Trotz Reparaturkosten fällt die Rechnung meist für das Altgerät aus | © Getty Images
Premium

Weg mit der alten Maschine? Besser nicht!

Ob der Austausch eines alten Haushaltsgeräts lohnt? Das Umweltbundesamt hat das untersuchen lassen, der Trend: Ein sparsameres Gerät rentiert sich ökologisch und finanziell in der Regel nicht. Daran ändern sogar nötige Reparaturen nichts – umso weniger, wenn das Recht auf Reparatur endlich umgesetzt wird.

Die 115 Seiten dieser Studie sind ein reines Vergnügen für Sparfüchse und Budget-Tüftler mit einem Abo der „Stiftung Warentest“: Systematisch und nachvollziehbar rechnet darin das Freiburger Öko-Institut (im Auftrag des Umweltbundesamts/UBA) vor, ob und (wenn ja) unter welchen Bedingungen sich die Neuanschaffung eines elektrischen Haushaltsgeräts lohnt. Kühl- und Gefrierschränke, Geschirrspüler, Wäschetrockner, Staubsauger: Für jede Kategorie fließen Preise, laufende Kosten, Reparaturen und Klimaauswirkungen ein.

Geräte werden sparsamer – aber nicht sparsam genug

Das Ergebnis, grob gesagt: Der Tausch lohnt in aller Regel nicht. Das ist auf der einen Seite überraschend. Jede Generation der Geräte ist sparsamer im Verbrauch, die vorgeschriebenen Energielabel auf jeder Maschine werden immer grüner. Das Tempo allerdings hat sich deutlich verlangsamt, die technischen Möglichkeiten etwa bei der Kühlung scheinen ausgereizt.

Andererseits sind Neuanschaffungen teuer, gerade die besonders effizienten Geräte. Und in die ökologische Bilanz fließt der beträchtliche Energieeinsatz für Herstellung und Transport ein. Die Berechnungen sind säuberlich getrennt: Grafiken zeigen, wann sich aus ökologischer und ökonomischer Sicht ein Austausch „rentiert“ hat, also die kumulierten Kosten (für die Umwelt beziehungsweise die Geldbörse) durch die Stromersparnis das Altgerät überholt haben. Das geschieht unter den meisten Bedingungen jenseits der zehn bis zwölf Jahre, die als durchschnittliche Lebensdauer gelten.

Beispiel Kühl-Gefrier-Kombination

Das Ergebnis für Kühl-Gefrier-Kombinationen etwa kann exemplarisch auch für die anderen Klassen stehen: Der Tausch lohnt sich allenfalls bei Geräten, die mehr als 340 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr verbrauchen – das gilt für die Klimarechnung. Finanziell müssten es schon 560 kWh sein, was nur sehr betagte Stromfresser betreffen sollte. Vorsichtshalber empfiehlt die Studie, Strommesser einzusetzen, was generell eine gute Idee ist, um die auf dem Datenblatt versprochene Effizienz eines Geräts mit der Realität zu vergleichen.

Vergleich Kühlschränke – alt vs. neu

Kumuliertes GWP („Global Warming Potential“) des Bestandsgeräts mit einem jährlichen Stromverbrauch von 236 kWh ohne Reparaturen vs Neugerät. Ab 2034 wäre der Neue hier günstiger, in der finanziellen Kalkulation erst wesentlich später. | Quelle: Öko-Institut 2024

Staubsauger auf voller Power?

Während Kühlschränke permanent laufen, kommt bei anderen Geräten die Intensität der Nutzung ins Spiel. Je öfter in Gebrauch, desto eher verschiebt sich der Vorteil zugunsten eines stromsparenden Neugeräts. Wie man an den Staubsaugern sieht, fällt das praktisch aber kaum ins Gewicht. Die sollen laut Studie getauscht werden, wenn sie ständig mit der vollen Leistung von 1200 Watt oder mehr betrieben werden. Nutzer, die durchgehend mit furiosen 1200 Watt durch die Wohnung röhren, dürften jedoch selten sein. Neuere Geräte haben, wegen einer EU-Vorschrift, maximal 800 Watt Spitzenleistung – bei (wie die Prüfer der Stiftung Warentest mehrfach feststellten) nicht schlechterer Saugleistung.

Handwerker und Ersatzteile

Zum Thema allfälliger Reparaturen beklagt die Studie einen Mangel an Daten, man hat sich aber bemüht, die häufigsten Ursachen zu ermitteln und einzukalkulieren. Bei Kühlschränken sind Türdichtungen dabei (Kompressoren so gut wie nie), bei Geschirrspülern Pumpen und Steuerungselektronik, bei Staubsaugern das Kabel. Bei allen Schäden sind die Rechnungen durch die Anfahrt des Handwerkers in der Regel dreistellig, was – wie gesagt – an der Gesamtkalkulation zugunsten des Altgeräts wenig ändert.

Zu den schönen Seiten des Internets gehört, dass Anleitungen für nahezu jedes Gerät und jede Reparatur zu finden sind. Wer die Zeit übrig hat, kann sich an leichten bis mittelschweren Reparaturen durchaus versuchen, bei der Laugenpumpe der Waschmaschine oder der elektronischen Steuerung des Geschirrspülers wird für die meisten Schluss sein. Voraussetzung ist natürlich, dass die Ersatzteile überhaupt erhältlich sind.

Recht auf Reparatur

Leichter könnte es werden, wenn die EU-Verordnung zum „Recht auf Reparatur“ endlich umgesetzt wird, das deutsche Gesetz dazu muss bis 2026 fertig sein. Die 2024 von der EU beschlossene Rechtsvorschrift wird meist in Bezug auf Smartphones diskutiert. Völlig zu Recht, denn dort gibt es – zur Freude der Hersteller – mit 2,5 Jahren eine grotesk kurze Durchschnittsdauer der Nutzung. Verklebte Displays, verkapselte Teile und Spezialschrauben erschweren den Zugriff.

Doch die Verordnung könnte auch bei den „weißen“ Geräten einiges bewirken, weniger bei der Bauweise als bei der Verfügbarkeit und Bepreisung von Ersatzteilen. Solche lange bereitzustellen – laut EU zehn Jahre –, ist für die kleine Gruppe von Massenherstellern natürlich ein erheblicher Kostenfaktor. Ob das die schockierenden Preise für schlichte Teile wie gläserne Kühlschrankfächer rechtfertigt, werden Bosch, Miele und Co. bald neu bewerten müssen. Denn das Gesetz verlangt „angemessene“ Preise; was angemessen ist, wird noch zu klären sein.

Im Gespräch ist auch ein Reparaturbonus, den die Hersteller oder auch der Staat aus Steuermitteln leisten sollen. Wenn das umgesetzt würde, wäre das Ergebnis noch eindeutiger: Die Maschine bleibt bis an ihr technisches Ende.

Weg mit der alten Maschine? Besser nicht!

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Raimund Witkop schreibt über Politik & Gesellschaft

Lange Erfahrung als Journalist, gern im Sport unterwegs (WamS, FAZ), aber auch im Bereich Technik und Wissenschaft. Energie und Umwelt sind, vor dem Hintergrund des Klimawandels, die wichtigsten Themen unserer Zeit - deshalb sind sie seit Jahren mein Schwerpunkt.

Artikelsammlung ansehen