Wasserstoff als langfristige Zukunftsinvestition – und jetzt?
Vor allem in Branchen wie der Chemie-, Stahl- und Zementindustrie, die enorme Mengen an CO2 emittieren, wird derzeit nach alternativen Energiequellen gesucht. Ein wichtiger erster Schritt ist die Erstellung eines CO2 e-Fußabdrucks oder einer Treibhausgasbilanz, die nicht nur CO2, sondern auch andere klimaschädliche Gase (z.B. Methan und Lachgas) berücksichtigt. Durch den Umstieg auf erneuerbare Energien kann der CO2 e-Fußabdruck von Unternehmen deutlich reduziert werden. Allerdings reicht das oft nicht aus - hier liegt das Potenzial von Wasserstoff: Die Einführung von Wasserstofftechnologien kann ein nachhaltiger Baustein in der Gesamtstrategie zur Reduktion von Treibhausgasemissionen sein. Um wirklich klimaneutral zu sein, muss Wasserstoff mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energiequellen durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden – das ist derzeit allerdings noch teuer. Auch lässt er sich nicht fördern wie Erdgas. Zudem haben wir in Deutschland erst 20 Prozent erneuerbare Energien (es sollte also auch auf andere Technologien neben Wasserstoff gesetzt werden, um klimaneutral zu werden). Die benötigte regenerative Strommenge und der Flächenbedarf zur Erzeugung muss in den Erneuerbaren-Ausbauzielen berücksichtigt werden (Importbedarf). Auch ist sicherzustellen, dass der Strom für die Wasserstoffproduktion tatsächlich 100 Prozent erneuerbar ist. Hierfür braucht es klare, strenge sowie transparente Nachhaltigkeitskriterien und Herkunftsnachweise. Wie Wasserstoff künftig genutzt werden kann, hängt zudem stark von den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab wie Förderungen und Investitionen sowie der Etablierung von klaren Standards und Zertifizierungen.
Zunächst sollten mehr Investitionen in den Einsatz der bereits verfügbaren und kommerzialisierten Technologien fließen, um die Industrie nachhaltiger zu gestalten. Parallel sollte für einen langfristigen Energiewandel die Entwicklung neuer Technologien und eine effiziente Kreislaufwirtschaft vorangetrieben werden. Derzeit basiert unser Wirtschafssystem nämlich auf einem linearen Modell: Rohstoffe werden gewonnen, verarbeitet, verbraucht und entsorgt. In einer Kreislaufwirtschaft werden Materialien und Produkte so lange wie möglich im System gehalten und Abfälle minimiert. Echte Kreislaufwirtschaft betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Produktes, der bereits beim Design beginnt. Viele Unternehmen konzentrieren sich bislang noch auf traditionelle Ressourcenschonungsmaßnahmen wie Energie- und Prozessoptimierung. Dabei ist erwiesen, dass Unternehmen mit ganzheitlichen Kreislaufstrategien erfolgreicher sind als andere.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) - die Einrichtung der Europäischen Union für langfristige Finanzierungen, die zu den Kernzielen der EU beitragen - und die Europäische Kommission haben beim World Circular Economy Forum 2024 den Ausbau des Circular City Centre (C3) angekündigt. Das C3 ist ein Kompetenz- und Ressourcenzentrum, das Städte beim Übergang zur Kreislaufwirtschaft begleitet mit dem Ziel, Produkte und Rohstoffe so lange wie möglich zu verwenden, um möglichst wenig Abfall zu produzieren. Nach einer 15-monatigen Pilotphase weitet das C3 seine Arbeit jetzt aus (Fortsetzung bis mindestens bis 2027). Finanziert wird es dem Mandat der InvestEU-Beratungsplattform. Die Leistungen werden von einem interdisziplinären Team aus EIB-internen und externen Spezialistinnen und Experten gebracht, die Leitfäden und andere Hilfsmittel erstellen sowie bilaterale Beratung und technische Hilfe anbieten. Städte und öffentliche Einrichtungen, die an städtischen Projekten arbeiten, erhalten die Beratung von C3 kostenlos.
Das vergrößerte C3 konzentriert sich auf vier Bereiche:
Sensibilisierung und Mobilisierung für den Auf- und Ausbau der Kreislaufwirtschaft, mit Leitfäden und anderen Materialien, Tools und Know-how
Events zum Thema und Kommunikation über die Kreislaufwirtschaft
Beratungsprogramme für Kreislaufstrategien und die Identifikation und Vorbereitung von Projekten
Maßgeschneiderte Beratung bei der Entwicklung der Projekte.
Saving Energy in Zeiten der Energiewende: Wie die Potenziale nachhaltig ausgeschöpft werden können
CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2019.
Sven Schreiber: Hoffnungsträger grüner Wasserstoff – technologische Herausforderungen gemeinsam meistern. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023, S. 173-179.