Viessmann darf Wärmepumpen-Fertigung in die USA verkaufen
Viessmann kann an seinen US-Konkurrenten verkaufen. Wirtschaftsminister Habeck konnte eines aber sichern: Der Standort in Hessen bleibt erhalten, Kündigungen sind zunächst ausgeschlossen.
Berlin. Das Bundeswirtschaftsministerium hat nach Handelsblatt-Informationen dem Verkauf der Wärmepumpen-Sparte von Viessmann an den US-Konkurrenten Carrier Global stattgegeben. Das Haus von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat die Prüfung der Investition abgeschlossen. Das Ministerium hat Viessmann nun eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Deal erteilt, berichten Beteiligte.
Habeck hat die Erlaubnis aber nur unter der Voraussetzung erteilt, dass Viessmann und Carrier ihre vereinbarten Klauseln zur Standortsicherung strikt einhalten. Die Unternehmen hatten sich auf langfristige Garantien geeinigt: Für drei Jahre sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, es gibt eine fünfjährige Garantie für die wichtigsten Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandorte, und vor allem wird der Hauptsitz mindestens für zehn Jahre im hessischen Allendorf bleiben.
„Diese sehr klaren Vereinbarungen zwischen den Erwerbsparteien zur Standortsicherung sind die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung“, hieß es von Beteiligten. Mit der Entscheidung des Wirtschaftsministeriums haben die Unternehmen keinerlei Möglichkeit mehr, die Vereinbarungen doch nicht umzusetzen. Falls sie das täten, könnte das Wirtschaftsministerium seine Erlaubnis zurückziehen. Das würde einen immensen Schaden für die Unternehmen hervorrufen und gilt daher als ausgeschlossen.
Ende April hatte Viessmann bekannt gegeben, seine Klimasparte an Carrier Global verkaufen zu wollen. Das hessische Familienunternehmen fürchtete, ansonsten im Wettbewerb gegen die deutlich kapitalstärkere Konkurrenz aus Asien unterzugehen. Der Verkauf des Kerngeschäfts des 106 Jahre alten Unternehmens für zwölf Milliarden Euro hat in Deutschland eine hitzige Debatte über Klimaschutzgesetze und Standortfragen ausgelöst.
Wärmepumpen gelten als zentral für die geplante Energiewende im Gebäudesektor, ohne die Deutschlands Klimaziele nicht zu erreichen sind. In den vergangenen Wochen hatte die Opposition vielfach die Befürchtung geäußert, durch den Viessmann-Deal könnte Deutschland seine wichtigste Wärmepumpen-Produktion verlieren und in die Abhängigkeit von Herstellern aus Asien und den USA gelangen.
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Viessmann-Deal steht nicht im Zusammenhang mit dem Heizungstauschgesetz
Gleichzeitig war ein Zusammenhang zum Heizungstauschgesetz konstruiert worden, dass Wirtschaftsminister Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kurz zuvor eingebracht hatten. Unternehmenschef Max Viessmann hat einen direkten Zusammenhang zwischen dem Gesetz und der Verkaufsentscheidung allerdings stets dementiert.
Die Mehrheit der Ökonomen und Branchenexperten hatten hingegen geäußert, dass der Viessmann-Deal ein gutes Zeichen sei. Die Wärmepumpen-Produktion in Hessen habe dank der Kapitalkraft von Carrier die Chance zu wachsen und damit konkurrenzfähig gegenüber den Asiaten zu werden. Gleichzeitig wurde das Interesse des US-Unternehmens als positives Zeichen für Deutschland als Investitionsstandort gewertet.
Voraussetzung für diese Einschätzung ist, dass der Standort auch nach der Übernahme erhalten bleibt. Wirtschaftsminister Habeck hatte gleich nach Ankündigung der Übernahme eine Prüfung angekündigt. Der Deal solle der Wirtschaft und dem Standort Deutschland dienen, hatte er erklärt. Der Grünen-Politiker verwies auf die Einstufung der EU-Kommission, wonach Wärmepumpen als „strategisch wichtig“ gelten.
Es war klar, dass das Ministerium bei der daraufhin angestrebten Prüfung den Deal als solchen nicht kippen würde. Wärmepumpen zählen nicht zur kritischen Infrastruktur; das Risiko, dass Investoren Schaden in dem Land anrichten wollen, indem sie sich einkaufen, gilt bei Geldgebern aus den USA als äußerst gering. Selbst wenn Habeck den Verkauf hätte verbieten wollen, er hätte es rechtlich wohl nicht gekonnt.
Bei derartigen Investitionsprüfungen wird untersucht, ob die geplante Übernahme eine Beeinträchtigung der „öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ darstellen könnte. Michaela Westrup, Außenwirtschaftsrechtlerin in der Münchener Kanzlei von Reed & Smith, erklärt: „Die Versorgungssicherheit spielt dabei eine große Rolle, auch die Zuverlässigkeit des betreffenden Investors.“ Mögliche Bedenken dahingehend hätten Viessmann und Carrier aber schon im Vorfeld antizipiert, indem sie die Standortgarantien verabredet hatten.
Auch Unternehmenschef Max Viessmann sagte kürzlich in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Für die Mitarbeiter von Viessmann Climate Solutions und für die Mitarbeiter von Carrier ist der Deal ein Meilenstein.“ Der Deal böte „große soziale Sicherheit“.
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Fusionskontrolle dürfte ebenfalls keine Probleme bringen
Nun stehen die beiden Unternehmen noch vor der letzten Hürde in Form der Fusionskontrolle. Dabei geht es nicht um Fragen von Sicherheit und Unabhängigkeit. Vielmehr wird geprüft, ob durch die Übernahme die Marktmacht eines Unternehmens so groß wird, dass der Wettbewerb in Gefahr ist, und dadurch zum Beispiel durch übermäßige Preiserhöhungen den Verbraucherinnen und Verbrauchern geschadet werden könnte.
Aufgrund der Größe des Deals – Viessmann hat mit dem infrage stehenden Geschäftsbereich im letzten Jahr vier Milliarden Euro Umsatz gemacht und der Erwerber Carrier etwa 20 Milliarden US-Dollar – sind die Umsatzschwellen für die Zuständigkeit der EU mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht. Daher dürfte in diesem Fall nicht das Bundeskartellamt, sondern die EU-Gremien zuständig sein.
Auch die Fusionskontrolle gilt beim Viessmann-Deal als Formsache, vor allem wegen der starken asiatischen Konkurrenz. „Der Wettbewerbsdruck in diesem Segment ist bereits hoch und dürfte durch das erwartete Wachstum weiter zunehmen, sodass ich an dieser Stelle keine durchgreifenden Bedenken erwarte“, sagt Juristin Westrup. Final soll die Übernahme bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.
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