Vorsicht, Explosionsgefahr – warum weder Pflicht noch Verbote die Einstellung zum Gendern ändern
Anweisung, Verbot oder ein Mittelweg? Was die Forschung sagt und wie Führungskräfte pragmatisch handeln können.
In deutschen Debatten prallen mit Blick aufs Gendern drei Lager aufeinander:
👉 Die einen wollen zum Gendern verpflichten.
👉 Die anderen wollen Gendern verbieten.
👉 Dazwischen blüht ein bunter Wildwuchs aus Sternchen, Binnen-Is und Doppelpunkten.
Aber was hilft wirklich? Ein Blick in die Forschung macht schlauer
📌 Regelungen rund um Pronomen und Gendern sind ein klassisches Paradox.
Eine Verpflichtung steigert zwar die Teilnahme, erzeugt aber Gegenwind. Menschen mögen keinen Autonomieverlust und fühlen sich drangsaliert. Das lässt sich empirisch beobachten.
Auf der anderen Seite ist ein Verbot von Gendersternchen wie das von Kulturstaatsminister Weimer – zumal mit einem Hinweis auf Freiheit – offensichtlich ebenfalls Banane.
Das sind zwei negative Optionen. Was tun?
Der Mittelweg. Der wirkt tatsächlich am besten, besonders, wenn Führungskräfte selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Was heißt das? Mittelweg? Na ja, here we go:
„Wir ermutigen, aber wir zwingen nicht.“
Wichtig dabei ist, dass der Zwang weder formal noch informal passiert. Wer (keinen) Bock aufs Gendern hat, sollte nicht komisch angeschaut, drangsaliert oder gar ausgegrenzt werden.
Wenn das gelingt, funktioniert der Mittelweg super, und dazu gibt’s sogar frische, handfeste und überzeugende Empirie.
📌 Das passt auch super zu Erkenntnissen rund um die Rhetorik von Diversity-Maßnahmen.
Wenn selektiv nur die Chancen und Benefits, nicht jedoch Risiko und Mühsal von Diversität in Teams und Organisationen betont werden, fühlen sich die Leute veräppelt. Solch ein „Happy Talk“ über Diversity klingt toll, stimmt aber nicht und führt zu Frust. Diversität ist kein Business Case und wir sollten auch nicht so tun.
Wirksamer ist stattdessen eine „Contingent Rhetoric“: Ehrlich sagen, dass Vielfalt ein schwieriger Prozess sein kann und nur dann wirkt, wenn man die Herausforderungen aktiv meistert. Das holt die Menschen, empirisch abgesichert, besser ab und ist zudem sachlich richtig.
👉 Daraus folgen drei Punkte
Der Mittelweg ist beim Gendern die beste Idee.
Autonomie gewähren und respektieren. Niemand mag Zwang.
Herausforderungen benennen. Kein rosarotes Bullshitbingo, sondern realistische Ansagen, die zu echtem Handeln motivieren.
Vielleicht ist das die eigentliche Pointe: Weder Verbot noch Pflicht lösen das Problem. Eigentlich logisch, oder?
Entscheidend ist, wie wir kontroverse Themen angehen und welche Freiräume wir schaffen.
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Literatur
Leslie, L. M., Flynn, E., Foster-Gimbel, O. A., & Manchester, C. F. (2024). Happy talk: Is common diversity rhetoric effective diversity rhetoric?. Academy of Management Journal, 67(3), 595-624.
Malcomb, C. S., & Zitek, E. (2025). The Pronoun Policy Paradox: Maximizing Participation While Preserving Autonomy in the Pursuit of Organizational Inclusion. Academy of Management Discoveries.