den zwölf Leitsätzen der WIN-Charta. „Nachhaltige Unternehmensführung ist für uns kein bloßes Lippenbekenntnis“, sagt Stefanie Kästle. „Indem wir transparent machen, was wir im Berichtszeitraum erreicht haben und woran wir noch arbeiten müssen und wollen, setzen wir ein Zeichen, wie ernst es uns damit ist.“ Drei der zwölf Leitsätze der WIN-Charta definierte Mader als Schwerpunktthemen: Energie und Emissionen (Leitsatz 5), Unternehmenserfolg und Arbeitsplätze (Leitsatz 7) sowie nachhaltige Innovationen (Leitsatz 8). „Diese drei Themen stehen besonders im Fokus, aber selbstverständlich arbeiten wir auch stetig daran die Anforderungen aus den anderen Leitsätzen zu erfüllen und uns zu verbessern“, so Kästle.

Besonderen Wert legt das Unternehmen auf die Verbindung von regionalem Engagement und Nachhaltigkeit. „Wir pflegen beispielsweise aktiv die Verbindung zu unseren regionalen Bildungspartnern und greifen dabei immer auch Nachhaltigkeitsthemen auf, z. B. indem wir die Schülerinnen und Schüler über den sparsamen Umgang mit Ressourcen informieren und für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisieren“, sagt Stefanie Kästle.

Warum Typologie bei der Selbsteinschätzung von Unternehmen hilft

Ansätze wie die WIN!-Charta müssen allerdings noch mehr bekannt gemacht werden. Typologie unterstützt Unternehmen bei der Selbsteinschätzung. Die genannte Studie diente auch dazu, eine Unternehmens-Typologie der Nachhaltigkeit zu entwerfen. Anhand eines Kriterienkatalogs ergaben sich vier Typen: die Spätzünder, die Mitläufer, die Fleißigen und die Champions. Danach sind mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen den Kategorien „Spätzünder“ und „Mitläufer“ zuzuordnen, da sie keine oder nur vereinzelte Nachhaltigkeitsmaßnahmen umsetzen. Knapp die Hälfte schaffte es in die beiden besseren Kategorien, sind also Fleißige oder „Champions“. Letztere bilden mit nur einem Achtel das Spitzenfeld: Sie haben ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement quer über alle Unternehmensbereiche installiert, haben klar geregelt, wer im Unternehmen dafür verantwortlich ist, sie vermeiden konsequent Umweltbelastungen, legen bei der Auswahl ihrer Lieferanten und Dienstleister strenge Kriterien an und kommunizieren transparent das, was sie tun.

„Die hier entwickelte Typologie kann Unternehmen helfen, ihren eigenen Status quo in Sachen Nachhaltigkeit zu bestimmen“, sagt Professor Klaus Gourgé. Und: „Sie soll zugleich als Anreiz wirken, indem sie zeigt: Du kannst Dich vom "Mitläufer" zum "Fleißigen" und sogar zum "Champion" weiterentwickeln – und selbst für die "Spätzünder" ist es nie zu spät.“

GWÖ-Unternehmen - die Nachhaltigkeits-„Champions“?

Ein weiterer Schwerpunkt der Befragung war das Konzept der GemeinwohlÖkonomie (GWÖ), bei dem das unternehmerische Handeln stärker am gesellschaftlichen Nutzen als am finanziellen Gewinn ausgerichtet ist. Fazit: Auch hier besteht Nachholbedarf. Fast 80 Prozent der befragten Unternehmen kennen das Konzept kaum oder gar nicht. Oliver Viest, Geschäftsführer von <em>faktor, betont allerdings, dass GWÖ-Unternehmen überwiegend positive Erfahrungen gemacht haben: Das ermutigt ihn, die Gemeinwohl-Bilanz bekannter zu machen und den Dialog darüber mit den Unternehmen zu suchen.

Denn: „Das Interesse an nachhaltiger Unternehmensentwicklung ist groß. Viele schätzen jedoch den Zeitaufwand höher als er tatsächlich ist. Es lohnt sich daher aufzuzeigen, dass der Einstieg auch für kleinere Unternehmen absolut machbar ist.“ Selbst die Unternehmen, die schon einiges im Bereich Nachhaltigkeit tun, zeigen ihre Aktivitäten noch nicht genug: Zwei Drittel berichten gar nicht oder selten über ihr ökologisches und soziales Engagement, lediglich eines der befragten Unternehmen veröffentlicht einen Nachhaltigkeitsbericht. Ihr Fazit formulierten die Studierenden in Richtung Gesetzgeber und Unternehmen in Anlehnung an ein Goethe-Zitat: „Es ist nicht genug zu wollen - man muss es auch tun!“. Denn um eine bessere Welt zu schaffen, brauchen wir mehr als nur eine Vision davon, wie sie praktisch aussehen könnte.

Weiterführende Informationen:

Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2017, S. 115-126.

Werner Landhäußer und Ulrike Böhm: Energie als Krisenpotenzial. Die Geschichte hinter dem Mader-Effekt. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2015, S. 311-329.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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