Warum wir von einer LERN-Kultur statt von einer FEHLER-Kultur sprechen sollten
Immer häufiger wird von einer Fehlerkultur gesprochen, die es anzustreben gilt. Die Gründe dahinter sind oft richtig, der Fokus auf Fehler ist aber falsch.
Zur Weiterentwickung gehört Scheitern dazu. Allerdings wurde lange Zeit gerade im deutschsprachigen Raum über das Scheitern kaum gesprochen. Denn nicht selten galt: Nix gesagt isch g'nug g'lobt (oder wie es so ähnlich im Schwäbischen heisst). Erfolge feiern ist wichtig. Gleichwohl ist das Thema Scheitern noch oft mit Scham besetzt. Vor längerer Zeit begannen dann Menschen, in Fuck-up-Nights ihre Fehlschläge zu feiern. Ein wichtiger Prozess, um das Scheitern zu entstigmatisieren. Leider hat sich im deutschen Sprachgebrauch damit auch die Idee der #fehlerkultur zu etablieren begonnen. Das Konzept an sich ist auch absolut sinnvoll. Allerdings liegt das Problem bereits in der Bezeichung begründet. Möglicherweise ist dies auch dem Umstand der deutschsprachigen Mentalität geschuldet. Denn der Begriff der Fehlerkultur beinhaltet zwei Denkfehler:
Es wird nicht zwischen Fehler und Irrtum unterschieden
Fehler bedeutet, etwas falsch gemacht zu haben. Und falsch machen kann man nur etwas, wenn man bereits hätte wissen können, dass dies so nicht korrekt ist. Wenn ich aber neue Lösungswege beschreite, kann ich oft gar nicht wissen, was richtig und falsch ist. Ich habe noch keinen Bezugsrahmen. Forschung, Produktentwicklung, Innovation basiert grundsätzlich darauf, sich irren zu können. Man trifft eine Annahme, überprüft diese durch Experimente, beobachtet das Ergebnis und ändert seine Annahme. Kurzum: Wir LERNEN. Wenn ich also z.B. ein gescheitertes Experiment ohne Veränderung wiederhole, begehe ich einen einen Fehler. Denn ich hätte wissen können, dass es so nicht funktioniert.
Der Unterschied zwischen Fehler und Irrtum
Fehler: Zum Zeitpunkt meiner Entscheidung hätte ich bereits wissen können, dass meine Entscheidung falsch ist. Irrtum: Zum Zeitpunkt meiner Entscheidung konnte ich es noch nicht besser wissen.
Was Unternehmen oft suchen, ist eine Kultur, in der Lernen ermöglicht wird.
Nun kommen wir zum zweiten Denkfehler:
Ob Lern- oder Fehlerkultur – es gibt diese nur als Gesamtpaket
Lernen erfordert von Menschen ein grosses Mass an Offenheit. Denn der Gedanke, zu scheitern, ist oftmals mit dem Gefühl „falsch“ zu sein verbunden. Und so ist es für viele Menschen normal, im Falle eines Irrtums • andere Menschen die Schuld dafür zu geben, • die Umstände als Rechtfertigung zu nutzen, • in sich die Schuld zu suchen (Selbstzweifel), • sich verpflichtet fühlen, weiter zu machen, • ganz aufzugeben, da der Glaube daran fehlt, dass sich etwas ändert. Im Zustand der Selbstverantwortung reflektiere ich, sehe ich Möglichkeiten und bin überzeugt, neue Lösungen zu finden.
Das nachstehende Modell kann dabei helfen, genau dies besprechbar zu machen.
Von daher ist der innere Zustand der Selbstverantwortung auch die Grundlage für eine wirksame Lernkultur.
In dem Video „WegeV kurz erklärt“ geben wir wir in den ersten Minuten noch mehr Kontext zum WegeV Modell .
Fehler- oder Lernkultur – wie lebt ihr dies?
Wie ist es bei euch in der Organisation. Unterscheidet ihr zwischen Fehler und Irrtum? Seht ihr das als notwendig an? Ist Lernen ein wichtiger Bestandteil eurer Arbeit?
⬇️ Lasst mir eure Meinung dazu in den Kommentaren da. ⬇️
Herzliche Grüsse
Ralf