Was verdienen die Piloten bei Lufthansa und Eurowings?
Ein Vergleich zeigt, wie weit das Piloten-Gehalt bei Lufthansa und Eurowings auseinanderliegt. Lufthansa-Piloten genießen neben höheren Gehältern auch mehr Privilegien.
Düsseldorf, Frankfurt. Kehrt Ruhe bei der Lufthansa ein? Die Piloten der Lufthansa haben ihren zweitägigen Streik ab Mittwoch abgesagt. Ein nachgebessertes Angebot des Luftfahrtkonzerns wurde am Dienstagmorgen wie von der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) gefordert vorgelegt und ermöglichte eine Einigung. Erst am Freitag hatten die Flugkapitäne den kompletten Betrieb der Lufthansa-Kerngesellschaft lahmgelegt.
Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) forderte unter anderem 5,5 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und einen pauschalen Inflationsausgleich in Höhe von 8,2 Prozent.
Vor allem aber ist der VC die Strategie des Managements ein Dorn im Auge, immer mehr Verkehr von der Kernmarke auf Airlines wie Eurowings zu verlagern. Dort seien die Personalkosten im Cockpit deutlich niedriger, wird argumentiert. Doch wie sieht die Realität aus?
Das Handelsblatt erklärt, worüber genau gestritten wird – und wie unterschiedlich Piloten beim Mutterkonzern Lufthansa und der Tochtergesellschaft Eurowings verdienen.
Der Gehaltsvergleich zeigt fundamentale Unterschiede: Piloten, die für die klassische Kernmarke Lufthansa fliegen und im Konzern zu den Spitzenverdienern zählen, steigen nach Angaben des Unternehmens als First Officer mit 69.000 Euro im Jahr ein. Als Kapitän in der höchsten Senioritätsstufe können bis zu 275.000 Euro drin sein. Dazu kommt eine Gewinnbeteiligung, sofern die Airline profitabel ist. 2019 konnte ein Pilot so sogar 287.000 Euro erreichen.
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Zum Vergleich: Eurowings-Piloten starten nach Angaben eines Sprechers der Lufthansa-Tochter als First Officer mit 59.000 Euro, immerhin 10.000 Euro weniger. Auf höheren Karrierestufen wächst der Gehaltsunterschied zu den Kapitänen der Kranich-Airline immer weiter.
Piloten-Gehalt bei Lufthansa und Eurowings: Bis zu 100.000 Euro weniger im Jahr
Ein Kapitän kann bei Eurowings maximal 167.275 Euro erreichen – und damit rund 100.000 Euro weniger als beim Mutterkonzern. Vereinzelt können aber auch Eurowings-Piloten mehr als 167.000 Euro verdienen, etwa durch Geld für Mehrflugstunden oder Zulagen etwa für Ausbilder.
Generell hängen Pilotengehälter von mehreren Faktoren ab. Da ist einmal das Flugzeug, das sie fliegen, aber auch die Zahl der Berufsjahre – die sogenannte Seniorität. Auch die Zahl der monatlich geflogenen Blockstunden spielt manchmal eine Rolle. Damit ist die Zeit zwischen dem Entfernen des Bremsschuhs vor dem Losrollen am Startflughafen und dem Anlegen dieses Schuhs am Ziel gemeint.
Ein Faktor erschwert den Gehaltsvergleich zwischen Lufthansa und Eurowings: Bei der Konzernmutter sind in der genannten Bandbreite auch Langstreckenpiloten enthalten, die in der Regel besser verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Kurzstrecke. Eurowings fliegt hingegen nur Kurz- und Mittelstrecke.
Daten des Portals Pilotjobnetworks zeigen jedoch, dass selbst auf vergleichbarem Fluggerät die Gehälter auseinanderliegen. Danach stehen den bis zu 167.000 Euro, die ein Kapitän bei Eurowings auf einem Airbus 320 verdienen kann, 200.000 bis sogar 260.000 Euro gegenüber, die ein A320-Flugzeugführer bei der Lufthansa bekommt – je nachdem, wie viele Blockstunden er fliegt. Die Differenz bleibt also hoch.
Noch immer viele Sonderrechte für Lufthansa-Piloten
„Es gibt bei den Piloten der Lufthansa-Gruppe eine Zweiklassengesellschaft“, sagt Gerald Wissel vom Luftfahrtberatungsunternehmen Airborne Consulting in Hamburg. Das beginne beim Geld und ende bei Extrazusagen.
Hier hätten die Piloten des Konzerntarifvertrags – also der Kernmarke Lufthansa – immer noch einige Privilegien. So kritisiert Wissel, dass im Konzerntarifvertrag sogar die Flottenstruktur festgelegt wird. „Das geht aus meiner Sicht bei einem Tarifvertrag zu weit.“
Zum Verständnis: Bislang haben die Piloten des Konzerntarifvertrags, also der Lufthansa, mit dem Management eine Mindestflottengröße festgelegt. Das ist ein wichtiges Privileg, weil Co-Piloten auf ihrem Weg zum Kapitän viel fliegen können, eine sichere Karriereplanung haben und auch Gehaltssprünge einkalkulieren können.
Mittlerweile ist dieser Punkt jedoch dem Lufthansa-Management ein Dorn im Auge. Deshalb hatte die Konzernführung Ende vergangenen Jahres die sogenannte Perspektivvereinbarung (PPV) gekündigt. Sie hatte eine Mindestflotte von 325 Jets garantiert.
Auch sind der Lufthansa-Spitze die Gehälter auf der Kurzstrecke zu hoch. Deshalb sollen diese Flüge von der Kernmarke auf eine neue Airline übergehen, die intern Cityline 2.0 genannt wird.
Luftfahrtexperte über Lufthansa-Piloten: „Raus aus dem Tarif-Wirrwarr“
Experten wie Wissel räumen durchaus ein, dass die Piloten der Kernmarke seit einigen Jahren ihrerseits auf Privilegien verzichten mussten. „Die Einstiegsgehälter von Piloten bei Lufthansa sind heute niedriger als noch vor zehn Jahren. Auch wurden einige Privilegien gestrichen oder eingeschränkt, etwa das vergünstigte private Fliegen.“
Hinzu käme zum einen, dass es immer schwieriger für die Piloten werde, auf ihren Einsatzplan Einfluss zu nehmen, das sogenannte Requesten. „Zum anderen kommen immer mehr administrative Aufgaben neben dem eigentlichen Fliegen hinzu, sodass daher auch ein Teil des aktuellen Frustes kommt“, so Wissel.
Dennoch hätten die Piloten der Kernmarke noch viele Sonderrechte, die immer wieder für Neid innerhalb der Gruppe sorgten. Für Wissel steht daher fest: „Lufthansa muss aus diesem Tarif-Wirrwarr raus.“
Niemandem solle etwas weggenommen werden, aber mittelfristig brauche das Unternehmen attraktive, verständliche und transparente Tarifregelungen. „Wir werden in Zukunft einen engen Arbeitsmarkt haben. Da ist Chancengleichheit für die Neuen umso wichtiger.“
Nach Aussage des Lufthansa-Personalchefs ist das Management mittlerweile auf die Forderung von VC nach 5,5 Prozent mehr Lohn eingegangen, verbunden mit der Bereitschaft, die unteren Gehaltsgruppen stärker anzuheben. „Die Situation im Cockpit ist aber komplexer. Es geht nicht nur um reine Vergütungsentwicklung“, sagte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann: „Viele Details sind offen, wir stehen in diesen Verhandlungen noch ganz am Anfang.“
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