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Verbrennen Sie nicht Ihre Führungskräfte!

Plötzlich Chef: Vom Kollegen zum Vorgesetzten.

Gute Leute sind schwer zu finden. Insbesondere gute Führungskräfte. Deswegen ist es umso wichtiger, mit dem potenziellen Nachwuchs richtig umzugehen. Dies gilt besonders für KMUs, da sie es im Wettbewerb mit den Big Playern ohnehin schon schwerer haben, geeignete Managementkandidaten für sich zu begeistern. Wenn Sie also zukünftige Führungskräfte im Kreise Ihrer Mitarbeiter identifiziert haben, so ist es von elementarer Wichtigkeit, mit dem nötigen Fingerspitzengefühl vorzugehen. Sonst wird aus der anfänglichen Beförderungsfreude plötzlich Beförderungsfrust.

So nicht: Die 3-MACH-Theorie

Der Unternehmer pickt aus seinem Mitarbeiterkreis einen geeigneten Kandidaten heraus, befördert ihn kurzerhand zum Vorgesetzten, gibt demjenigen einen Klaps auf den Po und sagt:

„MACHen Sie mal. Sie MACHen das schon. Sonst MACH ich Ihnen einen!“

Abschließend erfolgt noch der Schubs in Richtung Kollegenmeute. Was glauben Sie, liebe Leser? Wie lange dauert es, bis der Frisch-Beförderte verpufft, wie Pergamentpapier im Fegefeuer?

Die Last der Erwartungen knickt das Rückgrat

Gleichzeitig mit dem Ritterschlag erhält der Jung-Manager einen imaginären Bollerwagen, den er fortan hinter sich herzieht. Und alle übrigen Protagonisten dürfen ihre Erwartungen an Jung-Siegfried darin abladen.

Da sind als erstes die Erwartungen an sich selbst, die der Frischling selber in den Bollerwagen legt. Er will alles richtig machen. Keine Schwäche zeigen. Dem Unternehmer und den ehemaligen Kollegen unbedingt beweisen, dass er tatsächlich die richtige Wahl gewesen war. Eine Last, die alleine schon schwer genug ist.

Hinzu kommen die Erwartungen des Unternehmers. Dieser sagt zwar mit einem väterlichen Lächeln: „Ich vertraue Ihnen voll und ganz.“ Meint damit aber: „Wehe, Du enttäuschst mich!“ Aus der Praxis bekomme ich immer wieder mit, dass der Unternehmer vielleicht sogar spürt, dass er seinen Neu-Adlatus unterstützen sollte. Am Ende weiß er aber schlichtweg nicht, wie? Und die Situation ist wirklich erst. Denn erstens kann sich der Unternehmer aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht erlauben, eine personelle Fehlentscheidung zu treffen. Und zweitens würde solch eine Fehlentscheidung seine Reputation als Menschenkenner beschädigen. Er könnte sein Gesicht verlieren.

Zu guter Letzt kommen die Erwartungen der ehemaligen Kollegen in den Bollerwagen. Und die wiegen richtig! Einige werden in tatsächlich konstruktiver Absicht sagen: „Als wir noch Kollegen waren, haben wir doch ständig über die Missstände von X oder Y gesprochen. Nu‘ biste Chef. Nu‘ änder‘ das mal!“ Andere sind da viel böswilliger. Sie wollen einfach mal sehen, was passiert, wenn man den Jung-Bullen reizt. „Den Müller müsstest Du mal abmahnen“, oder „Was regst Du Dich denn auf? Als Du noch Kollege warst, hast Du hier doch auch immer heimlich geraucht!“ Hinzu kommen noch all diejenigen Kollegen, die sich aus Neid, Unsicherheit oder Ablehnung vom neuen Leiter abgewandt haben.

Lieber so: Selbstbewusste Verletzlichkeit

Die Summe der vorgenannten Erwartungen bildet den Nährboden für den Wunsch nach Perfektion. Perfektion, die am besten so schnell und präzise erreicht wird, wie beim Umlegen eines Schalters. Mal ehrlich, liebe Leser, wo soll die denn herkommen? Tief im eigenen Inneren wissen alle Beteiligten, dass das Wachstum einer guten Führungskraft viel Zeit, Geduld und Energie braucht. Und dennoch erlebe ich es in der Praxis immer wieder, dass potenziell gute Kandidaten in oben genannte Beispiel-Situationen gestoßen werden.

Meine Empfehlung an alle Unternehmer und deren (zukünftigen) Führungskräfte: Versuchen Sie es mit Selbstbewusster Verletzlichkeit. Seien Sie authentisch. Wenn Sie vorgeben etwas zu sein oder etwas zu können, was nicht der Realität entspricht, wird man Sie entlarven. Dann machen Sie sich angreifbar. Selbstbewusste Verletzlichkeit ist das Gegenteil davon.

An alle Unternehmer: Helfen Sie Ihrem Nachwuchs selbstbewusst zu sein. Gründe für das Selbstbewusstsein sind zweifelsfrei da, sonst hätten Sie diesen Kandidaten ja nicht ausgesucht. Helfen Sie Ihrem Führungsnachwuchs aber in gleichem Maße auch verletzlich zu sein. Fördern Sie Ihren Kandidaten dabei, die eigene Verletzlichkeit zu akzeptieren. Das nämlich macht entwaffnend souverän. Das jeder Mensch Schwächen oder Wissenslücken hat, ist doch kein Geheimnis. Die Frage ist doch nur, wie man damit umgeht. Und genau hier liegt der Schlüssel für die Entwicklung einer charakterstarken und charismatischen Führungskraft.

Hege und pflege Deinen Nachwuchs

Gerade bei der Herausforderung „Vom Kollegen zum Vorgesetzten“ verweise ich gerne auf die Denkansätze von Dale Carnegie. Grundsätzlich ist der Mensch ein Ich-bezogenes Wesen. Nichts interessiert den Menschen so sehr, wie die eigene Person. Der Mensch kann stundenlang über sich selber sprechen, aber kaum 5 Minuten zuhören. Erzählt jemand anderes von einer Krankheit, forscht das eigene Ego sofort nach einer Geschichte, die das gerade Gehörte noch toppen kann. Wen suchen wir zuerst auf einem Gruppenfoto? Na, was glauben Sie, liebe Leser?

Dies zu wissen ist goldwert für eine junge Führungskraft. Bitten Sie Ihre ehemaligen Kollegen um Hilfe. Bringen Sie den Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter aufrichtige (!) Bewunderung entgegen. Geben Sie Ihren Teammitgliedern einen Platz auf dem Podest. Hören Sie zu. Lassen Sie sich von Ihren Untergebenen führen. Was sagt der Seiffert da? Hört sich komisch an sagen Sie, liebe Leser? Ich meine es wirklich so. Probieren Sie es doch einmal aus. Wenn Ihr Mitarbeiter den Eindruck hat, die neue Idee (die Sie verfolgen) käme von ihm, dann geht er dafür durchs Feuer.

Ich wünsche Ihnen bei der Auswahl und Entwicklung Ihrer Mitarbeiter ein gutes Händchen, Geduld und Ambition. Auf diese Art und Weise haben Sie auch gegen die Big Player eine gute Chance, hochqualifizierten und motivierten Führungsnachwuchs zu gewinnen und zu halten.

Beste Grüße

Carsten Seiffert

0441.180 34 13-2

c.seiffert@seiffertbenefit.de

Carsten Seiffert schreibt über Consulting, Training, Coaching, M&A

Bisher führte ich 1.000+ Gespräche mit CEOs, Betriebsinhabern und Führungskräften. Alle mit inhaltlichem Bezug auf Consulting – Training – Coaching. Daraus ist ein reichhaltiger Wissensschatz entstanden, den ich als Xing-Insider gerne mit Ihnen teile. Weitere Info über mich: www.carstenseiffert.de

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