... weil die Klimakrise keine Pause macht: Wirksamer Klimaschutz und Unternehmensverantwortung
Der Klimawandel und seine Folgen sind hinreichend bekannt. Als wichtige Schwelle gilt dabei eine Erderwärmung um 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Ab diesem Niveau werden die Folgen noch verheerender sein als heute. Deshalb haben sich die Staaten bei der Weltklimakonferenz von Paris (COP21) im Jahr 2015 darauf geeinigt, diese Schwelle möglichst nicht zu überschreiten. Das Abkommen trat am 4. November 2016 in Kraft. Hauptziel ist es, den globalen Temperaturanstieg deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten und 1,5 Grad Celsius nicht zu überschreiten. Alle bislang national beschlossenen Maßnahmen reichen allerdings nicht aus, um die globale Erwärmung unterhalb der beschlossenen Grenzwerte zu halten. Der Klimadienst der Europäischen Kommission, der Copernicus Climate Change Service (C3S), hat seinen Report zu den jüngsten klimatischen Entwicklungen im Jahr 2024 veröffentlicht. Die aktuellen Daten bestätigen, dass 2024 weltweit das wärmste jemals gemessene Jahr war. Im Jahresmittel lagen die globalen Temperaturen sogar erstmals mehr als 1,5 Grad Celsius höher als zu vorindustriellen Zeiten (um 1,60 Grad). Diese Schwelle wurde vorher nur zeitweise überschritten - allerdings nicht für ein gesamtes Jahr. Auch die Luft und die Meeresoberfläche erreichten Rekordtemperaturen. Dass 2024 in klimatischer Hinsicht ein Rekordjahr war, bestätigen auch die Daten anderer Wetter- und Klimadienste, die ebenfalls in den aktuellen Copernicus-Bericht eingeflossen sind, darunter der Weltwetterorganisation (WMO), der NASA und anderer US-amerikanischer und britischer Organisationen.
Unter Klimaforschenden gilt eine Erwärmung von 1,5 Grad Celsius bereits als kritische Marke, ab der zunehmend extreme (und nicht mehr beherrschbare) Folgen des Klimawandels auftreten werden. Nur ein schnelles Zurückfahren der Treibhausgasemissionen kann dazu beitragen, die Klimafolgen einzudämmen. Auch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verfasst regelmäßig Berichte zum Klimawandel und untersucht Klimafolgen. Ins Leben gerufen wurde das IPCC im Jahr 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP und die Weltorganisation für Meteorologie WMO. Da an der Ausarbeitung der Berichte die kompetentesten Klimaforschenden weltweit beteiligt sind, genießen sie international einhohes Ansehen. "Die Prognosen der Klimaforscher sind verheerend. Gelingt es uns nicht, die Notbremse zu ziehen, werden die katastrophalen Folgen des Klimawandels unsere heutigen Vorstellungsgrenzen weit überschreiten", sagt Prof. Dr. Volker Quaschning, der seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen der regenerativen Energien im In- und Ausland arbeitet. Heute lehrt und forscht er im Fachgebiet "Regenerative Energiesysteme" an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, wo er auch als Ingenieurwissenschaftler und Professor seine Studierenden für das Thema Regenerative Energiesysteme begeistern möchte, denn:
Mit der 7. Auflage seines Standardwerks "Erneuerbare Energien undKlimaschutz" zeigt er am Beispiel Deutschlands, wie eine nachhaltige Energieversorgung aussehen kann und wie diese umzusetzen ist. Im Fokus steht die gesamte Bandbreite der Erneuerbaren Energien, die auch als regenerative Energien oder alternative Energien bezeichnet werden (andere erneuerbare Energieformen sind beispielsweise Windenergie, Biomasse, Erdwärme oder Sonnenenergie). Obwohl ihr Anteil derzeit noch vergleichsweise gering ist und der Verbrauch fossiler Energieträger trotz aller Klimaschutzbekenntnisse weiter steigt, "ist das 21. Jahrhundert bereits auf dem Weg, dasJahrhundert der erneuerbaren Energien zu werden", so Quaschning. Verwiesen wird im Buch auch auf die Zusammenhänge von Energieverbrauch und Klimaerwärmung, die bereits seit vielen Jahrzehnten bekannt sind: Schon Ende der 1980er-Jahre erklärte die damalige deutsche Bundesregierung Klimaschutz zum Regierungsziel.
Schon damals forderten viele Experten den schnellen Umbau unserer Energieversorgung.Quaschnig verweist auch darauf, dass der Begriff Energiewende ursprünglich aus dem Jahr 1980 stammt und in einem Bericht des Freiburger Öko-Instituts mit dem Titel „Energie-Wende. Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran“ erschien. Seinen Durchbruch erlebte der Begriff allerdings erst mit dem Reaktorunfall in Fukushima 2011, nachdem die deutsche Bundesregierung eine kurz zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke wieder rückgängig machte und eine Kehrtwende in der Energiepolitik verkündete. Auch wenn die Energiewende eng mit dem Atomausstieg verknüpft ist - für Quaschnig ist sie wirklich erst beendet, "wenn wir eine klimaverträgliche Energieversorgung realisiert haben." Regenerative Energien müssen in weniger als 20 Jahren die herkömmlichen Energieträger vollständig ablösen, um die Folgen des Klimawandels in überschaubaren Grenzen zu halten.
Abhängigkeit von immer teurer werdenden und Krisenverursachenden Energieträgern wie Erdöl oder Uran
ein sofortiger signifikanter Rückgang der weltweiten Emissionen erscheint momentan wenigwahrscheinlich (die Industrieländer verursachen derzeit den größtenProKopf-Ausstoß an Treibhausgasen, Entwicklungs- und Schwellenländer habeneinen Nachholbedarf in Sachen Wohlstand und Energie)
Erdgas gilt zwar als der sauberste fossile Energieträger, doch bei der Verbrennung entstehen ebenfalls zu viele Treibhausgase, auch werden in der Statistik extrem klimaschädliche Methan-Emissionen nicht erfasst (Verschlechterung der Klimabilanz)
Klimaskeptiker versuchen, Zweifel an den Ergebnissen der Klimaforschenden zu streuen
globale Spannungen
extreme Veränderung der Klimaverhältnisse (Hitzewellen, Dürreperioden und Niederschläge nehmen stark zu
regenerative Energien wird nicht zugetraut, eine wirkliche Alternative zu bieten
immer schneller voranschreitenden Klimawandel
zögerliche Politik
begrenzte Potenziale der Wasser- und Windkraft, der Biomassenutzung, der Geothermie zur Stromerzeugung in Deutschland
Rekorde bei den Preisen für Erdöl oder Erdgasweit
verbreitete Vorurteile (z.B. dass die Industrie und Energiekonzerne die Hauptschuld an den Treibhausgasemissionen haben und sich daran nicht viel ändern lässt)
Fehlen des nötigen Wissens oder des entsprechenden Umweltbewusstseins.
Quaschnig zeigt, dass sich wirksamer Klimaschutz auch durch kleine Schritte im Alltag erreichen lässt (Vermeidung von Flugreisen, Reduktion oder Verzicht auf tierischeLebensmittel und vermehrte Verwendung von Bioprodukten und regionalen Produkten, Verzicht auf Geräte mitFCKW-haltigen Kühlmitteln, Kauf von langlebigen Geräten und Produkten, Wechsel zu einem unabhängigen grünenEnergieversorger, klimaneutrale Heizungen). Und Unternehmen?
Die Photovoltaik verfügt nach Ansicht des Klimaexperten über das mit Abstand größte Potenzial. Der schwäbische Druckluft- und Pneumatikspezialisten Mader mit Sitz in Leinfelden bei Stuttgart hat schon vor Jahren erkannt, dass der Aufbau von Eigenerzeugungsanlagen, vor allem Photovoltaik, in Bezug auf Klimaschutz sinnvoll und wirtschaftlich ist: 2016 wurde seitens der damaligen Geschäftsführung die Entscheidung für den Kauf eines Grundstücks mit Bestandsgebäude im Nachbarort Echterdingen getroffen. Die rund 5.000 Quadratmeter große Halle wurde anschließend nach energetischen Gesichtspunkten saniert und das Bürogebäude entkernt. Es folgte die Erweiterung des Bürogebäudes um einen Neubau und die Revitalisierung des Bestandsgebäudes. Die Photovoltaikfassade deckt heute 70 Prozent des eigenen Energiebedarfs.
Auch das Kerngeschäft des Unternehmens ist mit dem Thema eng verbunden. Druckluftist einer der am weitesten verbreiteten Energieträger in Industrie und Handwerk. Sie wird in fast jedem Produktionszweig verwendet. Zu ihren Vorteilen gehören: einfache Verwendung, hohe verfügbare Leistung, keine elektrischen Risiken sowie einfache Netzerweiterung. Doch die Erzeugung jeder nutzbaren Arbeitseinheit Druckluft ist mit dem Einsatz von 10 bis 20 Einheiten elektrischer Energie verbunden - und hohen Kosten. Zugleich ist das Einsparpotential sehr hoch. Nachhaltig ist es, in leistungsfähige und energieeffiziente Geräte zu investieren (enornes Einsparpotenzial): Bei einem Netzmit 7 bar führt eine Druckverminderung um 0,5 bar zu einem Energiegewinn von ca. 4 %. Führungskräfte und Mitarbeitende von Mader setzen sich seit Jahren, auch in zahlreichen Fachpublikationen, für die Sensibilisierung von Nutzern (Vermeidung von Anwendungen mit hohem Energieverbrauch, Bevorzugung energieeffizienter Geräte, ordnungsgemäße Wartung, Kampagnenzur Behebung von Lecks) und möglichen Optimierungen ein. Denn gesparte Energie (die nicht gedankenlosverschleudert werden muss) bedeutet auch finanzielle Einsparungen.
Druckluft ist ein wichtiges Beispiel, das im Kontext des Klimaschutzes und der Energieeffizienz häufig nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient. Damit ein wirksamer Klimaschutz gelingen kann, braucht es die richtigen Wegweiser, zu denen auch Standardwerke zur Klimaneutralität und das Buch von Volker Quaschnig gehören, der dafür plädiert, dass die Emissionen deutlich stärker und schneller sinken müssen als bisher, und dass die Industrieländer den größten Beitrag bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen erbringen sollten (Vorbildwirkung). Zudem braucht es bessere Anpassungen an die Klimafolgen und mehr Klimaschutz sowie eine verantwortungsvolle Klimaschutzpolitik in Deutschland und einen radikalen Technologiewandel.
Volker Quaschning: Erneuerbare Energien und Klimaschutz. Hintergründe,Techniken und Planung, Ökonomie und Ökologie. Carl Hanser VerlagMünchen, 7. aktualisierte Auflage 2024.
Die Website www.volker-quaschning.de bietet eines der größten und unabhängigen Informationsangebote zu regenerativen Energien und Klimaschutz sowie interessante Zusatzinformationen zum Buch.
Copernicus Climate Change Service, Bericht “2024Global Climate Highlights”
Ulrike Böhm, Stefanie Kästle, Julia Sulzberger: Ein Mittelständler auf dem Weg zur Klimaneutralität. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von UlrikeBöhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag,Heidelberg, Berlin 2023.
Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt undWerner Landhäußer. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2020.
Helen Landhäußer: Klimaneutralität durch Digitalisierung – von der Transformation analoger Technologien und GreenTech Unicorns. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte –Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, StefanieKästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH& Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance undHerausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.