Verteiltes Wissen schnell zur Hand – intelligente Datenbanken helfen dabei. - Quelle: nexusplexus - 123RF

Verteiltes Wissen durch KI und Metadaten vernetzen

In der Arbeitswelt nach Corona wird es keine allgemeingültigen Arbeitsmodelle geben, sondern individuelle, flexible Strukturen. Es gilt, neue Kollaborationsformen zu etablieren und Wissen unabhängig von Ort und Zeit verfügbar zu machen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz oder internen Suchmaschinen wie Bubbleburster3000 lassen sich das verstreute Wissen auffindbar und Informationen für alle überall zugänglich machen. Wie dies die Vernetzung innerhalb der Organisation stärkt, verrät unser Fachartikel.

Für Unternehmen hat der Trend in Richtung flexibles, ortsunabhängiges Arbeiten mehrere Anforderungen mit sich gebracht. So müssen IT-Admins die technischen Grundlagen für "Work from Anywhere" und Remote-Arbeit schaffen. Dazu gehört beispielsweise das Einrichten einer Virtual Desktop Infrastructure (VDI) und die Integration der Endgeräte in ein Unified Endpoint Management.

Hinzu kommt eine Aufgabe, die auf den ersten Blick nur bedingt mit der IT-Abteilung zu tun hat: Durch Remote Work ist es schwieriger, Mitarbeitende und Projektbeteiligte auf demselben Wissensstand zu halten, denn Kollegen und Kolleginnen sind zu unterschiedlichen Zeiten im Büro, beim Kunden und im Home Office tätig. Hinzu kommt der Trend zum verteilten Unternehmen mit Standorten in unterschiedlichen Regionen. Dadurch entfallen Gespräche in der Teeküche oder zwischen Tür und Angel, in denen sich die Kollegenschaft über Projekte und neue Ideen austauscht.

Chat- und Kollaborationstools sind kein vollwertiger Ersatz für diesen informellen Informationsaustausch. Vor allem bei Teammitgliedern, die neu im Unternehmen sind, besteht die Gefahr, dass wichtige Informationen an ihnen vorbeilaufen, beispielsweise welche Kollegen und Kolleginnen über ein Fachwissen in bestimmten Bereichen verfügen.

Wissensmanagement auf neue Basis stellen

Die IT-Abteilungen stehen daher vor der Herausforderung, das Wissensmanagement im Unternehmen auf eine neue Grundlage zu stellen. Das gilt für zwei Bereiche:

  • Menschen miteinander verbinden: Wer kennt sich mit Programmiertechniken wie Node.js, React oder Typescript aus? Wo sitzen die Spezialisten für Projektmanagement oder Agile-Themen? Gibt es im Unternehmen Experten für Hybrid-Cloud-Infrastrukturen oder Software-defined-Storage-Umgebungen? Mitarbeitende benötigen Tools, mit denen sie Teammitglieder finden können, die über ein spezielles Wissen oder über Erfahrung mit bestimmten Projekten verfügen. Vor allem für Neue, die noch nicht im Unternehmen vernetzt sind, ist ein solches Werkzeug hilfreich, um die richtigen Ansprechpersonen zu finden.

  • Wissen zentral bereitstellen: Es ist eine zentrale Plattform nötig, die Dokumente, Manuals, Daten über Kunden und Projekte und Details zu Ansprechpartnern zugänglich macht. Dadurch wird transparent, welche Aufgaben und Projekte aktuell anstehen, welche bereits abgeschlossen wurden und in welchen Unternehmensbereichen ein spezielles Know-how angesiedelt ist, etwa zum Thema KI und Machine Learning.

Datenbanken mit Empfehlungsfunktionen

Personen zusammenbringen und Unternehmenswissen allen Beteiligten zur Verfügung stellen – beide Aufgaben lassen sich mithilfe von Knowledge-Datenbanken mit Suchfunktionen meistern. Sie funktionieren ähnlich wie die Search- und Empfehlungs-Engines von Onlineplattformen wie Amazon und Google. Bei Futurice wurde mit BubbleBurster 3000 (BB3k) dafür eine eigene Software entwickelt. Wie bei vergleichbaren Lösungen besteht ihr Hauptzweck darin, für bestimmte Aufgaben den passenden Experten zu finden. BB3k basiert auf einer Datenbank-Plattform, die maschinelle Lernverfahren verwendet und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Prognosen und Empfehlungen erstellen kann.

Im Gegensatz zu Werkzeugen, die strukturierte Daten auswerten, etwa mit Angaben zur beruflichen Qualifikation und der Projekterfahrung, kann BB3k freien Text erfassen und analysieren. Das erhöht die Zahl der potenziellen Informationsquellen. In Betracht kommen öffentlich zugängliche Arbeitsberichte, Einträge in Gruppenkalendern, Projektunterlagen sowie Mitteilungen, die Mitarbeitende über Tools wie Slack oder Microsoft Teams versenden. Ebenfalls Berücksichtigung finden Informationen, die die Qualifikation der Angestellten widerspiegeln. Dazu zählen Daten über Ausbildungsgänge, Weiterbildungsmaßnahmen und Zertifizierungen.

Für Nutzer, aber auch IT-Admins, ist es wichtig, dass ein Werkzeug wie BB3k auf Datenquellen zurückgreift, die sich selbstständig aktualisieren – dynamische Datenquellen. Eine manuelle Eingabe neuer oder geänderter Daten ist nicht erforderlich. Das reduziert den Aufwand für User und Systemverwalter. Außerdem sinkt die Gefahr, dass bei der Dateneingabe Fehler auftreten oder veraltete Informationen zur Verfügung steht.

Nur öffentlich zugängliche Daten nutzen

Aus Gründen des Datenschutzes muss sichergestellt sein, dass nur öffentlich zugängliche Daten berücksichtigt werden, also der unternehmensinterne "public footprint" eines Mitarbeiters. Eine Suche basiert auf der Grundannahme, dass der Kommunikationsverlauf ("Wer tauscht mit wem welche Informationen aus"), Projektinformationen, Unterlagen über die Aus- und Weiterbildung et cetera Aufschluss über die Expertise sowie die Projekt- und Führungserfahrung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin geben. Die Datenbank berücksichtigt außerdem die Wünsche der Beschäftigten, etwa in Bezug auf die berufliche Weiterentwicklung.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen möchte im Rechenzentrum in der Firmenzentrale eine Hybrid Cloud auf Basis von Microsoft Azure Stack aufbauen. Dies soll die eigene IT-Abteilung übernehmen. Eine Lösung wie BB3k ermittelt, welche Fachleute dafür in Betracht kommen, etwa anhand ihrer Qualifikation, der Einbindung in andere Vorhaben und ihrer Erfahrung mit ähnlichen Projekten. Dabei berücksichtigt die Suchmaschine weitere Faktoren, etwa ob Mitarbeiter bereit sind, von einem anderen Standort zum Hauptsitz des Unternehmens zu wechseln, inwieweit die Tätigkeit mit einem Remote-Work-Ansatz in Einklang zu bringen ist und ob die Fachkraft bereits mit anderen potenziellen Mitgliedern des Azure-Stack-Projektteams zusammengearbeitet hat. Auf Grundlage dieser Informationen erstellt BB3k Empfehlungen, welche Experten und Expertinnen für bestimmte Aufgaben in Betracht kommen.

Dokumente und Projektdaten finden

Eine sinnvolle Ergänzung zu personenbezogenen Datenbanken mit Empfehlungs-Engine (wie BB3k) ist eine Plattform, die Nutzern "Unternehmenswissen" aus diversen Quellen zugänglich macht. Ein Beispiel ist Futucortex, das ebenfalls von Futurice entwickelt wurde. Die Funktionsweise ähnelt der von BB3k. Allerdings ermöglicht es die Software neben E-Mails und Chattools wie Slack auch Datenbanken mit Dokumenten und Excel-Files sowie Cloudspeicherplätze nach Informationen zu durchsuchen. Ausgeschlossen davon sind private Informationen und solche, die dem Datenschutz widersprechen – Mitarbeitende werden durch sie also nicht gläsern.

Die Suchfunktion nutzt Machine Learning und KI-Funktionen, um Informationsbestände wie Angebote, Fallbeispiele oder Präsentationen nach Schlüsselwörtern und Tags zu durchsuchen. Zudem erstellt die Software eine Zusammenfassung des Inhalts eines Dokuments. User werden zudem anhand ihres Suchverhaltens und ihrer Präferenzen über neuen Content informiert, der für sie relevant ist. Auch hier kommt somit das Prinzip von Recommendation Engines zum Einsatz.

IT-Abteilungen können solche Lösungen beispielsweise einsetzen, um die Zahl der Anfragen an den Helpdesk zu reduzieren. End User haben die Option, nach dem Self-Service-Prinzip eigenständig Informationen zur Bedienung von Anwendungen und Konfigurationseinstellungen zu suchen. Außerdem verhindert eine zentrale Knowledge-Plattform, dass identische Daten und Informationen mehrfach erstellt werden – Stichwort Konsolidierung in Informationsbeständen. Das gilt nicht nur für die Führungsebene und die Fachbereiche, sondern auch für Projektteams.

Mindestens ebenso wichtig ist ein weiterer Punkt: Alle Abteilungen und Mitarbeitende erhalten durch die Knowledge-Plattform in Echtzeit eine ganzheitliche Sicht auf Prozesse, Projekte und Kompetenzfelder. Von dieser Transparenz profitieren alle Bereiche, inklusive Fachabteilungen und IT.

Nicht ohne Herausforderungen

Interne Suchmaschinen und Recommendation Engines wie BB3k und Futucortex müssen sich an vorhandene Systeme anbinden lassen. Dafür stehen APIs zur Verfügung. Futurice kombinierte beispielsweise BB3k mit Power, einer selbst entwickelten Anwendung für das Management von Personalressourcen. Die Kombination von mehreren Lösungen kann Sinn ergeben, um die Suchergebnisse zu verbessern.

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass Suchmaschinen und Recommendation Engines nicht aus dem Stand vertrauenswürdige Ergebnisse liefern. Sie benötigen eine größere Zahl von Anfragen, bis sie die passenden Antworten bereitstellen. Dieser Lernprozess kann anfangs etwas Zeit in Anspruch nehmen. Die Investition zahlt sich aber durch die Zeitersparnis mehrfach wieder aus, die die Nutzer auf der Suche nach Expertenwissen gewinnen.

Fazit

Interne Such- und Empfehlungs-Engines mit Selbstlernfunktionen sind ein Mittel, um unternehmensinternes Wissen schnell und auf einfache Weise Teammitgliedern und Projektbeteiligten zur Verfügung zu stellen. Durch Entwicklungen wie Remote Work und die projektbezogene Zusammenarbeit von Unternehmen werden solche Lösungen an Bedeutung gewinnen. Letztlich entlasten diese Tools auch die IT-Abteilung, etwa weil sie die Zahl der Anfragen von Anwendern zu IT-Ressourcen und Applikationen reduzieren und die Suche nach Fachleuten mit speziellen Kenntnissen erleichtern.

Autor: Helmut Scherer, Managing Director bei Futurice.

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