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Vertrauen bei der Gehaltsverhandlung

Mehr Geld muss her!?

Ohne Moos nix los? Aber ohne Vertrauen wird man in die Röhre schauen! Wie kann also eine Gehaltsverhandlung gelingen, bei der der Arbeitgeber sagt: "Ja, diese Argumente überzeugen mich, diese Argumentation ist vertrauenswürdig"? Im Kern geht es um Timing, Fairness, Offenheit, Vorleistung, Emotionalität, Körpersprache sowie Kommunikationsprozess. Schauen wir uns diese sieben Punkte nachfolgend im Detail etwas genauer an. Das Ziel ist hierbei nicht die Darstellung von Verhandlungstricks oder Manipulationstechniken, sondern Strategien für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit - kurz,- mittel- und langfristig. Dies kann man übrigens auch klar am Anfang thematisieren, z. B. "Besonders wichtig ist mir eine vertrauensvolle, langfristig für alle Seiten erfolgreiche Zusammenarbeit".

Timing

Alles zu seiner Zeit. Und das gilt auch für die vertrauensvolle Gehaltsverhandlung. Folgende Fragen sollten deshalb bedacht werden: Wie hat sich mein Marktwert entwickelt? Erlebt die Firma gerade eine schwierige Phase (z. B. Umsatzrückgang durch Wegfall eines wichtigen Auftraggebers)? Wie lange liegt meine letzte Gehaltsverhandlung bei diesem Arbeitgeber zurück? Wie haben sich meine beruflichen Leistungen in den letzten Monaten entwickelt? Wie kann die zukünftige Perspektive eingeschätzt werden (z. B. zusätzliche berufliche Kompetenzen durch eine aktuelle Weiterbildung)? Die Antworten hierauf ergeben ein individuelles Gesamtbild, um einschätzen zu können: Ja, das Timing passt. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für meine Gehaltsverhandlung. Zum Timing gehört übrigens auch der Faktor Zeit bzw. das Thema Geduld. Zeige ich mich geduldig bei der Gehaltsverhandlung oder drücke ich massiv aufs Gaspedal? Zeitdruck aufbauen wird in der Regel als unangenehm und wenig respektvoll wahrgenommen. Und dies bringt uns zum Faktor Fairness.

Fairness

Natürlich haben wir ein klares Ziel bei der Gehaltsverhandlung. Natürlich geht es nicht nur um gute Stimmung, sondern um konkrete Gehaltssteigerungen. Natürlich kann das Motto nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen lauten, denn wir haben konkrete Ziele (idealerweise priorisiert nach Muss-Soll-Kann-Zielen). Jedoch, Fairness ist trotzdem geboten. Fairness bei der Berücksichtigung der Ziele des Gegenübers. Und auch Fairness bei der Suche nach einem dritten Weg. Nicht selten wird bei Verhandlungen eine binäre Denkweise verwendet: "Entweder mehr Gehalt oder ich gehe." Hierbei sind dann nur zwei Wege möglich bzw. werden als alternativlos diskutiert. Jedoch, sehr oft gibt es auch einen dritten Weg, vierten Weg oder viele weitere Optionen (z. B. mehr Urlaub, ortsunabhängiges Arbeiten). Wer fair ist und wirklich an einer Lösung im Sinne aller Beteiligten interessiert ist, lässt vertrauensvoll Offenheit bei der Verhandlung zu.

Offenheit

Wenn bei der Gehaltsverhandlung gewisse Details verheimlicht werden, um sich in ein besseres Licht zu rücken, so kann dies zum Knackpunkt werden. Vielleicht erbittet sich ja der Verhandlungspartner bzw. die Verhandlungspartnerin Bedenkzeit, die dann für eine Recherche verwendet wird, um schlussendlich zu erkennen: Hier wurde nicht mit offenen Karten gespielt. Und das ist alles andere als vertrauenswürdig und in der Konsequenz nicht erfolgreich. Natürlich müssen nicht sämtliche private oder gar intime Details vorgestellt werden, aber die grundlegende Richtung sollte lauten: Klar, transparent, nachvollziehbar und sachbezogen Offenheit praktizieren (z. B. mit der Frage "Unter welchen Umständen/Voraussetzungen ...?"). Im Idealfall führt dies zu mehr Offenheit beim Gegenüber. Und dies hilft uns vielleicht, noch besser zu erkennen bzw. zu verstehen, welche Argumente den besten Erfolg versprechen. Des Weiteren kann durch wechselseitige Offenheit eine positive, angenehme Gesprächsatmosphäre etabliert werden, die einen Perspektivenwechsel leichter macht.

Vorleistung

Wer Vertrauen aufbauen will, sollte in Vorleistung gehen. Was ist damit gemeint? Ein Beispiel: Wir wollen mehr Geld verdienen und investieren aber zunächst eigene Ressourcen in eine berufliche Weiterbildung. Das kostet Geld und Zeit, kann bei der Verhandlung jedoch vertrauenswürdig deutlich machen: Hier will jemand nicht nur einfach mehr Geld verdienen, sondern wirklich etwas leisten, etwas voranbringen. Und dafür wurde mit der Weiterbildung die bestmögliche Grundlage gelegt. Weitere Beispiele für Vorleistungen sind konkrete berufliche Erfolge, innovativ orientierte Ideen/Konzepte oder auch das Angebot, auf etwas zu verzichten. Nehmen wir an, eine Firma ist aktuell nicht bereit, Betrag X zu zahlen. Jedoch, wird dies in einem Jahr in Aussicht gestellt (und auch schriftlich vereinbart). Der vorrübergehende Verzicht auf die Gehaltserhöhung ist in dann unsere Vorleistung.

Emotionalität

Emotionalität bei der Gehaltsverhandlung ist natürlich situativ geprägt. Beispielsweise gibt es Phasen, in denen empathisches, aktives Zuhören wichtig ist und es gibt Phasen, in denen wir selbst mit engagierter Überzeugungskraft nicht nur nüchtern rational agieren, sondern auch leidenschaftlich emotional (selbstverständlich ohne Aggressivität). Oder anders formuliert: Nur, wenn wir selbst von uns überzeugt sind, so können wir Andere überzeugen. Hierzu gehörende Faktoren sind Vertrauen in sich selbst, Resilienz sowie Self-fulfilling prophecy (die wissenschaftlich mehrfach in ihrer Wirksamkeit bestätigte sich selbst erfüllende Prophezeiung). Erfolgreiches, vertrauenswürdiges Emotions-Management ist hierbei auch mit unseren nonverbalen Botschaften verbunden.

Körpersprache

Die gerade beschriebene innere Stärke drückt sich natürlich in der Körpersprache aus. Oder mit anderen Worten: Niemand wirkt vertrauenswürdig, wer einfach nur stur auswendig gelernte Verhandlungstricks oder Dealmaker-Phrasen präsentiert, ohne jedoch innerlich davon selbst überzeugt zu sein. Authentizität ist zweifellos ein wichtiges Stichwort, das Vertrauen aufbauen kann. Ebenso wichtig ist der Faktor Mirroring (das bewusste/unbewusste Spiegeln der Körpersprache des Gegenübers). Studien haben belegt, dass eine ähnliche Körpersprache zu einer besonders vertrauensvollen Gesprächsatmosphäre führen kann. Auch hier wäre, wie bei allen anderen Tipps bzw. Strategien, die bewusste Manipulation kontraproduktiv. Jedoch, es sollte uns klar sein, welche positiven Auswirkungen dieses Phänomen haben kann.

Fazit: Vertrauen als Basis für den Kommunikationsprozess

Vertrauen ist die Basis einer erfolgreichen Gehaltsverhandlung. Wir können versuchen, mit Tricks, Täuschungen, Überrumplungen oder gar Aggressivität ans Ziel zu kommen. Und vielleicht gelingt es sogar auf diese Weise. Jedoch, die Frage ist, wie dauerhaft dieser Erfolg ist. Wer kurzfristig so agiert, wird mittel- und langfristig keine vertrauensvolle Zusammenarbeit etablieren können. Hierzu passt auch gut die alte, jedoch noch immer gültige Redewendung "Nicht das Huhn schlachten, das goldene Eier legt."

Dr. Branko Woischwill schreibt über Job & Karriere, Wirtschaft & Management, Internet & Technologie, Personalwesen

Consultant | Lehrbeauftragter | Beststeller-Autor

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