©Getty Images

Vertrauen im Bewerbungsprozess: Mehr Mensch und weniger Masche – der Schlüssel zu erfolgreichen Matches

Im Bewerbungsprozess wird häufig nicht offen kommuniziert – weder von Bewerber:innen noch von Recruiter:innen. Vertrauen entsteht jedoch nur, wenn beide Seiten ehrlich über Herausforderungen und Erwartungen sprechen.

Hand aufs Herz: Wie oft erleben wir es, dass im Bewerbungsprozess beide Seiten nicht wirklich offen sind? Recruiter:innen präsentieren vor allem die glänzenden Seiten der Position, um sie attraktiver erscheinen zu lassen. Gleichzeitig vermeiden Bewerber:innen es, über Herausforderungen, persönliche Bedürfnisse oder Erfahrungen zu sprechen, um perfekt ins Bild zu passen.

Das Problem?

Dieses Spiel der Halbwahrheiten sorgt dafür, dass beide Seiten nicht das volle Bild voneinander sehen. Die Enttäuschung kommt dann spätestens nach dem Start: Die Realität weicht von den Erwartungen ab – und das Vertrauen leidet.

Dabei liegt hier eine riesige Chance: Der Bewerbungsprozess ist viel mehr als ein „Verkaufsgespräch“ für eine Stelle oder ein Lebenslauf-Check. Er ist die perfekte Gelegenheit, Vertrauen aufzubauen und langfristig eine echte Verbindung zu schaffen.

Doch das funktioniert nur mit Ehrlichkeit und Offenheit.


Warum Transparenz der Schlüssel ist

1. Für Recruiter:innen
Als Unternehmen oder Führungskraft wollt ihr die besten Talente gewinnen – und das ist verständlich. Doch zu oft wird versucht, das Bild der perfekten Stelle zu zeichnen: ein starkes Team, spannende Aufgaben, Entwicklungsmöglichkeiten, moderne Büros. Alles schön und gut, aber:

Niemand erwartet Perfektion. Tatsächlich kann es sogar abschreckend wirken, wenn jede Antwort nach Hochglanzprospekt klingt. Was Kandidat:innen wirklich interessiert, sind die echten Herausforderungen, an denen sie wachsen können. Also: Traut euch, auch über die „unbequemen“ Themen zu sprechen. Gibt es interne Umstrukturierungen? Hat das Team zuletzt eine große Veränderung durchgemacht? Oder gibt es Bereiche, in denen dringend neue Ideen gebraucht werden?

Diese Ehrlichkeit zeigt nicht nur, dass ihr authentisch seid, sondern hilft auch, Kandidat:innen zu finden, die wirklich zu den Anforderungen passen. Das erspart euch und dem zukünftigen Team Frustrationen – sowohl im Recruiting als auch später im Onboarding.

2. Für Bewerber:innen:
Als Bewerber:in ist es verständlich, dass man im Bewerbungsgespräch einen guten Eindruck machen möchte. Doch: Es bringt euch langfristig nichts, nur das zu zeigen, was ihr glaubt, dass das Gegenüber sehen will.

Die Frage ist: Wollt ihr einen Job oder den richtigen Job?

Um die passende Stelle zu finden, ist es entscheidend, eure Wünsche, Bedürfnisse und auch Erfahrungen offen anzusprechen. Gab es Herausforderungen mit einer früheren Führungskraft? Dann beschreibt, was ihr euch stattdessen wünscht. Habt ihr spezifische Vorstellungen über die Zusammenarbeit im Team? Dann bringt diese zur Sprache.

Nur wenn beide Seiten Klartext sprechen, entsteht ein echtes Bild davon, ob ihr zusammenpasst – oder eben nicht. Und das ist vollkommen in Ordnung!


Vertrauen ist keine Einbahnstraße

Ein erfolgreicher Bewerbungsprozess basiert immer auf einem ehrlichen Austausch. Das bedeutet: Keine der beiden Seiten kann von der anderen maximale Offenheit erwarten, wenn sie selbst nicht bereit ist, die „Hosen runterzulassen“.

Recruiter:innen, die Herausforderungen ehrlich ansprechen, schaffen ein Klima, in dem auch Kandidat:innen sich trauen, offen zu sein. Genauso können Bewerber:innen mit ihrer Ehrlichkeit zeigen, dass sie bereit sind, Vertrauen aufzubauen – und ein langfristiges, produktives Arbeitsverhältnis anzustreben.


Mein Appell an beide Seiten

Liebe Recruiter:innen,
hört auf, den Job als etwas zu verkaufen, das er nicht ist. Authentizität macht euch nicht angreifbar – sie macht euch menschlich und zeigt, dass ihr ein realistisches Bild der Position habt. Die passenden Talente werden euch das danken, und die Zusammenarbeit wird von Anfang an auf einer stabilen Basis stehen.

Und an alle, die sich bewerben:
Seid mutig. Sprecht über eure Erfahrungen, Wünsche und auch die schwierigen Themen. Ihr investiert nicht nur Zeit und Energie, sondern einen großen Teil eures Lebens in diesen Job – es lohnt sich, hier ehrlich zu sein.

Denn am Ende führt nur gegenseitiges Vertrauen zu erfolgreichen Matches, die über den ersten Arbeitstag hinaus Bestand haben.

Wie steht ihr zum Thema Vertrauen und Offenheit im Recruiting?

Johanna Geisler schreibt über Recruiting, Personalwesen, Job & Karriere, Marketing & Design

Als Expertin für HR, Recruiting & Employer Branding begleite ich Start-Ups, Mittelständler und Corporates dabei, Talente kreativ und mit dem Blick über den Tellerrand für sich zu gewinnen.

Artikelsammlung ansehen