Erfolg mit Schatten: Der Druck auf Oliver Blume, der neben Porsche auch den VW-Konzern leitet, wächst. - Foto: Porsche AG
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Warum Porsche jetzt die Jahresziele für 2024 kassieren muss

Eine Überschwemmung bei einem Zulieferer belastet den Dax-Konzern. Doch auch Managemententscheidungen haben zuletzt Probleme produziert. Der Druck auf CEO Oliver Blume wächst.

Düsseldorf, Stuttgart. Beim Sportwagenbauer Porsche belasten Lieferengpässe die Bilanz. Wie der Dax-Konzern in der Nacht zu Dienstag mitteilte, ist die Produktionsstätte eines wichtigen europäischen Zulieferers überschwemmt worden, was bei mehreren Porsche-Lieferanten zu einer Knappheit bei speziellen Aluminiumlegierungen führt. Um wen genau es sich handelt, verrät der Konzern nicht.

In der Folge kalkulieren die Zuffenhausener für das laufende Geschäftsjahr nur noch mit 14 bis 15 Prozent Marge, bisher zielte Porsche auf einen Korridor zwischen 15 und 17 Prozent. Auch den Ausblick für Umsatz, Netto-Cashflow und Elektroanteil an der Flotte musste der Autobauer per Ad-hoc-Mitteilung nach unten korrigieren.

Durch die Lieferschwierigkeiten könne es „zu Produktionsstillständen einzelner oder mehrerer Fahrzeugbaureihen“ kommen, schreibt der Sportwagenhersteller in der Pflichtmitteilung. Wie die „Stuttgarter Zeitung“ bereits vor einigen Tagen berichtet hatte, plant Porsche die Fertigung seines Elektrosportwagens Taycan nur noch in einer Schicht.

Der Kurs der Porsche-Aktie verlor im frühen Handel fast sieben Prozent und erholte sich bis zum Mittag etwas. Am Mittwoch will der Konzern wie geplant seine Halbjahreszahlen vorlegen.

Gewinnwarnung Porsche: Druck auf Renditeziele und CEO Blume wächst

Immer höher, immer weiter – mit diesem Mantra konnte Porsche-Chef Oliver Blume lange Zeit die Probleme im VW-Konzern, den er seit knapp zwei Jahren ebenfalls leitet, befrieden.

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In den vergangenen Jahren ist Porsches Marge kontinuierlich gestiegen, was auch gut für VW war. 20 Prozent Rendite wollen die Zuffenhausener trotz Elektrowende in den nächsten Jahren weiter erreichen. Mit der Gewinnwarnung wächst jedoch der Druck auf Blumes Plan.

Für den Sportwagenbauer ist die Pflichtmeldung ein letztlich abruptes Ende nach einer längeren Erfolgsphase – was sich aber über Monate schrittweise angekündigt hatte.

  • ersten Quartal hatte Porsches Finanzchef Lutz Meschke den ersten Gewinnrückgang seit Corona vermelden müssen. Um 30 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro brach das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr ein.

  • Anfang Juli meldete der Dax-Konzern für das erste Halbjahr 2024 einen Absatzrückgang von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Porsche erneuert gerade fünf seiner sechs Modellreihen, was „vorübergehend zu Angebotslücken“ führen könne, hieß es als Erklärung.

  • Am Montag hatte der Konzern zudem mitgeteilt, dass der Wandel zur Elektromobilität angesichts der allgemeinen Kaufzurückhaltung bei E-Autos länger dauere, „als wir noch vor fünf Jahren gedacht hatten”. Ursprünglich hatte sich Porsche eine Elektroquote von 80 Prozent bis zum Jahr 2030 vorgenommen, nun betont man in Zuffenhausen, dass die Ziele vom Kunden- und Marktverhalten abhängen würden.

Analysten zu Gewinnwarnung: „Nicht nur höhere Gewalt“

Mit der jetzigen Gewinnwarnung geht die Negativserie weiter. „Wenn es regnet, gießt es“, kommentiert Stephan Reitman die aktuelle Lage bei Porsche.

„Es ist aus meiner Sicht nicht nur höhere Gewalt, die zu der aktuellen Gewinnwarnung geführt hat", sagte Metzler-Analyst Pal Skirta mit Blick auf die Überschwemmung dem Handelsblatt. „Es sind auch strategische Entscheidungen des Managements und Probleme in für Porsche wichtigen Regionen – allen voran China.“

Dort stritt der Sportwagenbauer zuletzt mit einigen seiner Händler. Chinesischen Medienberichten zufolge hatten Inhaber einzelner chinesischer Porsche-Autohäuser eine Entschädigung verlangt. Demnach seien die betroffenen Händler gezwungen gewesen, Autos mit Verlust zu verkaufen, um die ambitionierten Verkaufsvorgaben des deutschen Autokonzerns zu erreichen.

Als Reaktion schasste Blume vor wenigen Tagen China-Chef Michael Kirsch. Ab September soll Porsches bisheriger Deutschland-Chef Alexander Pollich die Geschicke der Sportwagenfirma in der Volksrepublik lenken.

Porsche verkaufte im vergangenen Jahr knapp 80.000 Fahrzeuge in China, ein Viertel des Gesamtvolumens der Zuffenhausener. Im ersten Halbjahr war Porsches Absatz in der Region um ein Drittel eingebrochen. Die Volksrepublik ist damit nur noch der drittgrößte Einzelmarkt nach Nordamerika und Europa.

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Porsches Elektrostrategie: Margenrisiko Macan

Ein weiteres hausgemachtes Problem sehen Experten auch beim Macan. Im ersten Halbjahr ging der Absatz des SUV um 18 Prozent auf knapp 40.000 Fahrzeuge zurück. Anders als Audi hatte Porsche beim Macan darauf verzichtet, die Cybersicherheit des Modells mit Verbrennungsmotor zu modernisieren. In der EU darf der Macan mit Verbrennungsmotor darum nicht mehr verkauft werden.

„Diese Marge fehlt Porsche jetzt“, sagt Metzler-Analyst Skirta. Es bleibe abzuwarten, ob der in diesem Jahr gelaunchte E-Macan den Margenverlust des Verbrenners schon in diesem Jahr wird ausgleichen können. Das Modell war wegen Softwareproblemen mehr als zwei Jahre später als geplant auf den Markt gekommen.

Probleme im wichtigsten Automobilmarkt der Welt, dazu Brüche in den Lieferketten und ein schwacher Elektroabsatz: Die Gemengelage hat das Zeug, die bisherige Erfolgsbilanz von Porsche- und VW-Konzernchef Blume zu überschatten.

Die Porsche SE, Großaktionär sowohl bei der Porsche AG als auch bei Volkswagen, hat ihre Gewinnprognose zwar trotz der Probleme nicht korrigieren müssen. Doch nach der Gewinnwarnung beim Sportwagenbauer dürfte diskutiert werden, ob Blume beide Chef-Rollen dauerhaft parallel bewältigen kann: „Die Frage nach einem Ende von Oliver Blumes Doppelrolle steht schon länger im Raum“, sagt Skirta.

UBS-Analyst Hummel zu Porsche: „Solides zweites Quartal“ erwartet

Patrick Hummel, Automotive-Analyst bei der UBS, erwartet trotz der Meldung „ein solides zweites Quartal“. Allerdings werfe der Lieferengpass „einige Frage über das Supply-Chain-Management bei Porsche“ auf.

Auch wenn die Überflutung bei einem Zulieferer als höhere Gewalt angesehen werden könne, „sind wir dennoch überrascht, dass Porsche häufig von Lieferketten-Problemen betroffen ist, während die meisten anderen Hersteller ihre Lieferketten nach der Chipkrise stabil halten konnten".

Mehrere Analysten berichten, dass es sich bei dem betroffenen Zulieferer um ein Unternehmen aus der Schweiz handele. Die Engpässe könnten wochenlang andauern, hieß es vom Konzern, die Ausfälle ließen sich „trotz unverzüglich ergriffener Gegenmaßnahmen“ im Jahresverlauf wohl nicht mehr aufholen.

„Ob selbst verschuldet oder wirklich außerhalb der Kontrolle des Unternehmens: diese Ereignisse haben den äußerst erfolgreichen Börsengang im September 2022 erheblich getrübt“, sagt Bernstein-Analyst Reitman. Er geht davon aus, dass die Bewertung von Porsche wegen des anfälligen Risikomanagements genau hinterfragt werde. Die Porsche-Aktie liegt aktuell bei knapp 70 Euro, Ende Mai 2023 lag der Kurs noch bei 120 Euro.

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