Vom Recht auf Bildung – und ein gutes Leben
Was ist ein gutes und gelungenes Leben? Aristoteles (384–322 v. Chr.) behauptete, dass es einer Haltung zugrundeliegt: Glücklich ist, wer ein Mittelmaß findet: „Von den Extremen ist das eine schlimmer als das andere.“ Bereits vor als 400 Jahren vor Christus begann Sokrates damit, Fragen nach dem guten Leben zu stellen. Für die antiken Griechen hatten sie einen so großen Stellenwert, dass sie eine eigene Disziplin daraus gemacht haben: die Teleologie (Lehre vom höchsten Ziel oder Gut). Der griechische Philosoph Platon stellte sie im vierten Jahrhundert v. Chr. in den Mittelpunkt seines Denkens und war davon überzeugt, dass es das „Streben nach dem Guten“ sei, was den Menschen zum Handeln antreibt. Das Streben des Einzelnen nach dem „Bestmöglichen“ stellte einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft dar und trug zu einer übergeordneten Vorstellung eines guten (sinnhaft und erfüllenden) Lebens bei. Das Recht auf ein gutes Leben bedeutet heute in vielen Weiterbildungskonzepten eine gesicherte und erfüllte Existenz, die den Besitz materieller Güter einschließt, aber weit darüber hinausreicht. Damit verbunden sind Selbstbestimmung, soziale Anerkennung und Wertschätzung durch andere.
Als Grundhaltung und Werkzeug verschafft Empowerment („Ermächtigung, Bevollmächtigung, Übertragung von Verantwortung“) Zugang zu unseren ungenutzten psychologischen Fähigkeiten und Handlungsweisen, die allerdings aktiviert werden müssen, um ihre Bedingungen zu verbessern und zu erweitern. Mit ihrer Hilfe ist das gute Leben realisierbar. Empowerment wird durch „Anstöße“ realisiert, die vor allem in aufbauender und gegenseitig anerkennender Ermutigung bestehen sowie auf Dialog und Handeln auf gleicher Augenhöhe. Diese Anstöße erfordern Übung und befördern Selbstwahrnehmung, Selbstkompetenz sowie Selbstbestimmung, die auf der Werteskala der jungen Generation heute weit oben steht, während Macht und Status nur einen geringen Zuspruch erfahren. Selbstbestimmung bezieht sich aber auch auf Themen, die Menschen interessieren, und die sie zu der Zeit und an dem Ort sehen möchten, an dem sie gerade sind (Videostreaming wie Youtube, Netflix, Spotify und Co.).
Die Angebote sollten sich jedoch nicht nur auf Weiterbildungen beschränken, sondern ganzheitlich angelegt sein und die gesamte Persönlichkeit eines Menschen berücksichtigen. Es geht darum, persönlichen Ressourcen freizulegen, Dispositionen, die uns zu einem erweiterten und kompetenteren Handeln befähigen. Sie umfassen Fertigkeiten, Stärken, Strategien, Erfahrungen und Haltungen. Natürlich kann sich im Zeitalter der Digitalisierung jeder kostenlos weiterbilden. Allerdings hat eine begleitete Weiterbildung viele Vorteile, zu denen unter anderem strukturiertes Lernen, persönliche Begleitung durch Experten, Motivation, individuelle Betreuung, aktuelles und verifiziertes Fachwissen, objektive Erfolgskontrollen von außen, Austauschmöglichkeiten, Praxisbezug und der Abschluss mit einem anerkannten Zertifikat gehören.
Meinrad Armbruster: Selbermachen! Mit Empowerment aus der Krise. Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015.
Alberto Acosta: Buen Vivir. Vom Recht auf ein gutes Leben. oekom verlag München 2015.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.