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VDI-Ökobilanz-Studie: Welche Antriebssysteme sind auf dem Weg zur klimafreundlichen Mobilität die richtigen?

Ab welcher Laufleistung und mit welchem Energiemix werden Pkw wirklich grün? Um die Wirkungen der unterschiedlichen Antriebssysteme auf das Klima bewerten zu können, wurde eine umfangreiche VDI-Studie vom interdisziplinären Expertengremium Antriebe des VDI-Fachbereichs Kraftfahrzeugtechnik in der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik durchgeführt und durch das Karlsruhe Institute of Technologie (KIT) unterstützt. Die Methodik und Ergebnisse wurden einem Review-Verfahren durch das unabhängige Paul Scherrer Institut (PSI) unterzogen. Untersucht wurde die gesamte Ökobilanz (von der Herstellung bis zu 200.000 km Laufleistung) von E-Autos, Plug-in-Hybriden sowie konventionell angetriebenen Autos (jeweils Diesel und Benzin), statt nur den Betrieb verschiedener Fahrzeugtypen zu betrachten. Die Öko-Bilanzanalyse betrachtet ausgehend vom Istzustand (Rahmenbedingungen der Produktion sowie die beschlossenen Entwicklungen des Ausbaus des Energiesystems) die resultierenden Effekte. Aus Klimagesichtspunkten wird die Notwendigkeit unterstrichen, grüne Energieträger für die Produktion und den Betrieb von Kraftfahrzeugen zu nutzen.

Das Elektroauto startet mit einer schlechteren produktionsbedingten CO2-Bilanz, die es über die Nutzungsphase wieder „einfahren“ muss. Folglich konnte aufgezeigt werden, dass Fahrprofil und Energieträger je nach Antriebskonzept entscheidenden Einfluss auf die betriebsbedingten THG-Emissionen ausüben. Betrachtet man die Fahrzeuge von der Herstellung bis zu einer angenommenen Laufleistung von 200.000 km, so erzielen E-Autos und Plug-in-Hybride die besten Ergebnisse, gefolgt von Diesel- und Benziner-PKW, die mit fossilen Kraftstoffen betankt werden. Sie verursachen im betrachteten Gesamtzeitraum (von der Fahrzeug- und Antriebsproduktion bis zum Ende der gefahrenen Kilometer) 24,2 Tonnen CO2. Auf Rang zwei liegen Plug-In-Hybride (wie der Toyota Corolla Hybrid) mit einem unwesentlich mehr CO2-Emissionen von 24,8 Tonnen. Diesel- und Benzinerfahrzeuge der Kompaktklasse (wie der Ford Focus, VW Golf) folgen mit Abstand auf den Plätzen drei und vier und sind beim Betrieb mit 100 Prozent fossilen Kraftstoffen für Treibhausgas-Emissionen von 33 Tonnen CO2 (Diesel) beziehungsweise 37 Tonnen CO2 verantwortlich.

Ab einer Fahrleistung von 90.000 Kilometern sind E-Autos der Kompaktklasse (wie der VW ID.3) in Deutschland klimafreundlicher als Autos mit konventionellen Kraftstoffen. Würde man in Deutschland künftig – wie von der Bundesregierung geplant – ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien für den Fahrzeugantrieb nutzen, wären E-Autos mit heutigem Standard im Jahre 2035 schon ab 60.000 gefahrenen Kilometern klimafreundlicher als Diesel- oder benzinbetriebene Fahrzeuge. Wird ein E-Auto mit fossil erzeugtem Strom betrieben, verschiebt sich der Wert auf 160.000 gefahrene Kilometer.

1. Ohne grünen Strom keine grüne E-Mobilität

Für eine klimafreundlichere Mobilität in Deutschland wird der Ausbau der erneuerbaren Energien benötigt. Allein der Umstieg auf Elektroautos und Hybridfahrzeuge wird nicht ausreichen, wenn der Strom „schmutzig“ produziert wird. Der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft ist wichtig und wird die Klimabilanz der Elektroautos in der Nutzungsphase spürbar verbessern.

2. Erst grüne Batterien ermöglichen grüne E-Mobilität

Die Batterieproduktion für Elektroautos muss zwingend mit regenerativer elektrischer Energie erfolgen, um Treibhausgasemission bei der Produktion gering zu halten.

3. Standort Deutschland stärken

Für die klimafreundlichere Mobilität brauchen wir in Deutschland dringend den Ausbau der Erneuerbaren Energien, den Aufbau einer grünen Batterieproduktion sowie nachhaltig erzeugte Kraftstoffe für Bestandsfahrzeuge. Erst die grün produzierte Batterie und ihre Vormaterialien reduziert deren ökologischen Fußabdruck und macht die E-Mobilität wirklich klimafreundlich. Dies sorgt neben einer europäischen Wertschöpfung für eine bessere CO2-Bilanz der Autos. Gerade Batterien aus China sind mit hohen Treibhausgasemissionen durch die Produktion belastet.

4. E-Fuels sind ein wichtiger Technologiebaustein

E-Fuels sind ein wichtiger Technologiebaustein für eine klimaneutrale Mobilität der Zukunft. Zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor ist die Nutzung von klimaneutralen Kraftstoffen für die Bestandsflotte unabdingbar. Dafür braucht es entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen, damit die Industrie in eine entsprechende Skalierung der nachhaltigen Kraftstofferzeugung investiert.

5. Plug-In-Hybride leisten bei hohem elektrischen Fahranteil einen positiven Beitrag

Um möglichst emissionsarm zu fahren, müssen Autofahrende auf den bestimmungsgemäßen Betrieb von Plug-in-Hybriden achten (ihre Plug-in-Hybride prioritär und regelmäßig elektrisch laden, um einen hohen elektrischen Fahranteil zu erreichen).

6. Eine neue leichtere Fahrzugklasse M0 bietet für den urbanen Bereich zusätzliches Potenzial

Es sollte auf eine neu zu schaffende Elektro-Kleinfahrzeug-Klasse M0 für den urbanen Bereich mit entsprechend kleinen Batterien, niedrigem Gewicht und geringer Stellfläche gesetzt werden – allerdings keine Abstrichen bei der Sicherheit.

7. F&E von Batterie-Recycling muss weiter vorangetrieben und zielgerichtet gefördert werden

Es muss in Deutschland verstärkt produziert und rezykliert werden. Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich des Recyclings der Traktionsbatterien von Elektroautos, insbesondere in der Forschung und Entwicklung sowie einer Skalierung auf einen industriellen Maßstab. Mit Blick auf Materialbedarf und -verfügbarkeit wird dem Thema Recycling künftig eine immer wichtigere Rolle zukommen.

  • VDI-Ökobilanz-Studie zu verschiedenen Antriebssystemen. Hg. VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (12/2023).

  • Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.

  • Olaf Schulze: Elektromobilität. Ein Ratgeber für Entscheider, errichter, Betreiber und Nutzer – Facetten zu Ladeinfrastruktur, Subventionsregeln, Kosten und Handling. Springer Nature, Wiesbaden 2022.

  • Zukunft Mikromobilität. Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber. Büchner Verlag, Marburg 2022.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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