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Väter in Care-Verantwortung – Defizit oder Gewinn?

Warum Unternehmen die Kompetenzen der Väter neu bewerten müssen.

Väter, die klar und deutlich Care-Arbeit übernehmen, werden im Berufsleben oft noch belächelt. Als „Teilzeit-Eltern“ hängt ihnen der unausgesprochene Makel an, sie hätten an Qualifikation oder Ambition eingebüßt. Vor allem dann, wenn sie die Care-Arbeit länger als die üblichen 2 Monate Elternzeit oder nicht erst nach 18 Uhr und nur am Wochenende übernehmen.
Sich um Kinder zu kümmern und den Haushalt zu schmeißen gilt nicht gerade als Hochqualifikationsjob. Dabei übersehen viele: Die Herausforderungen, die Väter im Familienalltag meistern, sind anspruchsvoll und verlangen Fähigkeiten, die in der modernen Arbeitswelt zunehmend gefragt sind.

Wer Care-Arbeit übernimmt, trainiert tagtäglich Kompetenzen wie Organisation, Empathie und Krisenmanagement – und bringt diese gestärkt zurück ins Unternehmen. Es ist höchste Zeit, dieses Potenzial zu erkennen und gezielt zu nutzen. Denn wer als Arbeitgeber heute die Care-Kompetenzen von Vätern unterschätzt, ignoriert einen der wichtigsten Talentpools für die Arbeitswelt von morgen.

Care-Kompetenzen sind kein Karrierehemmnis, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil – für Väter wie für Unternehmen.

1. Care-Kompetenzen: Mehr als nur „Familienmanagement“

Die Zeit, die Väter in Elternzeit oder mit Care-Verantwortung verbringen, ist keine berufliche Lücke, sondern ein Entwicklungssprung. Studien und Praxiserfahrungen zeigen: Väter erwerben in dieser Phase Fähigkeiten, die für modernes Arbeiten und Führen zentral sind. Dazu zählen:

  • Empathie und Perspektivwechsel: Wer Care-Arbeit übernimmt, lernt, sich in andere hineinzuversetzen und Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen – eine Schlüsselkompetenz für Führung und Teamarbeit.

  • Prioritäten setzen und Zeitmanagement: Zwischen Kita, Meetings und Familienalltag müssen Väter ständig neu priorisieren und flexibel reagieren. Das schult Entscheidungsfreude und Effizienz.

  • Konfliktlösung und Verhandlungsstärke: Familienalltag bedeutet, täglich unterschiedliche Interessen auszubalancieren und einfühlsam zu kommunizieren – Fähigkeiten, die sich direkt auf das berufliche Umfeld übertragen lassen.

  • Vorbildfunktion und Werteorientierung: Väter, die Verantwortung übernehmen, leben Werte vor, die auch in Unternehmen Orientierung geben und zur Identifikation beitragen.

2. Moderne Führung braucht Care-Erfahrung

New Leadership und New Work setzen auf Menschlichkeit, Agilität und Selbstverantwortung. Führungskräfte, die Care-Arbeit kennen, bringen genau diese Qualitäten mit: Sie sind empathischer, Kommunikationsstark und fördern eher flexible Arbeitsmodelle und schaffen ein Klima, in dem Mitarbeitende sich gesehen fühlen und sich entfalten können. Care-Kompetenzen sind damit also kein zu belächelndes „Nice-to-have“, sondern ein Muss für zukunftsfähige Führung.

3. Der blinde Fleck der Unternehmen

Noch immer wird Care-Erfahrung im Lebenslauf häufig als Defizit oder Karriereknick bewertet. Das ist nicht nur ein Relikt alter Rollenbilder, sondern auch ein Wettbewerbsnachteil: Unternehmen, die Care-Kompetenzen nicht anerkennen, verlieren Talente und Innovationskraft. Angesichts von Fachkräftemangel und demografischem Wandel ist das ein Risiko, das sich moderne Arbeitgeber nicht leisten können.

4. Was Unternehmen jetzt tun müssen

  • Care-Kompetenzen anerkennen: Elternzeit und Care-Verantwortung müssen als Qualifikationszeit gelten – auch in Bewerbungsprozessen und bei Beförderungen.

  • Kulturwandel vorleben: Führungskräfte sollten offen über ihre Care-Erfahrungen sprechen und diese als Stärke kommunizieren.

  • Weiterbildungsangebote schaffen: Spezifische Programme, die Care-Kompetenzen sichtbar machen und gezielt in den Arbeitsalltag integrieren, fördern die Entwicklung aller Mitarbeitenden.

  • Netzwerke und Austausch fördern: Väternetzwerke und interne Plattformen bieten Raum für Erfahrungsaustausch und stärken die Sichtbarkeit des Themas.

Fazit

Väter in Care-Verantwortung sind keine „Risikokandidaten“, sondern Zukunftsgewinn für Unternehmen. Wer ihre Kompetenzen erkennt und fördert, investiert in modernes Leadership, Innovationskraft und nachhaltigen Unternehmenserfolg. Care-Erfahrung als wertvolle Ressource zu begreifen - das bringt die Chance auf vielfältige Perspektiven, resiliente Teams und einer Unternehmenskultur, die Zukunft gestaltet. Die Investition in Care-Kompetenzen ist damit eine Investition in nachhaltigen Erfolg.
Es ist also höchste Zeit für ein Umdenken – und für eine neue Wertschätzung von Care-Kompetenzen im Berufsleben.

All dies gilt übrigens nicht nur für Väter – sondern selbstverständlich auch für Mütter und pflegende Angehörige!

Julia Strobel schreibt über Vereinbarkeitsberatung, Väter- und Elterncoaching, Fokus: Väter, Personalwesen

Julia Strobel coacht Väter zu Vereinbarkeit, Familie, Erziehung & Partnerschaft. Außerdem ist sie Expertin für väterbewusste Vereinbarkeit & berät Unternehmen, die mit einem innovativen Angebot vorne dabei sein und Mütter wie Väter (!) ermöglichen wollen, Familie & Beruf gut zu vereinbaren.

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