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Warum das Nebenjobverbot in der Altersteilzeit überholt ist

Arbeitnehmer gehen mit Altersteilzeit schrittweise in den Ruhestand. Ein Leser fragt, ob er während des Übergangs einen Nebenjob ausüben darf.

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Die Frage: Viele Arbeitnehmer wollen sukzessive in den Ruhestand. Arbeitgeber bieten ihnen daher oft Altersteilzeitmodelle an. Bei einigen Verträgen arbeitet der Arbeitnehmer bis zur Hälfte der Altersteilzeit voll und danach gar nicht mehr. Einen solchen Vertrag hat ein Leser abgeschlossen. Momentan ist er in der Phase der Altersteilzeit, in der er nicht mehr arbeitet. Er will nebenbei als selbstständiger IT-Berater arbeiten. Sein Arbeitgeber lehnt dies ab. Er will wissen, ob dieses Verbot noch zeitgemäß ist.

Die Antwort vom WiWo Coach, Rechtsanwalt Alexander Birkhahn: Während der Altersteilzeit ist bei vielen Verträgen keine Nebentätigkeit erlaubt, sofern die Einnahmen die Geringfügigkeitsgrenze von 538 Euro monatlich im Jahr 2024 überschreiten. Denn bei Nebeneinkünften über der Geringfügigkeitsgrenze hat der Arbeitgeber keine Zahlungsansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Um dies zu verhindern, wurde die Grenze für Nebeneinkünfte in Altersteilzeit- und Tarifverträgen verankert.

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Zu Recht fragen Sie, ob diese Regelung noch zeitgemäß ist. Denn die gesetzliche Regelung bezieht sich auf Altersteilzeitverträge, die vor dem 31. Dezember 2009 begonnen haben. Für diese Altverträge gibt es laut Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit. Faktisch sind solche Verträge jedoch beendet. Die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit ist also längst ausgelaufen. Es gibt daher keinen Grund mehr, Arbeitnehmern eine Nebentätigkeit zu verbieten, die mehr als 538 Euro monatlich einbringt.

Generell gilt im Arbeitsrecht, dass der Arbeitnehmer außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit anderweitig tätig sein darf. Ausgenommen sind Fälle, bei denen der Nebenjob die Arbeitskraft des Arbeitnehmers mindert oder er für einen Wettbewerber des Arbeitgebers arbeitet. Der Arbeitgeber muss also ein berechtigtes Interesse daran haben, dem Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit zu untersagen. Dies ist aber nicht der Fall, nur weil der Arbeitnehmer mehr als 538 Euro im Monat durch die Nebentätigkeit verdient.

Dass Ihre Personalabteilung einen Nebenjob als selbstständiger IT-Berater in der Altersteilzeit ablehnt, ist daher weder angemessen noch zeitgemäß, wenngleich immer noch üblich.

Ein ähnlich gelagerter, aber doch anderer Sachverhalt wäre übrigens der Vorruhestand eines Arbeitnehmers. Auch hier könnte sich die Frage stellen, ob parallel zum Vorruhestand ein Nebenjob möglich ist. Der Unterschied zur Altersteilzeit: Beim Vorruhestand hört der Arbeitnehmer sofort auf zu arbeiten. Rechtlich gilt Ähnliches wie bei der Altersteilzeit. Die Förderung des Vorruhestands durch das Arbeitsamt ist ebenfalls ausgelaufen. Wie bei der Altersteilzeit dürfte der Hinzuverdienst eigentlich rechtlich keine Auswirkungen auf die Höhe der Sozialbeiträge haben, die der Arbeitgeber zahlt. Gibt es aber durch den Hinzuverdienst keine Nachteile für den Arbeitgeber, gibt es auch keinen Grund, dem Arbeitnehmer einen höheren Zuverdienst zu verweigern. Dennoch stoßen auch hier viele auf Widerstände, wenn sie parallel zum Vorruhestand etwas dazuverdienen wollen.

Alexander Birkhahn ist Geschäftsführender Gesellschafter und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der auf den Mittelstand spezialisierten Kanzlei Dornbach am Standort Koblenz.

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