Welche Art von psychologischem Test brauchen wir?
Mit den folgenden Hinweisen finden Sie den passenden Persönlichkeitstest für jeden Anwendungsfall.
Der Einsatz psychologischer Testverfahren und Analysen nimmt stetig zu. Die Verfahren werden für immer mehr Anwendungsfälle eingesetzt, unter anderem in der Personalauswahl, im Coaching, in der Führungskräfteentwicklung oder der Teamentwicklung. Dieser Trend ist aus psychologischer Perspektive grundsätzlich zu befürworten. Allerdings gilt es, für den praktischen Einsatz zwei Fehler zu vermeiden:
Den falschen Test für den richtigen Zweck einsetzen.
Den richtigen Test für den falschen Zweck einsetzen.
Wie Sie diese Fehler vermeiden, erfahren Sie im Folgenden. Starten wir mit der Auswahl der richtigen Testart für Ihren Anwendungsfall.
Welche Arten von psychologischen Tests gibt es?
Ganz grob lassen sich psychologische Testverfahren in zwei Kategorien einteilen: Persönlichkeitstests (besser Persönlichkeitsinventare) und Leistungstests. Möchten Sie bestimmte Kompetenzen oder Fähigkeiten bei Ihren Mitarbeiter:innen möglichst valide und objektiv erfassen, sollten Sie spezialisierte Leistungstests, zum Beispiel zur Konzentrationsfähigkeit oder Kreativität, nutzen. Am bekanntesten sind in dieser Kategorie Intelligenztests. Das hat damit zu tun, dass Intelligenz für praktisch jeden Job und fast jede Tätigkeit hilfreich ist. Allerdings ist die Akzeptanz dieser Art von Tests bei den Anwender:innen leider recht gering, weshalb sie in der Praxis eher selten eingesetzt werden.
Möchten Sie Ihre (jetzigen oder zukünftigen) Mitarbeiter:innen dagegen besser kennenlernen und diesen ermöglichen, die eigene Persönlichkeit besser zu verstehen beziehungsweise sich weiterzuentwickeln? Dann sind Persönlichkeitstests ein gutes Instrument für Sie. Es gibt Verfahren, die einzelne Persönlichkeitsmerkmale erfassen, etwa Motive (Motivtests) oder Interessen (in der Regel Berufsorientierungstests). Hier wird nicht die komplette Persönlichkeit erfasst, sondern Teilelemente davon. Wichtig bei der Auswahl eines Persönlichkeitstests ist neben der Qualität der Messung (Reliabilität) vor allem das Modell von Persönlichkeit, auf dem der Test beruht (Validität).
Hier ist für den Einsatz klar von sogenannten typenbasierten Verfahren abzuraten. Diese werfen als Ergebnis einen Persönlichkeitstyp aus (der Grüne, der Moderator, Typ A oder INFP). Damit wird Persönlichkeit unzulässig simplifiziert und stereotypes Denken in Ihrem Unternehmen etabliert beziehungsweise gestärkt. Das ist in der Regel das Gegenteil von dem, was Sie mit einem psychologischen Verfahren erreichen wollen.
Dimensionale Verfahren auf Basis der Big Five
Zu empfehlen sind dagegen sogenannte dimensionale Verfahren. Diese erfassen unterschiedliche Persönlichkeitsdimensionen und erzeugen im Ergebnis ein differenzierte Persönlichkeitsprofil statt eines Typs. Bei der Auswahl der Dimensionen ist klar zum Big Five oder OCEAN Modell zu raten, da dieses Modell sich in der Persönlichkeitspsychologie seit Jahren als dominierendes Modell durchgesetzt hat. Wenn Sie noch einen Schritt weiter gehen möchten, nutzen Sie ein Instrument, dass verschiedene Bausteine der Persönlichkeit erfasst (zum Beispiel Charaktereigenschaften im Sinne der Big Five, Motive und Kompetenzen), um Persönlichkeit ganzheitlich abzubilden.
Wofür sind Persönlichkeitstests nicht einsetzbar?
Auch wenn Sie all diese Hinweise beachten, sollten Sie trotzdem noch die zweite oben angesprochene Problematik im Blick behalten, denn auch die besten dimensionalen Ansätze sind nicht für jeden Anwendungsfall geeignet.
Wofür dimensionale Persönlichkeitstests nicht eingesetzt werden sollten
Für die Vorauswahl von Bewerber:innen im Rahmen der Personalauswahl nutzen Sie besser Leistungstests (siehe oben) oder Assessment Center. Auch für die Bewertung der Persönlichkeit in Richtig/falsch- oder Besser/schlechter-Systematiken sind dimensionale Verfahren nicht geeignet, da es keine bessere oder schlechtere Persönlichkeit gibt, sondern nur unterschiedliche Stile und Präferenzen. Diese können je nach Situation passendere oder weniger passende Problemlösungsstrategien bedingen.
Ich empfehle daher, Persönlichkeitstests nicht zur Bewertung der Mitarbeiter:innen einzusetzen, sondern mit dem Ziel, diesen zu ermöglichen, ihre individuelle Persönlichkeit und ihr Potential kennenzulernen. Wenn die Tests in der Auswahl eingesetzt werden, dann um die Bewerber:innen besser kennenzulernen und deren Passung zum Unternehmen beziehungsweise der Unternehmenskultur zu beurteilen.
Ihr
Dr. Ronald Franke
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Unter der Rubrik PERSONALITY PROFILER auf der Website von LINC erfahren Sie mehr zu einer auf den BIG FIVE basierten Persönlichkeitsanalyse, die die Persönlichkeit – unter der Berücksichtigung von Charaktereigenschaften, Motiven und Kompetenzen – mit all ihren Facetten erfasst.