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Welche Rolle spielt die Kompetenzmessung bei der Personalauswahl?

Das Einbinden der Mitarbeiter wird immer relevanter. Die Führungskräfte brauchen viel Unterstützung. Es muss ein Rahmen geschaffen werden, in dem sich die Führungskräfte auf Wertschätzung und fachliche Führung ihrer Mitarbeiter konzentrieren können. Das System und die Prozesse nehmen den Führungskräften die bürokratische Arbeit ab. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es künftig immer mehr Matrix- und Netzwerkorganisationen geben wird. Das hierarchische Denken wird zunehmend abnehmen. Wer auf welcher Stufe steht wird stetig unbedeutender und auch undurchsichtiger.

Die Erfahrung zeigt, dass es Perspektiven, Visionen und Ziele braucht, um neue Mitunternehmer und Führungskräfte zu gewinnen. „Springt der Funke über“, und erlebt er oder sie diesen Spirit einer gemeinsamen Vision, wird er lange und nachhaltig das Unternehmen weiterentwickeln.

Die Frage ist, um welchen Preis. Wem das Gehalt wichtiger ist als der Sinn der Aufgabe, wird langfristig vermutlich nicht glücklich sein. Der Sinn der Aufgabe, der Zweck des Unternehmens ist viel nachhaltiger und wichtiger für Ausgeglichenheit, Motivation und Zufriedenheit. Bei K+S achten wir besonders auf die Work-Life-Balance. Das Ziel ist, dass jeder Mitunternehmer den Sinn seines Tuns verstanden bzw. erkannt hat. Wir dienen alle einer großen Sache. Identifiziere ich mich mit ihr, mit der Vision des Unternehmens, ist das Gehalt fast nebensächlich. Ich habe einen inneren Antrieb, meine Aufgaben zu 100% zu erfüllen. Natürlich muss das Gehalt einen gewissen Stand haben, dass der Lebensunterhalt bewältigt werden kann – ein alleiniger Antrieb sollte es aber nicht sein.

Das ist schwierig, denn bei der Personalauswahl ist für uns besonders das Werteverständnis entscheidend - besonders wichtig ist die Identifikation mit den Unternehmenswerten und der Wille seinen Beitrag zum großen Ganzen liefern zu wollen. Um herauszufinden, ob im Hinblick auf Werte, Ziele und der grundsätzlichen Denkweise eine möglichst große Schnittmenge bei Unternehmen und potenziellen Mitunternehmer vorliegt, braucht es aus meiner Sicht persönliche Gespräche. In unseren Einstellungsverfahren nutzen wir mehrere Gespräche, auch mit potenziell künftigen Kollegen und Mitunternehmern aus anderen Bereichen. Der Vorteil: Der Kandidat lernt die Kultur „aus erster Hand“ kennen, und die Kollegen können einen Eindruck gewinnen – beides hilft bei der Entscheidungsfindung auf beiden Seiten.

Aus meiner Sicht ist die Methode Assessment-Center oder auch tatsächliche Tests überholt. Mit beiden Methoden lerne ich den Menschen nicht wirklich kennen. Und auch die Einbeziehung von potenziell künftigen Kollegen ist hierbei schwierig.

Sie kann vor der Einstellung bzw. zum Vergleichen mehrerer Kandidaten eingesetzt werden mit dem Hauptziel herauszufinden, ob der oder die Bewerber den Anforderungen entsprechen. Diese Kompetenzmessung kann dann im weiteren Verlauf der Karriere weiterverfolgt werden, um die Entwicklung aufzuzeigen. Zum anderen ist die Kompetenzmessung im Zuge der Personalentwicklung ein wichtiges und hilfreiches Instrument, um Entwicklungspotentiale aufzudecken und -maßnahmen abzuleiten. Darüber hinaus kann eine derartige Messung auch zur Kommunikation von Leistungseinschätzungen und -erwartungen sowie zum Geben von Feedback genutzt werden.

Es müssen vor allem Handlungen und Verhalten bewertet werden, da sich Kompetenzen stets in Handlungen niederschlagen. Dies macht eine objektive Messung nicht ein-fach. Experten haben die Fähigkeit, ihr Wissen nicht nur in Standard-Situationen anwenden zu können, sondern auch in unvorhersehbaren Situationen zum Einsatz zu bringen und die entsprechenden Prozesse anzupassen und neues Wissen zu generieren. Daraus entstehen im Idealfall unternehmensweite Verbesserungen und angepasste Prozesse.

Die Basis sollte an die Kompetenzstufen (Kenner, Könner, Experte) angelehnte Skalen darstellen. Diese können sich auf Erfahrung beziehen, auf die Selbstsicherheit, auf den Grad der Selbstständigkeit, die Komplexität der Situation im Verhältnis zu einer Vergleichsgruppe, Weiterentwicklungsbereitschaft oder die Höhe der Reputation bei Dritten. Um eine Verständlichkeit und praktische Anwendbarkeit zu gewährleisten, sollten die Skalen verbal beschrieben und mit Verhaltensankern versehen sein. Dabei kann es von Vorteil sein, die Kompetenzstufen noch weiter abzustufen, d.h. in weitere Stufen zu unterteilen. Dies ermöglicht eine differenziertere Kompetenzbeurteilung und ermöglicht auch das Abbilden von kleineren Entwicklungsschritten und -plänen.

Vor allem, dass möglichst eine Einteilung „ohne Zentrum“ gewählt wird. Mitarbeiter tendieren bei einer Selbsteinschätzung häufig dazu, sich im ungefährlichen Neutralpunkt zu beurteilen. Durch ein Skalierungsmodell ohne Zentrum kann eine gewisse Objektivität erreicht werden. Der sich bewertende Mitarbeiter wird dazu bewegt, den eigenen Kompetenzstand von der Mitte ausgehend eher positiv oder eher negativ einzuschätzen. Die Entwicklung des Skalierungsmodells und auch der Kompetenz ist stark vom Unternehmen, dem Aufgabenbereich sowie generellen Erfahrungen abhängig.

Sie darf nicht einmalig sein, sondern muss immer wieder und durch verschiedene Instrumente stattfinden und evaluiert werden. Dies gewährt die erforderliche Nachvollziehbarkeit und eine gewisse Objektivität. Instrumente dabei können sein: Stellen-, Tätigkeits- bzw. Kompetenzprofile, Assessment Center, 360°-Feedback für Führungskräfte, Mitarbeiter oder Bewerber. Alle Vorgehensweisen und Messinstrumente stützen sich in der Regel beim Soll-Ist-Abgleich auf die Fremd- und auch Selbsteinschätzung. Neben der Selbsteinschätzung durch den jeweiligen Mitarbeiter selbst, erfolgt die Fremdeinschätzung durch die vorgesetzte Führungskraft oder auch Kollegen, um Verzerrungseffekte in der Beurteilung zu vermeiden.

Eine Fremdeinschätzung ist von Bedeutung, da eine alleinige Selbstbewertung durch den Mitarbeiter die Gefahr einer Fehl- bzw. Überschätzung birgt. Mit der Kompetenzbeurteilung sollen allerdings nicht ausschließlich die Stärken und überdurchschnittlichen Kompetenzen dargestellt werden, sondern auch die Schwächen und weniger stark ausgeprägten Kompetenzen. Nur so können eine entsprechende Potentialaufdeckung und die anschließende Kompetenzentwicklung stattfinden. Dafür ist es unabdingbar, eine möglichst objektive Beurteilung herbeizuführen.

Michael Fuhlrott kehrte nach Ausbildung und dualem Studium in BWL aus Frankfurt/Main in seine Heimat Dingelstädt zurück, wo ihm beim Baudienstleister und Projektentwickler KRIEGER + SCHRAMM (K+S) die Chance des Berufseinstiegs geboten wurde. Nach kurzer Zeit als Praktikant erkannte Geschäftsführer Matthias Krieger früh sein Potential, und gemeinsam bauten sie das Personalmanagement auf. Seit 2011 verdreifachte das Unternehmen die Zahl der Mitunternehmer sowie den Umsatz, gründete zwei neue Niederlassungen und etablierte die Mitunternehmer-Kultur.

Michael Fuhlrott: Konzeption eines Kompetenzmanagements in klein- und mittelständischen Unternehmen - am Beispiel der Krieger + Schramm Unternehmensgruppe. Masterthesis. HS Schmalkalden. Fakultät Wirtschaftswissenschaften, 2021.

Matthias Krieger: Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Bau- und Immobilienbranche. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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