Was Sie für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung beachten sollten
Viele Arbeitnehmer scheuen die Gehaltsverhandlung. Personaler großer Unternehmen erklären, welche Fehler Bewerber unbedingt vermeiden sollten, wenn sie nach mehr Geld fragen.
Berlin. Gehaltsverhandlungen sind vielen Menschen unangenehm, gehören aber zum Berufsleben dazu. Ob intern oder bei einem Wechsel: Wer viel verdienen will, muss meist gut verhandeln. Einen Königsweg, der zum Erfolg führt, gibt es dabei nicht. „Entscheidend für den Erfolg im Gehaltsgespräch ist es, sich auf das jeweilige Gegenüber einzustellen“, sagt die Verhandlungsexpertin Claudia Kimich.
Bewerberinnen und Mitarbeiter sollten einige Punkte beachten, wenn es an den Verhandlungstisch geht. Denn Gehaltsgespräche sind immer eine Gratwanderung: Bewerberinnen und Mitarbeiter sollten selbstbewusst auftreten, sonst verändert sich das Gehalt kaum. Wer aber zu forsch oder fordernd wirkt, verärgert im schlimmsten Fall sein Gegenüber.
Was also geht gar nicht in der Gehaltsverhandlung? Das Handelsblatt hat Recruiterinnen und Recruiter großer Arbeitgebermarken befragt, unter anderem bei SAP, Volkswagen und L’Oréal. Welche sechs Fehler Sie vermeiden sollten, lesen Sie hier.
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1. Fehler bei der Gehaltsverhandlung: Später mehr fordern
Der Bewerber hat die Jobzusage bekommen, mit dem neuen Arbeitgeber hat er sich auf ein Gehalt geeinigt. Wenn er nun merkt, dass er zu tief gestapelt hat, sollte er dennoch nicht sofort nachjustieren. Ein anderer Fall: Hat eine Bewerberin bereits zu Beginn des Interviewprozesses einen Gehaltswunsch genannt, sollte sie später nicht mehr fordern.
„Beides empfinden Personaler schnell als unangemessen“, sagt Pietro Ferro, Recruitingleiter beim Onlinehändler Otto. Auch weil es häufig feste Budgets für eine Stelle gebe. Ferro ergänzt: „Pokert jemand zunächst niedrig und erhöht dann nach Zusage deutlich, torpediert das womöglich den gesamten Bewerbungsprozess.“
Personaler des Softwareentwicklers SAP sehen das ähnlich. „Bei Gehaltsgesprächen handelt es sich um Verhandlungen zweier Vertragspartner auf Augenhöhe“, sagt Cawa Younosi, Personalchef bei SAP. Dementsprechend gälten die üblichen Gepflogenheiten. Das bedeute unter anderem, keine „Salamitaktik“ anzuwenden – also in jeder Interviewrunde eine andere, meist höhere Forderung zu stellen, so Younosi.
2. Fehler: Abmachungen nicht einhalten
Unabhängig vom Gehalt sollten grundsätzlich keine Forderungen auftauchen, die nicht zuvor besprochen wurden, mahnt Otto-Recruitingleiter Ferro. Hat ein Jobkandidat im Bewerbungsprozess beispielsweise zugestimmt, einen Tag pro Woche im Büro zu arbeiten, fordert dann aber nachträglich eine 100-Prozent-Remote-Anstellung, komme das nicht gut an.
Gleiches gelte, wenn jemand erst ganz am Ende eine Nebenbeschäftigung meldet, die in Konkurrenz mit dem Geschäftsmodell des neuen Arbeitgebers steht.
3. Fehler: Unrealistische Forderungen bei der Gehaltsverhandlung stellen
Gehaltsvorstellungen sollten realistisch formuliert sein, sagt eine Sprecherin der Fluggesellschaft Lufthansa. Kandidaten sollten ihren eigenen Marktwert kennen, bevor es in die Verhandlung geht. Informationen zu Gehältern finden Bewerber und Mitarbeiterinnen bei Unternehmen wie Lufthansa oder Siemens etwa in den Tarifvereinbarungen. Gibt es keine Tarifverträge, bieten Portale wie Indeed oder Stepstone gewisse Vergleichswerte.
„Gute Kandidaten kennen den Markt und ihre Perspektiven“, sagt auch Tina Hasper-Vandrey, Recruitingleiterin bei Volkswagen. Das heißt, sie wissen, in welchem Spielraum sie sich bei ihren Forderungen bewegen können. „Daher empfehlen wir ein selbstbewusstes Auftreten, aber angepasst an die eigene Ausbildung und Berufserfahrung.“
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4. Fehler: Sich auf das Geld fokussieren
Gerrit Daniels, Personalchef des Kosmetikherstellers L’Oréal Luxe Division, rät zudem, das Gehaltsgespräch nicht nur auf die monetäre Vergütung zu reduzieren – „also einfach nur nach mehr Geld zu fragen, ohne eine starke, logische Begründung inhaltlicher Art mitzubringen“. Sein Tipp: Holen Sie im Gehaltsgespräch immer auch Feedback ein und besprechen Sie, wie die weitere Entwicklung der Karriere aussehen kann.
5. Fehler: Auf persönlicher Ebene zum Thema Gehalt argumentieren
Das wichtigste Argument bei einer Gehaltsverhandlung ist die eigene Leistung. Mit anderen Begründungen sollten Sie dagegen vorsichtig sein. Tabu ist laut Gerrit Daniels zum Beispiel, private Umstände wie „Ich baue gerade ein Haus“ als Argument für mehr Gehalt zu präsentieren. „Eine Erhöhung hat mit der Leistung und der Komplexität der Aufgabe zu tun, nicht mit privaten Anschaffungen“, so Daniels.
Dass sich Mitarbeiter bei Gehaltsverhandlung auf den Mehrwert, den sie dem Unternehmen bringen und nicht auf Privates wie familiäre Umstände fokussieren sollten, sagt auch ein Sprecher des Pharmakonzerns Beiersdorf. Wer sich neu bei dem Dax-Unternehmen bewirbt, sollte zudem nicht damit argumentieren, was er beim aktuellen Arbeitgeber verdiene. „Das ist Vergangenheit, bei uns geht es um die zukünftige Karriere in unserem Unternehmen“, heißt es aus dem Unternehmen.
6. Fehler bei der Gehaltsverhandlung: Drohen oder emotional werden
„Wenn ich nicht diese Gehaltserhöhung erhalte, werde ich kündigen.“ So eine Drohung ist laut L’Oréal-Personaler Daniels immer der schlechteste Weg. Besser: inhaltlich argumentieren. Zum Beispiel mit der außergewöhnlich starken Leistung bei einem erfolgreichen Projekt.
Volkswagen-Personalerin Tina Hasper-Vandrey empfiehlt ebenfalls, immer sachlich und verbindlich zu bleiben. Druck aufzubauen, überkochende Emotionen oder ähnliche Reaktionen seien fehl am Platz und erzeugen einen negativen Eindruck.
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