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Warum Schüler•innen New Work-Unterricht statt Stundenpläne und Schulbänke brauchen

Die Bürokratie-Wüste und der Digitalisierungs-Zeitlupenmodus unseres Schulsystems verhindern, dass sich Lernende an die Gegebenheiten der neuen Arbeitswelt anpassen können.

... Bereitet unser Schulsystem unsere Kinder noch adäquat auf die Realität und Zukunft der Arbeitswelt vor?

... Bietet es Möglichkeiten & viele Chancen jungen Menschen gute Perspektiven in ihrem Berufsleben zu kreieren?

Aktuelle Statistiken zeigen auf, dass 65% aller heutigen Grundschulkinder später in Berufsbildern arbeiten werden, die aktuell noch niemandem bekannt sind.

Aber auch wenn sich die genauen Berufsfelder der Zukunft nur erahnen lassen, so ist es doch relativ eindeutig, dass die jüngsten unter uns…

  • …in hohem Maße eigenverantwortlich arbeiten werden müssen,

  • …aufgrund der Beschleunigungsintervalle in der Veränderung von Märkten & Gegebenheiten eine viel höhere Widerstandsfähigkeit & Kreativität /Transferfähigkeit benötigen werden,

  • …ein hohe Zahl neuer Technologien erleben, nutzen und brauchen werden als die Generation Y sowie ältere Mitbürger und

  • …mit sehr vielen Umbrüchen, Erneuerungen und Veränderungen konfrontiert sein werden.

Welche Relevanz hat dies für unser Bildungssystem? Kinder müssen lernen, ...

  • … wie sie mit Veränderungen umgehen und sich ergebende Chancen nutzen

  • … wie sie sich selbst neue Themen erschließen können

  • … welche neuen Technologien es gibt und wie sie diese sinnvoll einsetzen und nutzen können

  • … ihre Stärken und Talente zu identifizieren

  • … sich im Zeitalter des Internets und damit einhergehend alternativer Fakten eine ausgewogene Meinung zu bilden und

  • … sich selbst organisieren, motivieren, durchsetzen und auch abgrenzen zu können

Wenn junge Menschen solche Fähigkeiten im sehr jungen Alter, in dem die Lernfähigkeit nachgewiesenermaßen am größten ist, bereits in der Schule erlernen, würde sie dies auf zahlreiche Herausforderungen systematisch vorbereiten.

Antworten auf die folgenden Fragestellungen wären wünschenswert…

...Wie lerne ich eigenständig und selbstorganisiert?

...Wie kann ich Quellen hinterfragen, validieren und eigenständig auf deren Richtigkeit überprüfen und mich so vor Fake-News schützen?

...Wie kann ich meine persönlichen Skills zielgerichtet ausprägen und einsetzen?

Es ist an der Zeit unsere Kinder auf die Welt des New Work vorzubereiten.

Auch, dass Kompetenzfelder wie z.B. Medienkompetenz, Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikationfähigkeit, Unternehmertum, etc. , nicht in den Schulen gezielt unterrichtet werden, um die Schüler:innen besser auf die sich rapide wandelnden Mechanismen der Welt vorzubereiten, ist zu hinterfragen.

Welche Bedeutung hat dies für unser Bildungssystem bzw. für den Arbeitsort Schule?

Wie können Lehrkräfte und Schulen besser und agiler auf Veränderungen reagieren und solch relevante Themenbereiche in ihren Unterrichtsreihen integrieren?

Wie können die Talente und Stärken der Lehrkräfte zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden um diese Themenbereiche zu forcieren?

Meine Haltung hierzu ist, dass wir nicht nur die Transformation von Unterrichtsgestaltung diskutieren müssen, sondern vor allem auch die Transformation der Organisationsform Schule.

Ist das Modell der "Stelle Lehrkraft" mit 26 Unterrichtsstunden-Verpflichtung noch zeitgemäß oder sollten wir es nicht vielmehr in Rollen mit Spezialisierung denken?

Muss eine ausgebildete Lehrkraft zur Schulentwicklung beitragen neben ihrer Hauptfunktion den Unterricht vorzubereiten und durchzuführen oder könnte es auch ein:e Transformationsbegleiter:in mit einer Leidenschaft für Schule geben, die eine Perspektive aus der Arbeitswelt/ Realität des NewWork einbringt?

Welche gigantischen Möglichkeiten würden wir für die Jugend kreieren, wenn wir New Work für Schulen denken würden?

Warum werden nicht zum Beispiel Menschen aus der Praxis, die die Perspektive des Berufslebens von Märkten und Jobbfeldern mit großer Perspektive aus eigener Erfahrung kennen, in der Schule eingesetzt?

Gestern Abend wurde im Rahmen einer Fachkräftedebatte zwischen unserem Arbeitsminister und Markus Lanz u.a. diskutiert, dass aktuell 40.000 Stellen für Lehrkräfte in der Republik unbesetzt sind. Lehrkräfte werden heutzutage in den Schulen mit Aufgaben betreut, für die sie nicht ausgebildet sind – in einer Unternehmensorganisation in der Wirtschaft würden diese Aufgaben auf mehrere Schultern von Spezialist:innen verteilt werden.

Unterricht planen, durchführen, Schüler:innen begleiten und coachen, Schule entwickeln, Schule managen, Schule technisch optimieren ...

Warum wird hier nicht wie in anderen Organisationen auch in Rollen gedacht und strukturiert?

Warum wird hier nicht entsprechend nach Stärken & und spezialisierten Kompetenzen eingestellt?

Müssen Schulleiter/-direktor:innen, deren Aufgaben im Schwerpunkt Schulentwicklung und -Organisation sind, wirklich eine ausgebildete Lehrkraft sein?

Die Funktion des/der Schuldirektor:in:

Schulleiter/-direktor:innen benötigen sicherlich ein pädagogisches Verständnis und sollten auch ein grundsätzliches Interesse für Pädagogik haben - aber wäre es nicht viel wichtiger zu wissen und Erfahrungen darin zu haben, wie man eine Transformation begleiten, durchführen und die Organisation Schule zukunftsgerecht aufstellen kann?

Es ist so eine verantwortungsvolle Position, für die ein Pädagogik-Studium & Lehramtsrefrendariat schlichtweg nicht vorbereitet und ausbildet.

Lehrer:inen, die die Rolle des(r) Schuldirektor:in anstreben, erhalten im Zuge des Lehrer:innen-Dienstes Fortbildungen wie Schulleitungsqualifizierungen, die in großen Teilen nicht mehr zeitgemäß sind.

Ein weiterer Aspekt, bei dem die Schere zwischen NewWork und OldSchool immer weiter auseinander klafft:

Während Berufstätige durch Modelle wie Workation oder remote-work örtlich und zeitlich immer flexibler arbeiten können, sind Schüler:innen dank der Schulgebäudeanwesenheitspflicht immer noch an feste Stundenpläne und Schulbänke gebunden.

All diese Punkte könnten auch wunderbar durch selbstbestimmtes Lernen / Homeschooling umgesetzt werden, wie es in den meisten Ländern auf dem Globus bereits praktiziert werden darf. Hier hinkt das deutsche Schulsystem leider meilenweit hinterher.

Wie ist eure Meinung zu unserem Schulsystem – bereitet es noch adäquat auf die Anforderungen, die uns das Leben stellt, vor?

Sebastian A. Holtkemper schreibt über NEW WORK, Leadership, Unternehmenskultur, Innovation & Technologie

Sebastian Holtkemper ist Geschäftsführer von itesys, einem der am rasantesten wachsenden Tech-Ventures in der D-A-CH Region. Er liebt es, Teams und Menschen zu inspirieren & zu entwickeln. Als Insider berichtet er über seine Erfahrungen als Leader in der IT-Branche.

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