Warum Käseverpackungen von Milram einen Shitstorm ausgelöst haben
Neue Käseverpackungen sollten eine jüngere Zielgruppe ansprechen – im Netz hagelt es Boykottaufrufe. Das sagt das Unternehmen zu dem Shitstorm.
Eine Familie mit Hund beim Spaziergang, ein verliebtes Paar, Menschen beim Frühstück – das Ganze bunt illustriert: Vor zwei Wochen hat Milram eine limitierte Design-Edition seiner Käseverpackungen auf den Markt gebracht. Womöglich anders als erwartet, führte diese künstlerisch anmutende Kampagne jüngst zu Aufregung – und sogar rassistischen Kommentaren, vor allem in den sozialen Medien.
Da auf den Verpackungen etwa Illustrationen von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe zu sehen sind, sprachen einige Kritiker von „bunter Propaganda“, „wokem Käse“ und riefen teils sogar zum Boykott der Marke Milram auf, hinter der mit der Deutschen Milchkontor (DMK) Deutschlands größte Molkereigenossenschaft steht.
„Was hier als ‚woke‘ abgestempelt wird, ist ein Abbild unserer Gesellschaft, das man in jedem Wartezimmer in jeder Arztpraxis sieht – wer erwartet, dass auf einer solchen Käseverpackung drei helle Gesichter glänzen, hat eine falsche Wahrnehmung“, sagt DMK-Sprecher Oliver Bartelt auf Nachfrage der WirtschaftsWoche.
Die Idee hinter der Aktion sei eigentlich gewesen, eine junge Zielgruppe anzusprechen. Bei anderen Produkten arbeite Milram auch mit Influencern zusammen. „Wir wollten Farbe ins Kühlregal bringen, Käse ist ja nicht unbedingt für die kreativsten Verpackungen bekannt“, sagt Bartelt.
Dafür engagierte Milram drei Künstler, die die neuen Verpackungen entwerfen sollten. Doch schon Mitte vergangener Woche habe das Unternehmen die ersten negativen Rückmeldungen per Mail bekommen. „Das waren die Frühwarnsignale, es hat uns also nicht überrascht, dass wenig später auch bestimmte Teile der sozialen Medien auf das Thema angesprungen sind“, berichtet Bartelt.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachenOliver Bartelt, Pressesprecher DMK
Über der Marke ergoss sich dann scharfe Kritik, zum Teil wogten ihr auch Hass und rassistische Anfeindungen entgegen. „Die Kommentare sind eindeutig einer bestimmten, rechten Blase zuzuordnen“, sagt Bartelt. „Auf der einen Seite werden diese Kommentare von anonymen Personen gestreut, auf der anderen Seite arbeiten sich auch entsprechende politische Kreise an einer Käseverpackung ab – wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen.“
In der Debatte um das neue Verpackungsdesign verfestigte sich zum Teil auch der Eindruck, die Marke habe hier bewusst auf Provokation gesetzt, um Aufmerksamkeit auf die eigenen Produkte zu lenken. Das weist der DMK-Sprecher zurück: „Milram hat ein klares Markenbild, das nicht dadurch besticht, mit so etwas auffallen zu wollen“, betont Bartelt. „Wir greifen einen Zeitgeist auf, aber bewusst nicht in politischer Form.“
Mittlerweile ebbe der Shitstorm wieder ab – „zumindest in der Blase, die ihn losgetreten hat“, sagt Bartelt und schiebt nach: „Wenn wir die Lage in den sozialen Medien analysieren, überwiegen allmählich positive Kommentare.“
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