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Bild von Gerd Altmann

Warum authentische Führung Quatsch ist

Man kann Donald Trump sicherlich vieles vorwerfen. Dass er jedoch authentisch seine Launen auslebt, seine Emotionen zeigt und seinen Instinkten vertraut, würden ihm vermutlich selbst die hartnäckigsten Kritiker bescheinigen. Und so passt Trump ganz hervorragend zum Hamlet-Zitat des Kollegen Weibler, anhand dessen der Kern von authentischer Führung charakterisiert wird [1]: „Dies über alles: Sei Dir selbst treu.“ Alternativ könnte man auch Abraham Maslow zitieren: „What humans can be, they must be. They must be true to their own nature” [2, Seite 22].

Was ist überhaupt Authentizität und authentische Führung?

Denn genau das versteht auch der Volksmund unter Authentizität: die Übereinstimmung von innerem Erleben und äußerem Verhalten. Die Harmonie von Innen und Außen. Wenn wir ausnahmsweise mal Wikipedia beim Begriff der Authentizität bemühen, dann steht da [3]:

„Authentizität (von gr. αὐθεντικός authentikós echt´; spätlateinisch authenticusverbürgt, zuverlässig´) bedeutet Echtheit im Sinne von `als Original befunden´.“

Womit wir wieder bei Trump sind. Ist authentische Führung vor diesem Hintergrund überhaupt eine gute Idee? Weshalb erfährt authentische Führung solch eine Aufmerksamkeit? Welche Argumente werden angeführt und wie sieht eigentlich die wissenschaftliche Befundlage zur authentischen Führung aus?

Aber der Reihe nach. Vielleicht fangen wir mit der Aufmerksamkeit für das Thema an. Eine Suche mit Google für „authentische Führung“ ergibt aktuell 4,36 Millionen Treffer und für „authentic leadership“ sogar 126 Millionen. Überall wird den Leuten erklärt, wie sie dank authentischer Führung ganz tolle Ergebnisse erzielen können. Es gibt sogar ganze Organisationen, die sich dem Thema verschrieben haben, viele davon mit universitären Verbindungen. Das Authentic Leadership Center [4]. Das Authentic Leadership Program [5]. Den jährlichen Authentic Leadership Summit [6]. Den Authentic Leadership Coach [7]. Und das Authentic Leadership Institute [8].

Ist authentische Führung wirklich das Ziel?

Wenn wir uns den Imagefilm des Authentic Leadership Institutes [9] anschauen, dann geht er direkt mit der ersten Aussage in die Vollen: „Call leaders to their deeper purpose – and have the courage to live it.“ Jau, klingt nach Donald Trump, denke ich mir da. „Make America Great Again“ in Kombination mit „Drain the Swamp“. Viele Chefs mit einem sehr großen Machtmotiv fallen mir auch sofort ein. Doch ist das wirklich gemeint? Vermutlich nicht. Und es geht weiter. Ein „Senior VP“ führt aus: „Leadership starts from the inside out. How a person shows up. Not what they do, but who they are!“. Womit wir ein drittes Mal bei Donald Trump wären. Der tut das ja bekanntlich sehr exzessiv. Nun ja, es wird ja einen guten Grund haben, weshalb selbst das „Authentic Leadership Institute“ auf einmal nicht mehr so heißen möchte und sich in „Core Leadership Institute“ umbenannt hat. „We have expanded our focus from authenticity to purpose“.

Dabei möchte ich nun nicht dauernd mit Trump nerven. Aber Extrembeispiele sind bisweilen ganz gut geeignet, sich etwaige Logikfehler zu vergegenwärtigen. Wobei das mit den Logikfehlern ehrlicher Weise nur dann stimmt, wenn man die umgangssprachlichen und intuitiv eingänglichen Definitionen von Authentizität zugrunde legt. Die Forschung ist da schon einen Schritt weiter. In einem der zentralen Übersichtsartikel zum Konzept der authentischen Führung vom Team um William Gardner von der Texas Tech University ergehen sich die Autoren über rund 25 Seiten in dem Versuch, 91 Fachpublikationen über authentische Führung konkret zu fassen zu bekommen [10]. Das klappt jedoch nicht. Stichwort Pudding an die Wand nageln. Einen der Gründe für diesen niederschmetternden Umstand finden wir beispielsweise in der Definition von authentischer Führung von Begley [11]:

“Authentic leadership may be thought of as a metaphor for professionally effective, ethically sound, and consciously reflective practices[…]. This is leadership that is knowledge based, values informed, and skillfully executed.”

Authentische Führung ist also, im Kern, gute Führung. Korrekt? Seufz. Das ist doch hoffnungslos nutzlos. Wenn es jemals eine zirkuläre Definition voller unklarer Kausalitäten gegeben hat, dann ist es wohl diese. Wenn authentische Führung also all das ist, was funktioniert, dann muss ich mich nicht wundern, dass sich positive Effekte von authentischer Führung messen lassen. Diese Kritik gilt übrigens nicht alleinig für den gerade zitierten Fall. Sie durchzieht die komplette Literatur der authentischen Führung. Wer mag und ein dickes Fell hat, kann sich spaßeshalber ja mal die Seite 1122 des zitierten Artikels der Texaner rund um den Kollegen Gardner [10] reinziehen.

Es ist halt total schwierig, ein Konzept wie Authentizität als tollen Führungstrend zu hypen, wenn sich nun mal sehr viele Unsympathen als ausgesprochen authentisch entpuppen.

Der Sinn unauthentischen und der Unsinn authentischen Verhaltens

Hinzu kommt, vom Definitionshickhack abgesehen, dass unauthentisches Verhalten in sehr vielen Situationen in der Führung ausgesprochen ratsam ist. Genau wie authentisches Verhalten selbstredend auch viele positive Effekte hat (in Summe ergibt sich schließlich eine Nullkorrelation zum Erfolg).

Wer jedoch beispielsweise häufiger Ansprachen oder Vorträge hält, der liefert auf der Bühne oder dem Podium ab, ganz unabhängig vom zu dem Zeitpunkt ehrlichen Gefühlsleben. Ich habe jedenfalls noch nie einen TED-Speaker erlebt, der nicht gut drauf gewesen wäre oder dessen Verhalten nicht ausgesprochen gut auf das jeweilige Thema abgestimmt war. Waren viele dieser Speaker unauthentisch? Sicherlich oft, ja. War das situativ angemessen? Aber natürlich!

Es ist sogar so, dass Authentizität in vielen Situationen eine besonders schlechte Idee ist, und zwar nicht nur bei Führungskräften. Der ganze Dienstleistungssektor ist doch voll von mangelnder Authentizität. Wir erwarten von Leuten, die uns zu Diensten sind, eine gewisse Freundlichkeit und Zuvorkommenheit unabhängig vom wirklichen Innenleben. Das mag man alles verlogen finden, aber davor kann man doch nicht die Augen verschließen. Wir sind doch nicht in Takatukaland. Wenn ich zu meiner Hausärztin gehe, dann erwarte ich eine gewisse Freundlichkeit. Klar bemühe ich mich ebenfalls darum – und zwar auch dann, wenn der Arztbesuch einen Grund hat und ich entsprechend mit Schmerzen angewankt komme. Ist das unauthentisch? Logisch.

Zudem hat man es immer mal mit Menschen zu tun, die man blöd findet. Als Führungskraft sollte man in solchen Fällen direkt mal hinterfragen, ob man den Leuten denn gerecht wird. Schließlich mögen wir Menschen lieber, die uns ähnlich sind. Wenn wir aber Diversity fördern wollen, dann müssen wir uns zwangsläufig auch Menschen gegenüber öffnen, die wir weniger mögen, die uns merkwürdig erscheinen, mit denen wir fremdeln. Das Bemühen um einen freundlichen, offenen Umgang ist dabei selbstredend unauthentisch. Aber nichtsdestotrotz wichtig.

Und das ändert sich keineswegs mit der Rolle als Führungskraft. Es betrifft Krisensituationen genauso wie Veränderungsprozesse, das Tagesgeschäft oder den Aufbau von Startups. Es ist die Aufgabe von Führungskräften, die Belegschaft bei der Zielerreichung bestmöglich zu begleiten. Das ist mehr oder minder wörtlich sogar die Definition von Führung. Nur ist dafür ein hohes Maß an Authentizität eher hinderlich als förderlich.

Als Matthias Müller 2015 im Zuge des Dieselskandals bei VW den Job des CEO übernahm, hätte er sicherlich oft entnervt das Handtuch werfen wollen. Es muss irrsinnig schwierig gewesen sein, bei dem gewaltigen Gegenwind von wirklich allen Seiten die feine Ideallinie zu finden zwischen Entschuldigung für die Vergehen und einer Aufarbeitung der Missstände einerseits sowie der Vermittlung von Hoffnung für die Belegschaft plus zukunftsgerichtete Strategieentwicklung andererseits. Ein echter Drahtseilakt, um den er nicht zu beneiden war. Hat sich dabei jemand ernsthaft gefragt, ob sich Herr Müller in dieser Zeit vielleicht nicht so gut fühlte und womöglich unauthentisch agierte? Im Gegenteil. Das ist doch vollkommen logisch. Das war in dieser Situation sein Job. Er musste Ruhe ausstrahlen in einer Zeit extremer und höchst wahrscheinlich auch eigener Anspannung. Das war sicherlich schwierig und unauthentisch zugleich. Aber doch die sinnvollere Handlungsweise.

Wenn wir uns zusätzlich dazu als weiteres prominentes Beispiel einmal Angela Merkel etwas näher anschauen, dann sehen wir gleich mehrere spannende Entwicklungen. Zunächst ist es höchst unüblich, dass eine so introvertierte Person wie Frau Merkel in eine derartig hohe Führungsposition gelangt. Dabei ist das Ausmaß der Extraversion eigentlich nur geringfügig mit Führungserfolg verknüpft. Lediglich rund 5% der Unterschiede im Führungserfolg lassen sich auf die Extraversion zurückführen [12] und das liegt vermutlich an der größeren Bereitschaft der Extrovertierten, visionär-charismatische Signale zu senden [13]. Parallel haben introvertierte Persönlichkeiten in Situationen mit besonders proaktiven Geführten einige Vorteile [14]. Davon unabhängig werden extrovertierte Menschen deutlich häufiger befördert [15], weil sie erstens schlicht mehr ins Auge stechen. Zweitens befürchten Introvertierte von einer Führungsrolle deutlich unangenehmere Emotionen und sehen deshalb von Anstrengungen in dieser Richtung eher ab [16].

Beim Streben nach einer Führungsposition ist unauthentisches Verhalten für Introvertierte also in Summe durchaus sinnvoll, indem sie die eigentlichen Impulse zugunsten eines extrovertierteren Auftretens zurückzustellen. Wie es Angela Merkel zweifelsohne über all die Jahre perfektioniert hat, obwohl man ihr bis heute das Unwohlsein anmerken kann. Parallel bin ich mir sicher, dass Frau Merkel über die Jahre sehr, sehr viele Menschen zu Gast hatte, die sie ausgesprochen unangenehm fand, in deren Gegenwart sie aber dennoch in unauthentischer Weise freundlich war. Das tun wir alle und alle wissen es.

Authentizität von was eigentlich?

Übrigens ist selbst die Merkel-Raute in meinen Augen eine grundlegend unauthentische Geste. Meine Interpretation der Geste lautet, dass Frau Merkel in diversen Situationen schlicht nichts mit ihren Händen anzufangen wusste und sich deshalb die Raute beigebracht hat. Eine ebenso unauthentische wie elegante Lösung. Damit sind wir aber schon mitten im nächsten Punkt. Es stellt sich beim Thema der Authentizität unabhängig vom Definitionswahnsinn und der Angemessenheit von Authentizität ja parallel die Frage, was eigentlich die Bezugsgröße sein soll. Menschen verändern sich schließlich. Werte ändern sich. Lebensläufe bedingen neue Perspektiven. Schicksalsschläge versetzen uns in eine andere Lage. Situationen sind unterschiedlich. Wir haben alle verschiedene Rollen.

Überhaupt ist doch bereits die ganze Idee, man könne sich mit der Hilfe von Führungskräfteentwicklung eine Authentizität antrainieren, ein grotesker Widerspruch in sich. Verhalten antrainieren, um authentisch zu werden. Seufz.

Aber auch das Leben selbst spielt der vorgeblichen Authentizität seine Streiche. Mit dem Tag der Geburt unserer Tochter hat beispielsweise eine bis dahin unbekannte Strukturierung in das Leben unserer Familie Einzug gehalten. Auf einmal richtet sich der Tagesablauf stark nach einem neu hinzugekommenen Familienmitglied. Die Gewissenhaftigkeit nimmt mit der Strukturierung zu. Was ist in dieser Situation authentisch? Ist die Änderung unauthentisch, weil man ja früher anders gelebt hat? Oder ist Authentizität nur für einen kurzen Moment überhaupt interpretierbar? Welche Zeiträume sind da relevant? Über welche Sprünge reden wir? Was ist eigentlich die Baseline von Authentizität [17]? Auf welches Selbst bezieht sich Authentizität, wenn eine Person verschiedene Rollen ausfüllt, in denen zwangsläufig unterschiedliche Verhaltensweisen habituiert verankert sind? Ist es unauthentisch, wenn sich jemand situationsübergreifend unterschiedlich verhält?

Eigentlich wäre die Antwort darauf doch, dass Authentizität wie oben beschrieben eine Harmonie zwischen Innen und Außen darstellt. Das passt jedoch nicht, weil man sich mit einer so verstandenen Idealform der Führung auch die authentischen Unsympathen ins Boot holt. Der Trick zur Auflösung dieses Widerspruchs führt mehr oder weniger unweigerlich zu dem unwürdigen Schauspiel rund um die Definitionen. Man muss nämlich Innen und Außen an Bord haben, aber zugleich die authentischen Unsympathen loswerden. Deshalb rücken viele Theoretiker der authentischen Führung auf einmal Werte in den Vordergrund. Die Werte fallen quasi vom Himmel. Denn wenn Authentizität positiv besetzt bleiben soll, muss eine Abgrenzung stattfinden. Aus der authentischen Führung wird dann eine „sinn- und werteorientierte Führung“. Über genau welche sinn- und werteorientierten Komponenten da genau gesprochen wird, bleibt schummrig. Aber der Bezug zum „Purpose“ zieht aktuell ja immer. Siehe die Transformation des Authentic Leadership Institute. Wir erinnern uns: „We have expanded our focus from authenticity to purpose“. Seufz.

Der heutige Sachstand

Wenn die authentische Führung aber quasi zwangsläufig durch die beschriebene Hirnakrobatik sinn- und werteorientierte Elemente in sich vereinigen muss, dann fällt die Abgrenzung zur visionär-charismatischen bzw. transformationalen Führung zunehmend schwerer. Schließlich ist doch das visionäre Element nichts anderes als ein erstrebenswertes Bild der Zukunft, welches idealer Weise Herz, Hand und Hirn zugleich anspricht. Das ist doch der Kern von Purpose. Und Charisma ist symbolisches, emotionales und wertebasiertes Signalisieren. Hat dann die mit Sinn und Werten aufgeladene authentische Führung überhaupt einen Mehrwert? Die Antwort lautet leider: nein. Und damit sind wir in der Gegenwart angekommen. Der heutige Sachstand der authentischen Führung ist nämlich aus drei Gründen niederschmetternd.

Erstens sah es bis vor wenigen Jahren noch so aus, als könnten authentische Führungsansätze tatsächlich über den Winkel eines sinn- und werteorientierten Ansatzes hinaus einen Mehrwert bringen. Ironischer Weise haben jedoch die zentralen Artikel der authentischen Führung einer tiefergehenden Überprüfung nicht standgehalten und mussten einer wie der andere zurückgezogen werden. Nach verschiedensten Verdachtsmomenten konnten oder wollten die Autor*innen die Originaldaten nicht bereitstellen. Der Verdacht der Datenmanipulation steht im Raum. Puh. Harte Ansage. In der Folge gab es mindestens sieben sogenannte „retractions“, was in der Wissenschaft nah an der Höchststrafe ist. Einige Beispiele finden sich unter [18][19][20]. Der zugehörige Skandal liegt nun rund 5 Jahre zurück und führte einerseits zu einem spannenden Schlagabtausch der beiden führenden Fachzeitschriften Leadership [21] und Leadership Quarterly [22] sowie einem neuen Herausgeberteam von „The Leadership Quarterly“ unter der Führung von John Antonakis, der die Zeitschrift seitdem auf einen streng wissenschaftlichen Kurs zurückführt – mit großem Erfolg übrigens.

Ein weiteres Nebenprodukt des Skandals rund um die mutmaßlich manipulierte Forschung zur authentischen Führung bestand zweitens in der Forderung, der sogenannten „excessive positivity“ ein wenig Einhalt zu gebieten. Im Rahmen dieser „excessive positivity“ wird den Realitäten der Welt die pastellfarbene Führung in einer Happy-Happy-Welt entgegengestellt. Solcherlei fast politisch anmutender Aktivismus mag zwar grundsympathisch klingen, ist aber zugleich wenig geeignet, erfolgreich als Führungskraft zu agieren.

Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich kaum, dass das Ausleben niederer Instinkte die bessere Alternative darstellt. Doch es bringt nichts, vor den Realitäten die Augen zu verschließen. Stichwort authentische Unsympathen und ein Blick über den großen Teich. Bereits im Jahre 2011 hatte es übrigens erste Bedenken gegeben, ob authentische Führung denn wirklich eine so sinnvolle Idee ist [23]. Dieses Momentum ist mittlerweile in der Breite der Wissenschaft angekommen. Kürzlich wurde ein weiterer, stark beachteter Beitrag publiziert, welcher sich ausgesprochen kritisch mit authentischer Führung unter dem eindeutigen Titel „Warning for excessive positivity: Authentic leadership and other traps in leadership studies“ auseinandersetzt [24]. Das ist der Wissensstand, den es in die Praxis zu tragen gilt. Was ich hiermit tue, auch wenn ich lieber in Lalaland leben würde.

Drittens ist mittlerweile klar, dass die geistige Verrenkung bei den Definitionen der authentischen Führung in Richtung charismatisch-visionäre bzw. transformationale Führung dazu geführt hat, dass man den Ansatz der authentischen Führung getrost einmotten kann. Authentische Führung besitzt nämlich keinerlei zusätzlichen Nutzen über die transformationale Führung hinaus [25]. Das ist doch eigentlich auch wieder ein schönes Ergebnis. Damit kommen wir „schon“ zum Fazit.

Fazit

Das mag jetzt alles weniger enthusiastisch klingen als in den Hochglanzprospekten vieler Beratungen und Coaches. Authentische Führung war eine schöne Idee, aber im Jahr 2020 kommen wir nicht umhin, das Konzept aus wissenschaftlicher Sicht abzuhaken.

Vielleicht seht Ihr es als Führungskraft aber lieber positiv. Denn die grundlegende Nachricht ist doch eine der Vereinfachung eines ohnehin komplexen Jobs. Es gibt viel zu viele angeblich wahnsinnig toll funktionierende Führungsansätze. Die wenigsten davon sind jedoch von Substanz. Auch authentische Führung nicht. Nachweislich gute Führung läuft über eine visionär-charismatische und eine strategische Führung, gelegentlich flankiert von leistungsorientierter Belohnung. Und zwar in dieser Reihenfolge. Punkt.

Führungskräfte, die sich sinnvoll weiterentwickeln möchten, sollten das in diesen Bereichen tun. Ich empfehle ein 360°-Feedback mit den genannten Komponenten, das eine Selbsteinschätzung und mindestens eine anonyme Fremdeinschätzung beinhaltet. Besser vielleicht zwei Fremdeinschätzungen, eine vom Chef, eine von Geführten. Schaut Euch gemeinsam mit einem fitten Coach Eure Ergebnisse an, entwickelt eine Zielvorstellung, leitet daraus Verhalten ab und dann geht’s los. Führung ist zwar komplex, aber nicht so kompliziert wie viele das darstellen. Und sie lässt sich erlernen!

Ausblick

Puh. Das war ein ganz schöner Klopper. Ich bin gespannt, was Ihr davon haltet. Postet gerne Eure Kommentare. Ich bin insidertechnisch ja noch ein totaler Rookie und dankbar für all Euer Feedback. Wünscht Ihr Euch mehr Wissenschaftlichkeit? Oder ist das jetzt schon Overkill? Fachlich zu flapsig, genau richtig oder soll es präziser sein? Laviere ich zu sehr herum oder ist das zu pointiert? Kommentare sind höchst willkommen. Shoot!

Quellen

[1] https://www.leadership-insiders.de/authentische-fuehrung/

[2] Maslow, A. H. (1970). Motivation and personality.New York: Harper & Row.

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Authentizit%C3%A4t

[4] https://www.naropa.edu/academics/alc/

[5] https://www.enaropa.org/program-overview/authentic-leadership/

[6] https://www.theleadershipinstitute.com.au/authentic-leadership-summit/

[7] https://johnmattone.com/blog/coaching-for-authenticity/

[8] https://coreleader.com/name-change/

[9] https://www.youtube.com/watch?v=sJaZP39yKCo

[10] Gardner, W. L., Cogliser, C. C., Davis, K. M., & Dickens, M. P. (2011). Authentic leadership: A review of the literature and research agenda. The Leadership Quarterly, 22, 1120-1145.

[11] Begley, P. T. (2001). In pursuit of authentic school leadership practices. International Journal of Leadership in Education, 4, 353–365.

[12] Judge, T. A., Bono, J. E., Ilies, R., & Gerhardt, M. W. (2002). Personality and leadership: A qualitative and quantitative review. Journal of Applied Psychology, 87, 765−780.

[13] Reichard, R. J., Riggio, R. E., Guerin, D. W., Oliver, P. H., Gottfried, A. W., & Gottfried, A. E. (2011). A longitudinal analysis of relationships between adolescent personality and intelligence with adult leader emergence and transformational leadership. The Leadership Quarterly, 22 (3), 471–481.

[14] Grant, A. M., Gino, F., & Hofmann, D. A. 2011. Reversingthe extraverted leadership advantage: The role ofemployee proactivity.Academy of ManagementJournal,54: 528–550.

[15] Ensari, N., Riggio, R. E., Christian, J., & Carslaw, G. (2011). Who emergesas a leader? Meta-analyses of individual differences as predictors ofleadership emergence. Personality and Individual Differences, 51,532–536.

[16] Spark, A., Stansmore, T., & O’Connor, P. (2018). The failure of introverts to emerge as leaders: The role of forecasted affect. Personality and Individual Differences, 121, 84-88.

[17] Das fragt sich höchst eloquent Standfordprofessor Jeffrey Pfeffer, der dem Thema der authentischen Führung in seinem glorreichen Buch „Leadership BS“ ein komplettes Kapitel widmet. Das Buch ist eine fulminante Abrechnung mit dem, was Pfeffer im gerechten Zorn die „Leadership Industry“ nennt. Tipp!

[18] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/job.653

[19] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/peps.12148

[20] https://psycnet.apa.org/record/2014-39521-010

[21] Atwater, L. E., Mumford, M. D., Schriesheim, C. A., & Yammarino, F. J. (2014). Retraction of leadership articles: Causes and prevention. The Leadership Quarterly, 25 (6), 1174-1180.

[22] Spoelstra, S., Butler, N., & Delaney, H. (2016). Never let an academic crisis go to waste: Leadershipstudies in the wake of journal retractions. Leadership,12(4), 383–397.

[23] Ford, Jackie, & Nancy Harding (2011). The Impossibility of the “True Self ” of Authentic Leadership. Leadership, 7 (4), 463–79.

[24] Alvesson, M. & Einola, K. (2019). Warning for excessive positivity: authentic leadership and other traps in leadership studies. The Leadership Quarterly, 30 (4), 383–395.

[25] Hoch, J. E., Bommer, W. H., Dulebohn, W. H., & Wu, D. (2018). Do ethical, authentic, and servant leadership explain variance above and beyond transformational leadership? A meta-analysis. Journal of Management, 44, 501–529.

Ralf Lanwehr schreibt über Führung & Transformation

Ralf beschäftigt sich mit harten Fakten zu weichen Themen aus dem Dreieck Psychologie-BWL-Mathe. Er berät DAX-Vorstände, trainert Führungskräfte und coacht Bundesligatrainer. Die eigene Karriere als Kicker blieb trotz seiner Zeit als Stürmer in der 3. mosambikanischen Liga verdientermaßen aus.

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