Warum der Begriff Kreislaufwirtschaft erweitert werden sollte
Wir leben in einer Welt endlicher Ressourcen. Dass sie immer knapper werden, ist seit Langem bekannt. Doch trotz kleiner Fortschritte sind wir von einer „echten“ Kreislaufwirtschaft noch weit entfernt.
Und das, obwohl es bereits seit 1996 in Deutschland ein Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) gibt. 1972 hieß es Abfallbeseitigungsgesetz, 1986 Abfallgesetz, ab 1996 dann Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, und seit 2012 heißt es Kreislaufwirtschaftsgesetz. Mit den unterschiedlichen Fassungen und Umbenennungen geriet neben der umweltgerechten Beseitigung verstärkt auch die Vermeidung und Verwertung von Abfällen in den Fokus. Seit der Neufassung 2012 legt es eine Zielehierarchie fest, die späte nationale Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie von 2008:
1. Abfallvermeidung,
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3. Recycling (stoffliche Verwertung),
4. energetische Verwertung (Verbrennung),
5. Beseitigung.
Der Name Kreislaufwirtschaft ist also dem veränderten Ansatz geschuldet, Abfälle als Ressource zu sehen, sie entsprechend zu sortieren, zu behandeln, Recyclingmaterialien zu gewinnen und diese wieder in die Stoffkreisläufe einzuspeisen (Quelle: Politikmonitor Nachhaltigkeit 3/2021).
Zum Unterschied zwischen „Kreislaufwirtschaft“ und „Circular Economy“
Neuere deutschsprachige Studien verwenden stattdessen häufig den englischen Begriff „Circular Economy“. Dieser meint „echte“ Kreislaufwirtschaft unter Einbezug der Produktentwicklung und der Sekundärrohstoffmärkte (einige sprechen auch von „zirkulärem Wirtschaften“). Was es heute braucht, ist eine Begriffsweiterung, denn es geht nicht mehr um herkömmliches Recycling, sondern auch den kreislauffähigen Einsatz von Rohstoffen, was bereits beim Produktdesign berücksichtigt werden sollte.
2015 hatte eine Studie der Ellen MacArthur Foundation mit McKinsey errechnet, dass die Ausgaben für Mobilität, Wohnen und Lebensmittel in Deutschland durch konsequente Kreislaufwirtschaft bis 2030 um 25 Prozent sinken und die Wirtschaft zugleich jährlich 0,3 Prozentpunkte schneller wachsen könnten. Dieses Ergebnis wurde allerdings kaum zur Kenntnis genommen, obwohl im gleichen Jahr der erste Aktionsplan Kreislaufwirtschaft der EU kam, der 2019 abgeschlossen wurde und ein zentrales Element des europäischen Green Deal ist. Mithilfe von sieben Sektorstrategien, die als „zentrale Produktwertschöpfungsketten“ betrachtet werden, soll die Umsetzung erfolgen:
Bauwirtschaft und Gebäude,
Batterien und Fahrzeuge,
Elektronik und IKT,
Kunststoffe,
Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe,
Textilien,
Verpackungen.
Angeregt durch den EU-Aktionsplan erschienen mehrere Studien, die sich mit den dringlichen Veränderungen beschäftigen: Eine Studie der Boston Consulting Group von 2020 verweist ebenfalls darauf, dass Deutschland sein Potenzial in der Kreislaufwirtschaft nicht ausschöpft und damit Ressourcenmangel für die Wirtschaft riskiert: Nur 10,4 Prozent der Produktionsmittel hierzulande stammen aus recycelten Materialien. Der Anteil der Kreislaufwirtschaft müsste bei mindestens 50 Prozent liegen, damit sich die Erde wieder regenerieren kann. Anfang 2021 kam eine Studie im Auftrag von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt zum Ergebnis, „dass sich die Transformation in Richtung Circular Economy in Deutschland noch in einer frühen Entwicklungsphase mit geringer Dynamik befindet“.
Die Agora Energiewende und Corporate Leaders Group (CLG) haben in einer gemeinsamen Studie „Circular Economy Roadmap für Deutschland“ Prioritäten identifiziert, wie die EU Marktanreize für klimaneutrale Materialien schaffen könnte. Sie reichen von CO2-Grenzwerten für importierte materialintensive Endprodukte bis zu Maßnahmen in der öffentlichen Beschaffung. Auch die CEID hat im Mai 2021 Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft veröffentlicht. Hier wird ebenfalls die Bedeutung von unternehmensübergreifender Kollaboration betont und die Chancen einer „internationalen Neupositionierung der deutschen Industrie als Exportweltmeister für profitable Circular-Economy-Lösungen“ unterstrichen. Eine Grundaussage aller Publikationen ist, dass es veränderter Rahmenbedingungen und neuer Anreizsysteme bedarf, aber auch mehr Innovation, Kollaboration und Geld erforderlich sind, um die Ziele zu erreichen. Außerdem müssen Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz zusammen gedacht werden. Hervorzuheben ist vor diesem Hintergrund auch der zweite Aktionsplan COM vom März 2020.
einen starken und kohärenten Rahmen für die Produktpolitik zu schaffen,
dass nachhaltige Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zur Norm werden,
Verbrauchsmuster so zu verändern, dass von vornherein kein Abfall erzeugt wird.
Die produzierende Wirtschaft ist deshalb aufgerufen, Ressourcen im Kreislauf zu führen, Produkte nach ökologischen Vorgaben zu gestalten und neue Märkte für Sekundärrohstoffe aufzubauen. Zu den ganzheitlichen Ansätzen gehören die Schließung des Materialkreislaufs, Steigerung der Produkt- und Materialeffizienz, effizientere Nutzung von Produkten sowie die Substitution von Ressourcen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Unternehmen können neue Marktsegmente und Umsatzpotenziale erschließen, die Produktion wird effizienter und autarker, die Industrie kann ihren ökologischen Fußabdruck verbessern, die Kontrolle über die eigene Lieferkette kann erhöht werden – und schließlich ist erwiesen, dass kreislaufwirtschaftlich agierende Unternehmen rentabler arbeiten. Schnell zu realisierende Chancen liegen beispielsweise in der Abfallvermeidung. Im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft gibt es vier wesentliche Wege für kreislauffähige Verpackungen:
Verzicht auf Verpackungen,
Recyclingfähige Verpackungen,
Biologisch abbaubare Verpackungen,
Wiederverwendbare Verpackungen.
Allerdings muss auch hier der Schutz des Produktes gewährleistet sein zum Beispiel bei Küchenmöbeln. „Wir schließen Stoffkreisläufe, wo es möglich ist. Über die Verwaltungsgesellschaften wurden bei Häcker Küchen Verpackungsmaterialien lizenziert. Damit ist gewährleistet, dass Verpackungen von den Entsorgungspartnern gesammelt werden, erfasste Verpackungen stofflich verwertet und alle Anforderungen der Verpackungsordnung erfüllt werden“, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht von Häcker Küchen. Die Verpackungen werden hier umweltfreundlich über die Recycling-Kontor Transportverpackungen GmbH & Co. KG (RKT) entsorgt (operative Rückführung gebrauchter Transportverpackungen). Kunststoffabfälle entstehen bei Häcker Küchen vor allem bei Warenanlieferungen. Paletten sind zur Transportsicherung in der Regel mit Kunststofffolie umhüllt. Teilweise werden Kunststoffbänder als zusätzliche Sicherung eingesetzt. Auch hier werden mit den Lieferanten Lösungen zum sparsamen Einsatz von Verpackungsmaterial erarbeitet.
Viele Fragen der Entsorger beziehen sich ausschließlich auf Styropor-Materialien, die bei der Sanierung/Rückbau von Gebäuden anfallen. Davon sind Verpackungsmaterialien, die aus Styropor bestehen, nicht betroffen. Seitens der Möbelhändler ist lediglich sicherzustellen, dass Styropor aus Verpackungen nicht mit anderen Styropor-Abfällen vermischt wird. Für „sauber“ gesammelte Styropor-Verpackungen gibt es weiterhin viele Verwertungsmöglichkeiten und eine Nachfrage auf dem Recycling-Markt. Bei Rückfragen nimmt RKT mit dem Entsorger Kontakt auf oder beauftragt ggf. einen neuen Entsorger, die Transportverpackungen abzuholen. Zur weiteren Plastikmüllvermeidung wurde 2018 eine Untersuchung vorgenommen, in der Zuschnittverpackung, in der heute Styropor und Schrumpffolie verwendet werden, zukünftig nur Pappe und Papier, ohne Einbußen in der Produktivität und Wirtschaftlichkeit, zu verwenden. Diese Maßnahme wurde im Rahmen des Werkneubaus in Venne und am Standort Rödinghausen umgesetzt. Wenn Verpackungen nicht wieder verwendet werden können, sollten sie so gestaltet sein, dass sich die Materialien leicht recyceln lassen und gut für neue Produkte verwendet werden können (Design für Recycling).
1995 wurde der Umweltpakt Bayern ins Leben gerufen. Mit dem aktuellen Umwelt- und Klimapakt arbeiten die Bayerische Staatsregierung und ihre Partner, die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw), der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) sowie der Bayerische Handwerkstag (BHT) daran, Lösungen im Umgang mit herausragenden Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen zu entwickeln, um damit Umwelt- und Klimaschutz in Unternehmen und Betrieben voranbringen. Dadurch sollen umwelt- und klimapolitischer Zielsetzungen vorangebracht sowie Umweltstandards und -trends etabliert werden. Auch die verstärkte Bewusstseinsbildung zugunsten von Umwelt- und Klimaschutzzielen spielt eine wichtige Rolle. Hier finden sich auch zahlreiche Praxisbeispiele, die einen Einblick in aktuelle Entwicklungen geben. Je nach Produkt gibt es verschiedene Anforderungen an Verpackungen und teilweise auch gesetzliche Vorschriften wie das Verpackungsgesetz, die von Herstellern zu beachten sind.