Vom CSR-Manager zum Head of ESG: zum Wandel eines Berufsbildes
Anfang der Jahrtausendwende war der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) in vielen Unternehmen noch nicht geläufig. „Social“ wurde damals eher mit „sozial“ statt mit „gesellschaftlich“ gleichgesetzt. Auch waren hinter vielen Unternehmensaktivitäten noch keine Systematik und nachhaltige Wirkung erkennbar. Agiert wurde nach dem Gießkannenprinzip unter Einhaltung des gesetzlichen Rahmens.
In den Folgejahren wurden die Unternehmensaktivitäten geplanter, doch hatten viele dennoch kaum Auswirkungen auf das Kerngeschäft. Erst in den vergangenen Jahren wurde CSR in Unternehmen zu einer Querschnittsfunktion, die als Organisationsprinzip in der gesamten Unternehmensführung verankert ist. Das führte auch dazu, dass gesellschaftliche Regelungen sogar aktiv mitgestaltet werden konnten.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Angebote zum Berufsbild des CSR-Managers in den vergangenen Jahren gestiegen – auch dank des Qualifizierungskonzepts „CSR-Manager (IHK)“. In den Modulen und den Transferaufgaben befass(t)en sich die Teilnehmenden mit wirtschaftsethischen Grundlagen, Betrachtungen globaler und spezifischer Herausforderungen und Entwicklungen für Unternehmen und Gesellschaft, der Bestimmung von CSR-Handlungsfeldern in Unternehmen, praktischem Projekt- und Entwicklungsmanagement sowie CSR-Instrumenten, -Standards, -Initiativen, -Kommunikation und -Reporting. Damit wurde auch auf die gestiegene Nachfrage nach Arbeitsmöglichkeiten im Nachhaltigkeitsbereich reagiert.
Innerhalb der Organisationen muss es deshalb eine Abteilung geben, die sich maßgeblich und unabhängig von den einzelnen Fachbereichen dem Querschnittthema CSR widmet. Die komplette Durchführung von Projekten oder Maßnahmen durch Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Verantwortliche sind eher selten, denn die Umsetzung liegt in der Fachkompetenz der jeweiligen Bereiche, über deren Maßnahmen beispielsweise im Nachhaltigkeitsbericht berichtet wird. Unternehmen stehen immer wieder vor der Frage, was besser ist: eine/n Nachhaltigkeitsmanager:in einzustellen oder aus den eigenen Reihen heraus Mitarbeitende zu Nachhaltigkeitsmanager:innen zusätzlich ausbilden zu lassen.
Beides ist ein guter Weg. Da immer mehr Unternehmen CO2-neutral wirtschaften wollen, werden beispielsweise Umweltmanagementteams gegründet, das aus Vertreter:innen der Fachbereiche zusammengesetzt sind, die zur CO2-Vermeidung oder -Kompensation beitragen können. Solche Nachhaltigkeitsteams agieren abteilungsübergreifend und fördern die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens.
Es trifft sich regelmäßig und unterstützt bei der strategischen Vorgehensweise im Nachhaltigkeitsbereich. Die Mitglieder müssen nicht unbedingt Leitende der jeweiligen Abteilungen sein. Erwiesen ist, dass gerade Mitarbeitende auf einer unteren Hierarchieebene besonders interessiert und motiviert sind. Aus solchen Teams heraus, die in der Regel von einer Führungskraft geleitet werden, wird später meistens ein/e Nachhaltigkeitsbeauftragte:r ernannt. Wird die Stabsstelle direkt dem Vorstand oder der Geschäftsführung untergeordnet, kann sie Mitverantwortung für den unternehmensweiten Strategieentwicklungsprozess und die gesamte Organisationsentwicklung nehmen.
An dieser Entwicklung zeigt sich auch, wie sich die Ansprüche der Gesellschaft an Unternehmen und Führungskräfte durch die internationalisierte Investorenlandschaft, veränderte Informations- und Kommunikationsbedingungen und den Einfluss von NGOs verändert haben. Immer mehr Führungskräfte erkennen, dass die herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Instrumente allein nicht mehr ausreichen, um einen langfristigen Erfolg zu gewährleisten.
Es handelt sich auch hier um einen freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. ESG hat sich inzwischen zudem als Standard nachhaltiger Anlagen etabliert und ist ein wesentlicher Bestandteil von Managemententscheidungen. Allerdings ist der laxe Umgang mit Funktionen wie CSR-Manager, Head of Sustainablity oder neuerdings Head of ESG auch kritisch zu bewerten, denn es kommt auch immer wieder vor, dass Unternehmen dies nicht ernst genug nehmen und Personen in einer weitgehend zeremoniellen Funktion einstellen (Kompetenz-Greenwashing).
Viel wichtiger als eine solche Funktionsbezeichnung ist, das Thema selbst im Unternehmen angemessen zu positionieren. Dazu gehören die richtigen Berichtslinien und die erforderliche Autorität (Anbindung an die oberste Führungsebene, Kostenstelle, Entscheidungsbefugnisse), um nachhaltige Wirkungen zu erzielen.
Warum Nachhaltigkeitsmanager 21.0 „interne Unternehmensberater“ sind
Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.