Wachsen statt verkümmern: Warum Talente gestärkt werden sollten
In der Bibel findet sich das Gleichnis von den anvertrauten Talenten. Ein reicher Mann geht auf Reisen und vertraut seinen drei Knechten seine Talente an. Nach seiner Rückkehr sollen die Diener Rechenschaft ablegen. Die beiden ersten Knechte legen ihre Talente nachhaltig an und erwirtschaften Gewinn. Aus Angst vergräbt der dritte Diener die ihm anvertrauten Talente. Der Herr nimmt diese an sich und spricht sie den beiden anderen Knechten zu (MT 25, 14-30). Im Gleichnis heißt es: „Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.“ Wer seine Talente stärkt und auch zugunsten anderer vermehrt, macht die Welt zu einem besseren Ort. „Und dann gibt es die anderen, die ihre Talente nicht nutzen, sie verstecken. Sie leben damit ein Leben, an dessen Ende sie zurückschauen dürfen und feststellen, welch wunderbare Talente sie zwar bekommen, aber aufgrund von Zweifeln, Ängsten oder warum auch immer niemals in die Umsetzung gebracht haben“, sagt der Managementvordenker Hermann Scherer.
Sich aktiv um verschiedene Talente zu bemühen – darin liegt auch eine der sozialen Verantwortlichkeiten von Unternehmen.
Dabei geht es auch um die Frage, wie wir eine langfristige, strategische Personalplanung und attraktive Vergütungs- und Nebenleistungspakete gestalten, um heute und in Zukunft Talente zu gewinnen und zu binden. Es braucht allerdings auch eine moderne Führungskultur, „um diese vielseitigen Talente in einer inspirierenden Organisationskultur zu beheimaten“, schreibt Judith Gerlach, Bayerische Staatsministerin für Digitales, in ihrem Vorwort zur 2. Auflage des Bandes „CSR und Digitalisierung“. Leider vergrößert sich die Differenz zwischen der Nachfrage und dem Angebot an digitalen Talenten („digitale Talentlücke“) immer mehr. Die Problematik zeigt, wie dringlich das Thema für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ist – und dass sie eine der wichtigsten Aufgaben der Wirtschaftspolitik werden sollte, die nicht nur ein gesichtsloses Kollektiv, sondern auch das Individuum mit all seinen Talenten und Entfaltungsmöglichkeiten berücksichtigt. Viele Unternehmen kommunizieren Sätze wie diese:
„Damit wir auch in Zukunft als Unternehmen erfolgreich sind, müssen wir heute schon die Talente von morgen gewinnen.“
Aber was heißt das konkret? Der Bedarf an qualifizierten Facharbeitern ist für ein innovatives mittelständisches Unternehmen auf Expansionskurs wie den schwäbischen Druckluft- und Pneumatikspezialisten Mader besonders hoch. Mit seinem Trainee Programm möchte es leistungsorientierten Absolventen der technischen Fachhochschulen und Hochschulen einen ganzheitlichen Blick in die Berufspraxis ermöglichen. Zudem hat das Unternehmen dadurch die Möglichkeit, qualifizierte Fachkräfte nach Unternehmensbedürfnissen auszubilden, die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Anforderungen der Stelle, bzw. des Fachkräftemangels schwer zu finden sind. „Basis des Programms ist dabei ein individueller Entwicklungsplan, mit der unsere Nachwuchstalente optimal auf künftige Herausforderungen vorbereitet werden, dabei aber auch die Möglichkeit erhalten, Interessensschwerpunkte und Neigungen zu erkennen und entsprechend dieser sich zukünftig beruflich zu orientieren“, sagt Stefanie Kästle, Mitglied der Geschäftsführung. Ziel des Unternehmens ist deshalb - neben der Heranführung an aufgabenbezogene fachliche Aufgaben - auch die Stärkung der unternehmerischen und persönlichen Kompetenz.
Dem Entwicklungsplan liegen folgende Grundsätze zugrunde: Training on The Job (9 - 12 Monate sind die Nachwuchstalente in unterschiedlichen Aufgabengebieten und Projekten verschiedener Fachbereiche tätig). Nach einem allgemeinen Unternehmensdurchlauf arbeiten die Trainees mittels Job Rotation in unterschiedlichen Fachbereichen und in interdisziplinären Projekten. Die Dauer des Trainneéprogrammes hängt von den beruflichen Vorerfahrungen und Kenntnissen des Trainneés ab. Das ist nur ein kleines Beispiel von vielen, die zeigen, dass Karriereplanung immer vielschichtiger wird und von Individuen und Unternehmen künftig eine Professionalisierung verlangt. Das betont auch Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ludwigshafen und Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employability, in ihrem Buchbeitrag: „Unternehmen müssen in diesem Kontext eine Kultur aufbauen, die Talente und deren Management konsequent in den Mittelpunkt stellt. Mitarbeiter hingegen müssen sich mehr als bislang mit ihren eigenen Möglichkeiten beschäftigen und multiple Karrierewege in Betracht ziehen, um sich langfristig erfolgreich entwickeln zu können.“
Weiterführende Informationen:
Talentmanagement: Wie mittelständische Unternehmen junge Menschen an sich binden
Jutta Rump und Silke Eilers: Employability und Employability Management. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.