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Warum sind wir so, wie wir sind?

„If you want to make a change, start with the man in the mirror“ - ist das nicht eine ganz besondere Botschaft?! Wie oft habe ich die äußeren Umstände beklagt, wie oft schon habe ich mir eine Veränderung im Außen herbeigewünscht, aber es hat nie so richtig geklappt. Es dauerte sehr lange, bis ich die Botschaft aus dem Song verstanden und verinnerlicht hatte. Denn wie oft dachte ich als Führungskraft und später als Unternehmer, dass ich Menschen führen muss – ohne zu verstehen, dass es immer nur um einen geht, den es zu führen gilt. Den Menschen, der Dir im Spiegel begegnet.

Unser Verstand will uns immer wieder erklären, dass seine Sichtweise die richtige ist. Schließlich ist diese Sichtweise doch ein Ergebnis aus der Erfahrung und den daraus entwickelten Erfolgsstrategien. Nur sollten wir uns ab und zu fragen, inwieweit vermeintliche Erfolgsrezepte aus der Vergangenheit heute noch Gültigkeit haben. Unser Denken hat uns doch genau dorthin gebracht, wo wir jetzt - in diesem Moment unseres Lebens - stehen. Das gilt für den Einzelnen, wie für die Gesellschaft. Wir brauchen neue und bessere Wege, oder?! Wie finden wir diese? Durch den Wechsel der Perspektive. Durch ein verändertes Denken. Und genau hier beginnt die Herausforderung.

Veränderung von Gewohnheiten wirken für unser Gehirn fast wie ein "Drogenentzug" - Denken ist anstrengend und verbraucht viel Energie, deswegen sind die eingefahrenen mentalen Autobahnen so viel bequemer und effizienter. Anders auf die Dinge schauen ist für mich ein Erfolgsprinzip - wir stellen fest, das der Perspektivwechsel plötzlich zu einen neuen Wahrnehmung führt und diese neue Wahrnehmung führt uns zu neuen Lösungen.

„Beides, mein Schatz!“ Aber geht das wirklich und vor allem dauerhaft? In unserer Businesswelt würde ich die Frage etwas modifizieren und fragen: „Wollen Sie Recht haben, oder wollen Sie erfolgreich sein?“ Was ist damit gemeint? Hier die Antwort: Es geht im Kern nicht um richtig oder falsch, sondern um genau den oben beschriebenen Persepktivwechsel. Recht haben ist immer auch eine Frage der Perspektive. Die Wahrheit ist ein zutiefst subjektives Gut. Weil wir immer durch unsere persönliche Wahrnehmungsbrille blicken und die ist u.a.geprägt von unserer Genetik, unseren Erfahrungen, unseren Erinnerungen, unserem Geschlecht und unserer aktuellen emotionalen Befindlichkeit.

Unser Gehirn nimmt die Dinge über unsere äußeren und inneren Sinne wahr, die Interpretation dieser sinnlichen Wahrnehmung wird jedoch subjektiv interpretiert. Jeder sensorische Reiz löst eine emotionale Erregung aus. Wir sehen etwas, und unser Gehirn versucht ganz schnell zu interpretieren, was es vor sich hat. Sehen ist zu einem großen Teil eben nicht sehen, sondern denken. Jeder visuelle Eindruck wird zunächst vom unterbewussten Teil unseres Gehirns auf seine emotionale Qualität geprüft. Ist hier eine vermeintliche Bedrohung oder handelt es sich eine günstige Gelegenheit?

Unser emotionaler Autopilot scannt in jedem Augenblick sein Umfeld, um die potentielle Gefahr oder den sich ergebenden Vorteil so schnell wie möglich wahrzunehmen. Noch bevor aber der denkende Verstand aktiviert wird, schickt der Körper biochemische Botenstoffe los, sogenannte Neurotransmitter, die unseren Körper in die Lage versetzten, in Sekundenbruchteilen zu reagieren. Leider sind die negativen Emotionen immer stärker als die positiven, zudem "leiden" wir an bestimmten Wahrnehmungsverzerrungen aus unserem evolutionären Erbe. Der Negativitätsbias ist hierfür ein gutes Beispiel...die meisten unseren unterbewussten Gedanken sind tendenziell negativ "Oh Gott, was passiert mit mir, wenn das nicht klappt" wird viel häufiger gedacht, als "Wie wunderbar, ich werde gemocht und spielend meine Ziele erreichen"

Dann schüttet der Körper u.a. Adrenalin und Cortisol aus. Diese haben einen enormen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Man kann nicht mehr kreativ und nicht mehr emphatisch sein. Der Verstand arbeitet in diesem Zustand eher widerwillig - wenn überhaupt. Auf körperlicher Ebene bedeutet das: Der Pulsschlag erhöht sich, die Pupillen erweitern sich, der Atem geht schneller und man spürt die Anspannung in den Muskeln. Verantwortlich sind die Hormone Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol. Das eigene Körpersystem ist jetzt im so genannten „Überlebensmodus.” Cortisol ist gut für das Überleben der Spezies, aber schlecht für den persönlichen und beruflichen Erfolg. Wenn uns das Cortisol durch die Adern fliesst, kann man ziemlich engstirnig sein, denn der Einfluss auf das eigene Denkvermögen ist beschränkt. Die Ellenbogen werden ausgefahren, und das ICH wird zur alles bestimmenden Botschaft.

Nur wenn wir realisieren, dass unsere Wahrnehmung stark von unserer biochemischen Verfassung abhängt, können wir Veränderung bewirken. Wir sollten also verstehen, wie die Wirklichkeit in unseren Kopf kommt, und wie wir fühlen. Dann können wir erkennen, warum wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten. Hier helfen uns insbesondere die Erkenntnisse aus Hirnforschung und Evolutionsbiologie. Wenn wir in der äußeren Welt etwas verändern wollen, müssen wir innen anfangen. Mit der Art und Weise, wie wir denken, wie wir die Welt sehen und vor allem, wie wir mit Emotionen und Gedanken umgehen.

Wir sollten mehr zu Beobachtenden werden und aufhören, ständig zu be- und verurteilen. Wichtig ist, Verantwortung für die eigenen inneren Zustände zu übernehmen, sich aber nicht mit diesen zu identifizieren. Wahrnehmen was ist, Entscheiden, wie wir mit dieser Wahrnehmung umgehen und Handeln! das wäre meine konkrete Empfehlung.

Hier gilt einmal mehr: „Übung macht den Meister.” Sobald Menschen zum Beobachter ihrer selbst geworden sind, erkennen sie, dass sie nicht mit ihren Gedanken, Gefühlen und Emotionen identisch sein müssen, sondern dass sie sie erkennen und steuern können. So werden wir zum Kapitän auf unserem eigenen Schiff.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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