Was Du als Führungskraft vom Angeln lernen kannst
Anglerinnen und Angler – bitte hier nicht weiterlesen. Denn ich habe keine Ahnung vom Angeln, das werdet Ihr schnell merken. Aber: Vor Kurzem hatte ich einen Seminarteilnehmer, der Angler ist – und gleichzeitig Führungskraft. Und er hat mir mit ein paar sehr guten Hinweisen klargemacht, wie und wie viel Führungskräfte vom Angeln lernen können.
Ziele braucht der Mensch
First, you need to choose a goal. Whether you set your mind to finding romance or doing a handstand, and whether you’re an expert or a novice, you start by marking a destination.Ayelet Fishbach
Angela Merkel, schreibt der „Genuss-Angler“ und Politik-Journalist Christoph Schwennicke, wollte einst Boot fahren auf einem See in ihrer Heimat. Das ging aber nur für Mitglieder des örtlichen Angelvereins. Also trat sie dem Verein bei, veranstaltete Fischerfeste, briet Aale, ließ sich sogar für den Vorstand rekrutieren – alles nur, damit sie Boot fahren könnte (wenn das mal kein Anglerlatein ist…)
Eichhörnchen verstecken ihre Nüsse für den Winter. Bären suchen sich ihre Höhle für den langen Schlaf. Aber das machen sie aus Instinkt.
5 Kilo weniger, 15 Prozent mehr, 150 neue Kunden: Solche und ähnliche Ziele verfolgen nur wir Menschen. Ziele organisieren unser Denken, ziehen uns in die Zukunft.
Was aber sind gute Ziele?
„S.m.a.r.t“ kennt sicher jedeR hier. In Anlehnung an Daniela Blickhan* empfehle ich die P.O.S.S.I.T.I.V.-Liste zur Aufstellung und Verfolgung von Zielen. Attraktive Ziele sind demnach:
positiv gefasst, also prägnant und als Annäherungsziel formuliert
o(e)kologisch im Kontext, passend zu dem, was Finanzbuchhaltung, Vertriebsinnendienst, Logistik oder wer auch immer in der eigenen organisationalen Umgebung zu diesen Zielen zu sagen und beizutragen hat
sinnlich erlebbar (in der Vorstellung)
stärkenfokussiert
individuell, also im Einflussbereich der betroffenen Person
test-, terminier- und überprüfbar
interessant und bedeutsam
visionär im Sinne eines größeren, tieferen Zieles, auf das dieses Ziel einzahlt
Tiefkühlfisch und Scheitern normalisieren
Leitest Du ein wissenschaftliches Forschungslabor? Dann gehen vermutlich ganz, ganz, ganz viele Eurer Versuche schief.
Wer ein Team von Call-Center-MitarbeiterInnen führt, die Spenden einwerben sollen, weiß: Die meisten Anrufe führen zu nichts.
Und auch die Pünktlichkeitsmanager bei der kaputtgesparten Deutschen Bahn – wenn die überhaupt so heißen – werden Verspätung als eher die Regel denn die Ausnahme betrachten müssen...Ich habe viel mit Ärzten zu tun, beruflich und in der Freizeit (zum Glück meist nicht aus gesundheitlichen Gründen…) Führungskräfte sollten am besten das NICHT machen, was in der (klinik)ärztlichen Praxis offenbar so gängig ist, dass es sogar eine eigene Abkürzung hat – ABC, nämlich:
Anklagen (accuse)
Beschuldigen (blame)
Kritisieren (criticize)
Von Fischern können sie lernen, wie schwierig und selten es das Gelingen in manchen Lebensbereichen hat:
„Wir Fischer scheitern meistens, und wir scheitern gern. Im Fischen findet das Scheitern seinen höchsten Ausdruck. Denn nur wenn wir neunmal gescheitert sind, können wir einmal auch ein überglücklicher Mensch sein“, schreibt Schwennicke – der aber laut Selbstauskunft auch schon einmal einen Karpfen mit 28 Pfund aus „seinem“ Baggersee im Illertal gezogen hat sowie einen Dorsch mit ebenfalls 28 Pfund aus einem norwegischen Fjord.
Ist also nicht schlimm, wenn Du/Dein Mitarbeiter/Dein Team wieder mal mit Tiefkühlfisch aus dem Supermarkt vom Angeltrip heimkomm(s)t. Bloß nicht aufgeben auf dem Weg zum Ziel – und das mit Zwischenetappen pflastern!
Kleinstforellen und andere Teilerfolge feiern
Schweinnicke schreibt darüber, wie er beim permamenten Versuch, seiner Frau die Fischerei schmackhaft zu machen, einst einen Teilerfolg in Norwegen erzielte: „Ich ermunterte sie … erfolgreich, an einer Stromschnelle einmal selbst den Spinner auszuwerfen und langsam wieder einzuziehen. Was soll ich sagen? Beim zweiten oder dritten Wurf schon hing eine Bachforelle an ihrer Angel, die sie jedoch nicht etwa elektrisierte, sondern für außerordentlich klein befand und am liebsten wieder zurückgeschmissen hätte.“
Nichts motiviert mehr zu Erfolg als… Erfolg!
Motivationsstudien von Ayelet Fishbach zeigen: Wir sind von der Startlinie weg motiviert – weil wir schnell Fortschritte machen. Und kurz vor Ende sind wir auch motiviert – weil wir ja dann schon die Ziellinie sehen. Das Problem ist das „middle problem“, so Fishbach. Weshalb Du als Führungskraft die Mitte in viele kleine Ziellinien unterteilen solltest – und jeden Fortschritt als Etappensieg feiern und erlebbar machen solltest.
Schau also nicht bloß auf die ToDos, die noch ausstehen – sondern feiere auch die bereits geschafften TaDaaas (Jan Köster und Florian Meyer haben mich dazu vor einiger für eine Folge in ihrem megaguten Podcast eingeladen. Danke!)
Du willst als ChefIn Fortschritt, Zwischenerfolge und Weiterkommen spürbarer werden lassen, für Dich selbst und Deine MitarbeiterInnen? Dann freue Dich auf meinen nächsten Positive Leadership-Workshop nahe München am 28. und 29. November, wo wir das PERMA-Lead-Modell positiven Führens durcharbeiten – aktuell noch zum Super-Early-Bird-Tarif: https://positiv-fuehren.com/seminar-positive-leadership/
Hakengrößen und Hintergrundperformer…
Die VertrieblerInnen neulich für ihre super Auftragsakquise gelobt? Bravo!
Aber schon mal bei der IT angerufen, um dafür Danke zu sagen, dass die Mails wieder angekommen sind, die Internetverbindung stabil gehalten werden konnte etc.? Eben!
Ohne die IT aber kein Vertrieb.
Und ohne den korrekten Köder, die perfekte Fleischmade, die korrekte Schnurlänge kein Hecht am Haken (wenn ich das mit dem Angeln richtig verstehe…)
Wie also lobst, wertschätzt, anerkennst, feierst Du auch mal die Hidden Heroines, die Schattenperformer, die klaglosen Hintergrundleister, die erst möglich gemacht haben, dass die auf dem Sonnendeck einen richtig dicken Fisch an die Angel bekommen haben (um im Bild zu bleiben)?
Fortschritt filigran filetieren
Was? Du hast GESTERN einen Hecht gefangen? Bei DEM Wind? An DER Stelle im Fluss? Mit DEM Köder? Um DIE Zeit? So gehen Angler angeblich miteinander um, hat mir kürzlich eine fischende Führungskraft erzählt (wenn das mal kein Fischermärchen ist…)
Wenn Du meinen Newsletter (ca. 4*/Montag) nicht verpassen und samt Quellenangaben (auch) in Deine Mailbox bekommen möchtest (am besten auch den SPAM-Ordner checken):
positiv-fuehren.com/newsletter
Wir sind häufig gut darin, Misserfolg und Scheitern akribisch zu, äh: filetieren:
Wer ist schuld dran?
Woran hat’s gelegen?
Was können wir nächstes Mal besser machen?
Alles nicht verkehrt, um Fehler zu vermeiden. Aber:
Wie wäre es mal ergänzend mit genauso gründlicher, systematischer Analyse von Erfolg, Weiterkommen, Fortschritt? Etwa mit Fragen wie den folgenden:
Wie haben wir es geschafft, Projekt X oder Initiative Y oder Bestellung Z erfolgreich abzuwickeln?
Welche Stärken haben wir dabei genützt?
Was war diesmal besser/anders als sonst – oder sonstwie positiv abweichend?
Wie können wir den Erfolg verstetigen/replizieren – damit er keine Eintagsfliege bleibt?
Und wie wollen wir den Erfolg feiern und in Erinnerung behalten?
Viel Gaudi und Gelingen dabei – ob mit oder ohne Köder!
P.S.: Du machst, Ihr macht, Sie machen das gut!